Kampf in der türkischen Machtzentrale: Erdogan gegen Davutoglu

Eine möglicherweise entscheidende Phase im Machtkampf an der türkischen Staatsspitze könnte sich heute Abend entscheiden. Dann trifft sich Ministerpräsident Davutoglu mit Präsident Erdogan. Es gibt Rücktrittsgerüchte des Ministerpräsidenten, aber auch Gerüchte über dessen Ersetzung, zum Beispiel durch Erdogans Schwiegersohn, den Energieminister.
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Nicht so einig, wie es scheint: Präsident Erdogan (L) und Ministerpräsident Davutoglu (R)Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images)
Epoch Times4. Mai 2016

Offenbar denkt Erdogan darüber nach, Ahmet Davutoglu als Ministerpräsident zu ersetzen. In Presseberichten wurde sein Schwiegersohn Berat Albayrak, der jetzige Energieminister genannt aber auch Verkehrsminister Binali Yildirim. Davutoglu reagiert derzeit gereizt auf Erdogan-nahe Kommentatoren und kritisiert diese mit zunehmender Schärfe, schreibt der "Focus".

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu denkt inzwischen auch über einen Rücktritt nach. Endgültig habe er sich jedoch noch nicht entschieden, berichtet unter anderem die Zeitung "Hürriyet". Hintergrund sei ein Machtkampf zwischen dem AKP-Vorsitzenden Davutoglu und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Für den Mittwochabend ist ein Treffen von Davutoglu und Erdogan geplant.

Erst vergangene Woche schränkte die AKP-Fühung die Befugnisse des Vorsitzenden, Ministerpräsident Davutoglu, ein – gegen Davutoglus Willen, was als offensichtliche Niederlage für den Partei- und Regierungschef gewertet wurde und zugleich ein Beweis für Erdogans Einfluss hinter den Parteikulissen. Doch dies würde die Voraussetzungen für das Präsidentenamt außer Kraft setzen.

"Unparteilichkeit" im Präsidentenamt

Vor zwei Jahren übernahm Ahmet Davutoglu von Erdogan das Amt des Ministerpräsidenten und den Parteivorsitz der AKP, als dieser Präsident wurde, da Unparteilichkeit als Voraussetzung zum Amtsantritt in der türkischen Verfassung verlangt wird.

[Art. 101] besagt: "Die Beziehungen des zum Präsidenten der Republik Gewählten zu seiner Partei werden abgebrochen, sein Mandat in der Großen Nationalversammlung der Türkei wird beendet."

Dennoch hat Erdogan nach wie vor das Regiment von Regierung und Partei fest in der Hand, was jetzt auch Davutoglu zu spüren bekam. 

Im Amtseid des Präsidenten [Art. 103] auf die türkische Verfassung, den Erdogan im August 2014 schwur, heißt es unter anderem:

"Ich schwöre vor der Großen Türkischen Nation und vor der Geschichte bei meiner Ehre und Würde, dass ich […] der Verfassung, […] der Demokratie, den Prinzipien und Reformen Atatürks sowie dem Prinzip der laizistischen Republik verbunden bleiben werde, von dem Ideal, wonach […] jedermann die Menschenrechte und Grundfreiheiten genieße, nicht abweichen werde, mit all meiner Kraft mich […] um die unparteiliche Erfüllung des Amtes, welches ich auf mich genommen habe, bemühen werde."

AKP: islamistische Matrix und Korruption

In einem Artikel vo Juni 2008 berichtete die "Welt" davon, dass die AKP zunehmend pro-westliche Türken unter Druck setzt und immer mehr Koranschulen entstehen. Das Blatt beschrieb die damalige Stimmung: "Für die Menschen hier ist in den Jahren der AKP-Herrschaft eine erstickende muslimische Gesellschafts-Matrix entstanden, aus der kaum ein Entkommen ist, es sei denn, man verlässt die Stadt."

Am 14. März 2008 beantragte der Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya ein Verbotsverfahren gegen die AKP. Der Partei wurde vorgeworfen, ein "Zentrum anti-laizistischer Aktivitäten" geworden zu sein. Der oberste Staatsanwalt forderte ein Politikverbot für 71 Personen, unter anderem für den damalige Präsidenten Abdullah Gül und eben auch für Erdogan, seinen Ministerpräsidenten und AKP-Chef. Auch der damalige Parlamentspräsident Bülent Arinc (AKP) war betroffen.

Das Verfahren wurde mit knapp abgelehnt. Von den elf Richtern stimmten 6 dafür, einer zu wenig. Allerdings stimmten zehn der Richter für eine Verwarnung der AKP als "Zentrum für antilaizistische Umtriebe in der Türkei".

2008 trat der Parteivize Saban Disli aufgrund von Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang von Grundstücksspekulationen zurück.

Im November 2009 wurden erneut Vorermittlungen gegen die Regierungspartei eingeleitet, als bekannt wurde, dass diese die Telefone von 65 Staatsanwälten und Richtern abgehört hatte, inklusive dessen von Yalcinkaya.

Im Dezember 2013 führten langjährige Ermittlungen zu zahlreichen Verhaftungen im direkten Umfeld der AKP-Spitze. Die Korruptionsvorwürfe richteten sich gegen Bereicherungen durch Umgehung der Iran-Wirtschaftssanktionen. Drei Minister der Partei traten zurück, schreibt "Wikipedia".

Siehe auch:

Erdogans Angriff auf Atatürks Erbe – Türkeigründer stand für Trennung von Religion und Staat ein

Türkei: AKP-Parlamentschef will islamische Verfassung – Atatürks Erbe in Gefahr?



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