Analyse: Eine Geste fürs Geschichtsbuch

Panama-Stadt (dpa) - Am Ende fällt der „historische Handshake“ eher unspektakulär aus: Barack Obama und Raúl Castro stehen zum Gipfelauftakt in Panama-City im Gedränge. Obama lächelt, Castro lächelt, die Kameras surren. Ein paar Worte…
Epoch Times11. April 2015
Am Ende fällt der „historische Handshake“ eher unspektakulär aus: Barack Obama und Raúl Castro stehen zum Gipfelauftakt in Panama-City im Gedränge. Obama lächelt, Castro lächelt, die Kameras surren.

Ein paar Worte sollen sie zueinander gesagt haben. Mehr war nach einem halben Jahrhundert „Erzfeindschaft“ zwischen dem sozialistischen Kuba und den kapitalistischen USA wohl nicht drin.

„Socialismo o muerte“ – Sozialismus oder der Tod – lautete einst der Schlachtruf des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castros. Fast scheint es, als müssten Havanna und Washington jetzt erst einmal eine gemeinsame Sprache finden.

„Normalisierung ist ein Prozess“, warnt denn ein enger Obama- Vertrauter an diesem Freitagabend vor allzu hohen Erwartungen. In Washington herrscht kein Zweifel: Die Menschenrechtsverletzungen in Kuba werden nicht über Nacht verschwinden – und die USA werden dazu nicht schweigen.

„Wandel durch Annäherung“ wird es aus Sicht Washington zumindest nicht geben. „Es wird weiter Differenzen geben“, sagt denn Obamas Topberater Ben Rhodes voraus. Bis Kuba und die USA normale Beziehungen unterhalten, ist noch ein weiter Weg.

Lange, sehr lange, viel zu lange hat es gedauert, bis die USA ihre Dauerisolation gegenüber Havanna aufgaben. Kuba – der zähe kleine sozialistische Karibikstaat, der nicht unterzukriegen war, wurde zum Sinnbild des größten außenpolitischen Flops der USA. Einen sozialistischen Staat im eigenen Hinterhof – das wollten die USA auch nach dem Ende des Kalten Krieges einfach nicht hinnehmen. Am Ende, so Rhodes, standen die USA isolierter da als Kuba. Umkehr war längst überfällig.     

Und nun? Vor allem die Erwartungen der Kubaner sind riesig. Nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Dauermisere hoffen viele Inselbewohner jetzt auf den Segen des amerikanischen Geldes. Die ersten Investoren sind längst im Land und loten ihre Chancen aus. Das Regime in Havanna wird sich fragen, wie es eine „Übernahme made in USA“ verhindern kann.  

Die Annäherung an die USA sei eine „große Chance“, sagte der kubanische Ökonom und Politologe Esteban Morales der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn die Regierung gut damit umgeht, können wir davon profitieren.“ Doch auch Misstrauen und Skepsis seien groß.  

Für Obama steht das schwerste Stück Arbeit erst noch bevor. Noch ist völlig unklar, ob und wann und inwieweit die Sanktionen aufgehoben werden, mit denen die USA den Karibikstaat jahrzehntelang aushungern wollten.  

Dem US-Präsidenten geht es um sein Lebenswerk. Bislang war er in der Außenpolitik nicht gerade sonderlich erfolgreich: Seine Friedensinitiative in Nahost ist grandios gescheitert, im Ukraine-Konflikt ließ er sich zeitweise von Kremlchef Wladimir Putin vorführen. Doch jetzt hat er mit dem Iran und Kuba zwei Eisen im Feuer, die ihm seinen Platz in den Geschichtsbüchern sichern könnten.

Doch die Republikaner laufen Sturm gegen eine Aufhebung der Sanktionen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Obama Knüppel zwischen die Beine werfen. Dass der Präsidentschaftswahlkampf bereits seine Schatten vorauswirft, macht die Sache nicht einfacher.

Eine Hauptperson des kubanisch-amerikanischen Dramas fehlte allerdings in Panama: Der einstige „Máximo Líder“ Fidel Castro, der Mann, an dem sich die USA die Zähne ausgebissen haben. Mit welchem Gefühlen der 88-Jährige, der schwer krank ist, den Handshake seines Bruders verfolgt hat?  

(dpa)


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