Bundestagsgutachten: Angriffe von Nato-Verbündeten in Syrien völkerrechtswidrig

"Ohrfeige für die Bundesregierung": Die von Deutschland politisch unterstützten Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens in Syrien wurden als völkerrechtswidrig eingestuft.
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Eine Straße in Douma, 20. April 2018.Foto: LOUAI BESHARA/AFP/Getty Images
Epoch Times20. April 2018

Die von Deutschland politisch unterstützten Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens in Syrien sind vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als völkerrechtswidrig eingestuft worden.

In einem von der Linksfraktion in Auftrag gegeben Gutachten, das der Nachrichtenagentur AFP am Freitag vorlag, heißt es, völkerrechtliche Repressalien in Form militärischer Vergeltungsschläge gegen einen Staat seien „grundsätzlich unzulässig“.

Das gelte auch bei Verletzung eines internationalen Vertrags wie der Chemiewaffenkonvention durch den betreffenden Staat.#

Umso mehr falle in diesem Zusammenhang ins Gewicht, dass bei den Luftangriffen vom 14. April die Untersuchungen der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) „nicht einmal abgewartet“ wurden, heißt es in dem elfseitigen Papier.

Der Einsatz militärischer Gewalt gegen einen Staat, um die Verletzung einer internationalen Konvention durch diesen Staat zu ahnden, stelle einen Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot gemäß Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta dar.

Keine Selbstverteidigungslage

Mangels einer Selbstverteidigungslage zugunsten der drei Nato-Verbündeten habe nur der UN-Sicherheitsrat gemäß Kapitel VII der UN-Charta Angriffe zur Wiederherstellung der internationalen Sicherheit legitimieren können. Auch Russlands Blockadehaltung im UN-Sicherheitsrat gegen UN-Resolutionen zu Syrien ändere nichts an dieser völkerrechtlichen Bewertung.

Das Gutachten setzt sich auch mit der von Großbritannien vertretenen Rechtsposition auseinander, der sich „Deutschland im Grundsatz offenbar angeschlossen“ habe. Demnach erlaube es das Völkerrecht, „in Ausnahmefällen Maßnahmen zu ergreifen, um überwältigendem menschlichen Leiden abzuhelfen“.

Dazu heißt es in dem Gutachten, die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben. Es sei unter anderem fraglich, ob die Luftangriffe tatsächlich geeignet gewesen seien, weiteres Leiden zu verhindern.

Das Konzept der Schutzverantwortung, das der „humanitären Intervention“ zugrunde liege, ziele ausschließlich auf den Schutz der Zivilbevölkerung ab, nicht dagegen auf eine Ahndung von Rechtsverletzungen.

Indes beschränke sich der „humanitäre Anteil“ des militärischen Angriffs in den Begründungen der USA und Frankreichs im Wesentlichen auf die Durchsetzung des Verbots des Einsatzes von Chemiewaffen. Die Bundestagswissenschaftler schlussfolgern, dass es bei den Luftangriffen eher um die „unverhohlene Rückkehr zu einer Form der – völkerrechtlich überwunden geglaubten – bewaffneten Repressalie im ‚humanitären Gewand'“ gehe.

„Ohrfeige für die Bundesregierung“

Deutschland hatte sich an den Luftangriffen der Nato-Verbündeten gegen mutmaßlichen Chemiewaffen- und Militäreinrichtungen in Syrien militärisch nicht beteiligt. Die Bundesregierung bezeichnete sie jedoch als „erforderlich und angemessen“.

Die Linken-Politiker Heike Hänsel und Alexander Neu bezeichneten das Gutachten als „Ohrfeige“ für die Bundesregierung. Diese habe einen „gravierenden“ Bruch des Völkerrechts unterstützt und trage damit zur „Erosion“ dieses Regelwerks bei. Die Linke fordere als „erste Konsequenz“ aus dem völkerrechtswidrigem Verhalten der Verbündeten Deutschlands den „sofortigen Abzug der Bundeswehr aus der Region“.

Die Bundesregierung dürfe außerdem nicht mit „zweierlei Maß“ messen. Wer den Angriff auf Jugoslawien 1999 und die gewaltsame Abtrennung des südserbischen Staatsgebiets Kosovo durch die Nato-Staaten rechtfertige, aber die Sezession und den Anschluss der Krim an Russland als „Annexion“ und „Völkerrechtsbruch“ bezeichne, tue genau das. Auf diese Weise werde das Völkerrecht zum „Diffamierungsinstrument“ reduziert. (afp)



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