Bedingungen für Friedensvertrag festlegen: Loja Dschirga in Afghanistan tagt erstmals seit 2013

Wenn in Afghanistan politische Entscheidungen von großer Reichweite anstehen wird eine Loja Dschirga einberufen. Delegierte aus allen Landesteilen beraten nun vier Tage über den Krieg im Land und über Friedensverhandlungen mit den Taliban.
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Ein Teilnehmer der afghanischen Loya Dschirga beim vorherigen Treffen in Kabul am 21. November 2013.Foto: MASSOUD HOSSAINI/AFP/Getty Images
Epoch Times28. April 2019

In der afghanischen Hauptstadt Kabul beginnt am Montag eines der seltenen Treffen der sogenannten Loja Dschirga. Dabei versammeln sich Delegierte aus allen Teilen des Landes, um vier Tage lang über den Krieg im Land und über Friedensverhandlungen mit den Taliban zu beraten. Ein Blick auf die Geschichte der Loja Dschirga und die Erwartungen an die aktuelle Zusammenkunft.

Die Loja Dschirga steht diesmal im Zeichen der Friedensverhandlungen zwischen den USA und den radikalislamischen Taliban. In mehreren Verhandlungsrunden haben beide Seiten bereits über einen möglichen Truppenabzug der USA gesprochen, im Gegenzug sollten sich die Taliban unter anderem zu einem Waffenstillstand verpflichten.

Präsident Aschraf Ghani war bei den Verhandlungen bisher außen vor, da die Taliban ihn für eine Marionette der USA halten. Ghani hofft, in Zukunft mehr Einfluss auf die Verhandlungen nehmen zu können. Dazu soll die Loja Dschirga ihre Bedingungen für einen Friedensvertrag festlegen – etwa den Schutz von Frauenrechten, Presse, freier Meinungsäußerung und der Verfassung.

Die Taliban sind zwar zur Loja Dschirga eingeladen, haben aber abgelehnt. In der Vergangenheit hatten sie Raketen auf Treffen der Loja Dschirga abgefeuert. Beim diesjährigen Treffen gelten daher in Kabul strenge Sicherheitsvorkehrungen, ein Großteil der Stadt wird abgesperrt.

Was ist eine Loja Dschirga?

Übersetzt bedeutet Loja Dschirga soviel wie „große Versammlung“. Solche Treffen haben in Afghanistan eine jahrhundertealte Geschichte und werden immer dann einberufen, wenn politische Entscheidungen von großer Reichweite anstehen. So verabschiedete 2003 eine Loja Dschirga die neue Verfassung, die sich Afghanistan nach dem Ende der Taliban-Herrschaft gab.

2007 gab es erstmals eine gemeinsame Loja Dschirga mit Teilnehmern aus Afghanistan und Pakistan, um das angespannte Verhältnis zwischen den Ländern zu verbessern. Zuletzt tagte die Versammlung im Jahr 2013 und erlaubte es den US-Truppen, über den ursprünglich geplanten Abzugstermin im Jahr 2014 hinaus im Land zu bleiben.

Wer nimmt an der Loja Dschirga teil?

In einem großen Zelt in Kabul werden sich mehr als 2000 Delegierte aus allen Landesteilen versammeln. Dazu gehören Politiker, Geistliche, Lehrer und Aktivisten. Meist teilen sie sich in kleinere Gruppen auf, um an einzelnen Themen zu arbeiten.

An prominenten Politikern sind neben Präsident Ghani diesmal auch der frühere Präsident Hamid Karsai, Ex-Außenminister Salmai Rassul und der frühere Warlord Abdul Rab Rasul Sajjaf dabei. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, der ehemalige nationale Sicherheitsberater Mohammed Haneef Atmar sowie der frühere Milizenführer Gulbuddin Hekmatjar boykottieren hingegen die Versammlung.

Die Taliban erklärten, was auch immer bei der Loja Dschirga an Entscheidungen getroffen werde, sei „für die echten, gläubigen Söhne“ Afghanistans inakzeptabel.

Was steht auf dem Spiel?

Einiges. Zunächst einmal die Glaubwürdigkeit von Präsident Ghani, der sich beweisen will, indem er eine Regelung findet, die die Mehrheit der Teilnehmer mittragen kann. Sollten sich die Delegierten bei der Loja Dschirga uneins und zerstritten präsentieren, hätte das auch Auswirkungen auf Ghanis Ansehen.

Die geplanten Afghanistan-Gespräche zwischen der Regierung und den Taliban in Doha waren unlängst abgesagt worden, weil Ghanis Delegation den Taliban zu groß war. Auch für einen neuen Anlauf der Gespräche wäre ein klares Signal der Loja Dschirga wichtig. (afp)



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