Brisante Wahl im Irak inmitten regionaler Spannungen

Die Iraker wählen am Samstag ein neues Parlament. Bei der ersten Abstimmung seit dem Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ist kein klarer Gewinner abzusehen.
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Irak FlaggeFoto: iStock
Epoch Times11. Mai 2018

Inmitten einer gefährlichen Eskalation zwischen Washington und Teheran wählen die Iraker am Samstag ein neues Parlament.

Bei der ersten Abstimmung seit dem Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ist kein klarer Gewinner abzusehen. Die Schiiten, die seit dem Sturz von Saddam Hussein 2003 die Politik in Bagdad dominieren, sind in drei Blöcke gespalten, die Kurden geschwächt und die traditionellen Parteien der Sunniten sind weitgehend marginalisiert.

Zwar lässt ein Rückgang der Gewalt in den vergangenen Monaten die Iraker aufatmen, doch besteht die Sorge, dass der Rückzug von US-Präsident Donald Trump aus dem Atomabkommen mit dem Iran auch den Irak erschüttern wird. Ohnehin ist die Lage weiter fragil, da der brutale Konflikt mit der IS-Miliz viele Städte in Ruinen zurückgelassen hat, und mehr als zweieinhalb Millionen Iraker noch immer nicht in ihre Häuser zurückgekehrt sind.

Ministerpräsident Haidar al-Abadi hofft auf eine weitere Amtszeit, nachdem es ihm gelungen ist, die Dschihadisten zurückzudrängen und eine Abspaltung der Kurden zu verhindern. Er präsentiert sich als Verfechter einer Politik des Ausgleichs zwischen Schiiten und Sunniten sowie zwischen Teheran und Washington. Viele Iraker machen ihn aber mitverantwortlich für die verbreitete Korruption und die konfessionelle Spaltung des Landes.

Die „Siegesallianz“ al-Abadis wird herausgefordert von den beiden ebenfalls schiitischen Blöcken von Ex-Regierungschef Nuri al-Maliki und dem Milizenführer Hadi al-Ameri. Obwohl viele Iraker al-Maliki für die verheerende Niederlage der irakischen Armee gegen die IS-Miliz im Sommer 2014 verantwortlich machen, hat er weiter einen gewissen Rückhalt.

Al-Ameri gilt vielen Irakern wegen seiner Rolle im Kampf gegen die Dschihadisten als Kriegsheld. Der frühere Verkehrsminister, der eng mit den iranischen Revolutionsgarden verbunden ist, fordert den kompletten Abzug der US-Soldaten und wendet sich gegen al-Abadis vorsichtige Außenpolitik, die die enge Bindung zum Iran durch eine Annäherung an dessen Rivalen Saudi-Arabien auszugleichen versucht.

Neben al-Abadi, al-Maliki und al-Ameri wirbt auch der schiitische Prediger Moktada al-Sadr um die Stimmen der Schiiten. Für die Wahl ist der Geistliche ein Bündnis mit den Kommunisten eingegangen. Insgesamt bewerben sich knapp 7000 Kandidaten um die 329 Parlamentssitze. Zwar dürften die Schiiten weiterhin die Regierung kontrollieren, doch wird kaum eine ihrer Parteien eine klare Mehrheit erhalten.

Al-Abadi bemüht sich als erster schiitischer Politiker, auch die Stimmen der sunnitischen Minderheit zu gewinnen. Deren traditionellen Eliten sind durch ihre Kooperation mit der IS-Miliz oder ihren mangelnden Widerstand gegen die sunnitische Extremistengruppe diskreditiert. Viele Sunniten sind aber auch von al-Abadi enttäuscht, da sie bisher kaum Hilfe beim Wiederaufbau ihrer zerstörten Städte erhalten haben.

Die Parteien der Kurden schließlich sind geschwächt, nachdem ein kontroverses Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Autonomieregion im September dazu geführt hat, dass die Zentralregierung den Kurden einen Großteil ihrer Gebiete abgenommen hat. Das Debakel löste massive Proteste gegen die etablierten kurdischen Parteien aus, die nun auch auf nationaler Ebene geschwächt werden dürften.

Überschattet wird die Wahl vom Konflikt zwischen dem Iran und den USA, die beide großen Einfluss im Irak haben. Nach der Kündigung des Atomabkommens durch Präsident Trump wird in der ganzen Region eine Eskalation befürchtet. Allerdings haben beide Seiten kaum ein Interesse an einer erneuten Destabilisierung des Irak, nachdem er gerade erst den verheerenden Konflikt mit den Dschihadisten überwunden hat. (afp)



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