Akute Staatspleite droht: Venezuela muss bis Montag Schulden in Millionenhöhe zurückzahlen

Venezuela muss bis Montag Schulden in Milliardenhöhe zurückzahlen - ansonsten droht der Staatsbankrott. Am Freitag sind 81 Millionen Dollar fällig, am Montag weitere 200 Millionen Dollar. Venezuela ist mit geschätzten 155 Milliarden Dollar bei ausländischen Gläubigern verschuldet.
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Venezuelas Präsident Nicolas Maduro in Caracas vor Journalisten.Foto: Prensa Miraflores/Illustration/dpa
Epoch Times10. November 2017

Das tief in der Krise steckende Venezuela muss bis Montag Schulden in Milliardenhöhe zurückzahlen – ansonsten droht der Staatsbankrott. Am Freitag sind 81 Millionen Dollar fällig (knapp 70 Millionen Euro), am Montag weitere 200 Millionen Dollar.

In New York versammelt sich am Freitag eine Gruppe von Gläubigern, um zu entscheiden, ob eine überfällige Rückzahlung von knapp 1,2 Milliarden Dollar auf eine vom staatlichen venezolanischen Ölkonzern PDVSA ausgegebene Anleihe als Zahlungsausfall gewertet wird.

Ein Land ist bankrott, wenn es seine fälligen Schulden oder Verpflichtungen nicht mehr begleichen oder den Zinszahlungen nicht mehr nachkommen kann. Betroffene Gläubiger können internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) sein. Im Fall von Venezuela, das seit 2007 mit dem IWF gebrochen hat, sind es Anleihen von privaten Investoren auf dem Finanzmarkt, die Probleme bereiten.

Maduro kündigte die Rückzahlung an, die Gläubiger haben noch nichts erhalten

Die Regierung von Präsident Nicolás Maduro hatte vor einer Woche angekündigt, die 1,161 Milliarden Dollar würden zurückgezahlt. Die Gläubiger haben aber bislang kein Geld erhalten.

Die International Swaps and Derivatives Association (ISDA), eine Art Wächter für Staatsanleihen, hat die Gläubiger daher für Freitagvormittag (17.00 Uhr MEZ) zusammengerufen. Sie könnten den Zahlungsausfall bestätigen oder ein weiteres Treffen vereinbaren, teilte eine ISDA-Sprecherin mit.

Die Ratingagenturen Fitch, S&P und Moody’s haben die Kreditwürdigkeit des Landes deswegen bereits auf eine Stufe über der Zahlungsunfähigkeit herabgestuft.

Venezuela ist mit geschätzten 155 Milliarden Dollar (fast 134 Milliarden Euro) bei ausländischen Gläubigern verschuldet. Die Devisenreserven sind auf 9,7 Milliarden Dollar zusammengeschmolzen.

Blick auf ein Ölfeld in Morichal im Orinoco-Gürtel in Venezuela. Weil die Raffineriekapazitäten zu gering sind, muss im Ölstaat ein Teil des Benzins importiert werden. Foto: Miguel Gutierrez/dpa

Verhandlungen über Umschuldung geplant

Die Regierung von Präsident Maduro hat für Montag die Gläubiger zu einer Konferenz in die Hauptstadt Caracas eingeladen, um über eine Umschuldung zu verhandeln.

Ein Großteil der Gläubiger des Landes sitzt allerdings in den USA und Kanada und wird vermutlich nicht kommen. Mit Russland wurde bereits eine Einigung gefunden, aber Moskau hält nur einen vergleichsweise kleinen Teil der venezolanischen Staatsschulden.

Umschuldung bedeutet, dass fällige Rückzahlungen terminlich aufgeschoben und in den meisten Fällen gesenkt oder komplett annuliert werden. Das zahlungsunfähige Land hofft, eine Einigung mit seinen Gläubigern zu finden.

Mancher Geldgeber könnte auch versuchen, die Schwäche des Staates auszunutzen, um noch höhere Zinssätze zu erzielen.

Arm trotz Ölreichtum

Das einst reichste Land Lateinamerikas steckt in einer schweren wirtschaftlichen Krise. US-Präsident Trump untersagte bereits per Dekret den Handel mit neuen venezolanischen Staatsanleihen. Betroffen ist davon auch PDVSA. Auch die EU will am Montag Straßmaßnahmen gegen Venezuela beschließen.

Ölverkäufe bilden das Fundament der venezolanischen Wirtschaft und stehen für 95 Prozent der Exporte.

Die wirtschaftliche Krise befeuert auch den erbitterten Machtkampf zwischen der linksnationalistischen Regierung und der Mitte-rechts-Opposition.

Kritiker im In- und Ausland werfen der Regierung vor, die Demokratie abzuschaffen und eine Diktatur zu errichten. Mindestens 125 Menschen wurden bei den politischen Unruhen seit Anfang April getötet.

Truppen von Venezuela bei Fort Tiuna in Caracas, 14. August 2017. Foto: FEDERICO PARRA/AFP/Getty Images

Kann ein Land bankrott gehen?

Während es für Firmen- und Privatinsolvenzen spezielle juristische Rahmen gibt, existieren keine Mechanismen für zahlungsunfähige Staaten. Es eröffnen sich daher mehrere Möglichkeiten.

Die eigene Regierung kann den Staat für insolvent erklären, indem sie ankündigt, die Schuldrückzahlungen auszusetzen. Andernfalls kann auch ein privater Gläubiger öffentlich bekanntgeben, dass Venezuela nicht mehr zahlt. Außerdem können Rating-Agenturen und die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) einen teilweisen oder vollständigen Zahlungsverzug feststellen.

Proteste gegen die Regierung in Valencia, 6. August 2017. Foto: RONALDO SCHEMIDT/AFP/Getty Images

Was sind die Konsequenzen?

Dem insolventen Land wird mit sofortiger Wirkung der Zugang zum internationalen Finanzmarkt verwehrt. Es kann sich also kein neues Geld leihen. Im Fall von Venezuela hat Washington Caracas bereits vom US-Finanzmarkt ausgeschlossen.

Theoretisch sind Gläubiger berechtigt, Vermögensgegenstände im Ausland zu beschlagnahmen. Die staatliche Ölfirma Venezuelas PDVSA hat mit Citgo eine Tochterfirma, die in den USA Raffinerien und Tankstellen betreibt.

Auch Öl-Tanker in ausländischen Gewässern könnten betroffen sein. Wichtige Gläubiger Venezuelas sind China und Russland, aber auch amerikanische und kanadische Kreditgeber, die von den hohen Renditen der Staatsanleihen angelockt wurden.

Eine Staatspleite kann auch zu internationalen Sanktionen, in erster Linie geschäftlichen Vergeltungsmaßnahmen von Gläubiger-Herkunftsstaaten führen. Außerdem würde Venezuelas Reputation und somit seine Kreditwürdigkeit auf Jahre beeinträchtigt. (afp)

Wahl in Venezuela Foto: GEORGE CASTELLANOS/AFP/Getty Images

 



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