Venezuela: UNO hält sich raus, EU-Staaten erkennen Guaidó an, Maduro bittet Papst um Hilfe

Deutschland und weitere EU-Staaten erkannten Oppositionspolitiker Juan Guaidó nun als Übergangspräsidenten an. Andere Regierungen warten ab – eine Zusammenfassung.
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Venezuelas Mann der Stunde Juan Guaidó.Foto: Leo Alvarez/Getty Images
Epoch Times4. Februar 2019

Seit mehr als zehn Tagen ringt die EU um eine gemeinsame Haltung zur innenpolitischen Krise in Venezuela. Nach den USA und anderen Ländern erkannten am Montag Deutschland und weitere EU-Staaten Oppositionspolitiker Juan Guaidó nun als Übergangspräsidenten an. Andere Regierungen wollen abwarten und setzen auf Verhandlungen, einige lehnen die Anerkennung ab. Für die EU dürfte es schwierig werden, in der Venezuela-Krise nun wie geplant als Vermittler aufzutreten.

Binnen weniger Stunden wurde die Liste der Länder, die den venezolanischen Parlamentspräsidenten Guaidó als rechtmäßigen Interimspräsidenten anerkennen, immer länger: Neben Deutschland erkannten auch Frankreich, Spanien, Großbritannien, Österreich, Schweden, Dänemark, Portugal, Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, die Niederlande, Tschechien und Luxemburg Guaidó an. Die USA, Kanada, Australien, Israel und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten, darunter die Nachbarländer Kolumbien und Brasilien, hatten dies bereits zuvor getan.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begründete den Schritt Deutschlands bei ihrem Besuch in Tokio mit dem von der Bundesregierung und anderen EU-Staaten gesetzten Ultimatum, das Maduro in der Nacht zum Montag verstreichen ließ: „Es gilt, was wir gesagt haben. Bis gestern ist keine Wahl für eine Präsidentschaft ausgerufen worden.“ Deshalb sei jetzt Guaidó die Person, „mit der wir darüber reden, und von der wir erwarten, dass sie einen Wahlprozess möglichst schnell“ einleite.

UNO hält sich raus – Maduro bittet Papst um Hilfe

Sollte Maduro die Macht in Venezuela abgeben müssen, würde Russland einen langjährigen Verbündeten in Lateinamerika verlieren. Der seit Jahren amtierende linksnationalistische Staatschef wird neben Russland auch von China, Nordkorea, der Türkei, Mexiko und Kuba unterstützt.

Die UNO erklärte, sie werde sich an keinem Treffen der verschiedenen internationalen Unterstützergruppen im venezolanischen Machtkampf beteiligen. So solle die „Glaubwürdigkeit“ der Vereinten Nationen auf beiden Seiten gewahrt werden, teilte das Generalsekretariat mit.

Angesichts des wachsenden Drucks bat der Sozialist Maduro sogar Papst Franziskus, beim Prozess des Dialogs zu helfen. In einem in Caracas geführten Interview mit dem italienischen Fernsehsender SkyTG24 sagte Maduro, er habe dem Oberhaupt der katholischen Kirche geschrieben, dass er der „Sache Jesu“ diene.

Deutschland erkennt Guaidó an

„Für Deutschland ist Juan Guaidó im Einklang mit der venezolanischen Verfassung Übergangspräsident“, erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD). Guaidós Aufgabe sei es nun, „freie, faire und demokratische Präsidentschaftswahlen zu organisieren“, nachdem die EU nach dem Urnengang vom Mai 2018 „zahlreiche Unregelmäßigkeiten“ und „erhebliche Hindernisse“ für die Beteiligung der Opposition kritisiert hatte.

Ende vergangener Woche hatten die EU-Außenminister in Bukarest stundenlang über die Linie zu Venezuela diskutiert. Teilnehmer bezeichneten die Atmosphäre danach als „schwierig“ und „angespannt“. „Wir haben keine gemeinsame Außenpolitik mehr“, klagte ein Minister frustriert.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verkündete am Donnerstagabend lediglich, die EU-Staaten wollten einer Kontaktgruppe mit lateinamerikanischen Staaten beitreten, die einen Ausweg aus der Krise in Venezuela suchen soll. 90 Tage gab sich die EU dafür Zeit.

Europaparlament preschte vor – Italien leistet Widerstand

Vertreter einiger Mitgliedstaaten gaben sich irritiert, nachdem das Europaparlament am Donnerstag schon vorgeprescht war und Guaidó anerkannte. Mancher fragte sich, ob die EU mit Plänen für mehrmonatige Gespräche nicht Amtsinhaber Maduro stützt.

Diplomaten zufolge war am Ende aber lediglich noch Italien gegen eine gemeinsame EU-Erklärung, die Guaidó als Übergangspräsident anerkannt und schnelle Neuwahlen gefordert hätte. Mogherini stellte sich allerdings auch grundsätzlich auf den Standpunkt, die Anerkennung sei „Vorrecht“ der Mitgliedstaaten und nicht der EU.

Am Montag nahm die Europäer einen neuen Anlauf, um wenigstens eine weichgespülte Erklärung zu verabschieden – und scheiterten erneut am Widerstand Italiens und dem Einstimmigkeitsprinzip in der EU-Außenpolitik.

Die genauen Beweggründe der italienischen Regierung blieben im Dunklen, aber sie dürfte ähnlich gespalten wie die EU sein. In Rom regiert seit Juni vergangenen Jahres eine Koalition aus der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und der Lega. Während Lega-Vertreter Maduro als „Diktator“ bezeichnen, sehen einige bei den Fünf Sternen die Unterstützung für den Konservativen Guaidó durchaus kritisch und die EU vor allem am Ölreichtum Venezuelas interessiert.

„Das Maß der Demokratie, das man in ein Land exportieren will, ist immer direkt proportional zur Menge des Öls, das man dort findet“, sagte der Abgeordnete Alessandro Di Battista.

Es braucht Mut, um neutral zu bleiben.“

Letztlich fährt die EU nun zweigleisig. Auf der einen Seite beziehen Länder wie Spanien, Frankreich und Deutschland klar Position gegen Maduro. Auf der anderen Seite setzt die EU über die Kontaktgruppe mit lateinamerikanischen Ländern aber auf Gespräche mit letztlich allen Akteuren.

Sie soll am Donnerstag in Uruguay erstmals zusammenkommen. Es dürfte interessant werden, wie die EU-Vertreter ihren Kollegen dort Europas Spagat in Sachen Venezuela erklären. (afp)

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