Deutsche Politiker warnen vor «feindseligem Ton» gegen Polen

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hatte damit gedroht, Warschau „unter Aufsicht“ zu stellen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verglich Polen mit einer „gelenkten Demokratie“
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«Ein kritischer Blick auf problematische Entwicklungen in Polen muss sein, aber keine herrische Haltung», sagt Bütikofer.Foto: Bernd Weißbrod/Archiv/dpa
Epoch Times12. Januar 2016

Berlin (dpa) – Nach der massiven Kritik am Kurs der neuen Regierung in Polen mahnen deutsche Politiker zur Zurückhaltung gegenüber dem östlichen Nachbarn.

Dass die EU-Kommission wegen der umstrittenen Reformen des Verfassungsgerichts und der Medien rechtsstaatliche Schritte prüfe, sei richtig, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), der „Welt“. „Aber es darf keine Vorverurteilung der Politik der polnischen Regierung geben – vor allem nicht von deutscher Seite.“

Auch der Vorsitzende der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, warnte deutsche Politiker davor, sich gegenüber der nationalkonservativen Regierung in Polen im Ton zu vergreifen. „Ein kritischer Blick auf problematische Entwicklungen in Polen muss sein, aber keine herrische Haltung“, sagte Bütikofer der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Reform des Verfassungsgerichtes, durch die Kritiker eine Beschneidung der Gewaltenteilung befürchten, und das Mediengesetz, das der neuen Regierung in Polen die Entscheidung über Führungsposten in den öffentlich-rechtlichen Medien gibt, haben eine Welle der Kritik ausgelöst. Die EU-Kommission wird am Mittwoch eine eingehende Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen auf den Weg bringen.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hatte damit gedroht, Warschau „unter Aufsicht“ zu stellen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verglich Polen mit einer „gelenkten Demokratie“ nach Art des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und mehrere CDU-Parlamentarier aus Berlin und Brüssel brachten Sanktionen gegen Polen ins Gespräch.

Bütikofer sagte dazu, Oettinger, Schulz und der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, hätten gegenüber Warschau „einen reichlich arroganten, feindseligen Ton angeschlagen“. Er denke nicht, „dass wir mit unseren Partnern in schwierigen Situationen so umgehen sollten. Wir müssen mit den Polen reden, mit der Regierung wie mit der Zivilgesellschaft, und nicht nur über sie“, so Bütikofer.

Brok warnte, Vorverurteilungen von außen könnten in Polen zu einer Solidarisierung führen, die der nationalkonservative Regierungspartei PiS Auftrieb gibt. „Und das zu einem Zeitpunkt, wo die Partei gerade an Zustimmung in der polnischen Bevölkerung erheblich verliert.“ Polen sei ein „außerordentlich wichtiges Land“ in der EU, sagte der CDU-Politiker weiter und fügte hinzu: „Europa braucht Polen. Aber der polnischen Regierung muss auch klar sein, dass sie Schutz und Solidarität nur im Rahmen der europäischen Partner findet – dazu muss sich die Regierung in Warschau aber an die Regeln halten.“

Währenddessen geht die Umbildung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen weiter. Bis spätestens Dienstagvormittag will Schatzminister Dawid Jackiewicz die neuen Aufsichtsräte für Radio und Fernsehen bekanntgeben. Nach dem seit Freitag geltenden umstrittenen Mediengesetz werden sie nun ebenso wie die Führungspositionen von der Regierung ernannt. Auch bei der staatlichen Nachrichtenagentur PAP will der Minister bald neue Personalentscheidungen treffen. Gegen das Gesetz der nationalkonservativen Warschauer Regierung hatten am Wochenende Zehntausende Polen in 20 Städten des Landes demonstriert.



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