Afrikareise Merkel, Niger: Marshallplan für Afrika abgelehnt, dafür Ausrüstung für die Armee Nigers

Der Staatschef von Niger fordert einen Marshallplan für Afrika in Milliardenhöhe, Kanzlerin Merkel lehnt das ab. Sie kündigt Ausrüstungshilfe für die nigerische Armee an, da das Land das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ist.
Titelbild
Kanzlerin Angela Merkel (R) und der Staatschef von Niger, Mahamadou IssoufouFoto: BOUREIMA HAMA/AFP/Getty Images
Epoch Times10. Oktober 2016

Mahamadou Issoufou, Nigers Staatschef, will mehr Geld für sein Land zur Bewältigung des Flüchtlingsandrangs – einen milliardenschweren Marshallplan für Afrika fordert er. Merkel lehnt das ab: Zunächst solle das Geld in einem EU-Fonds sinnvoll ausgegeben werden, sagt sie dem Präsidenten.

Bislang haben die deutschen Regierungschefs Niger wenig Beachtung geschenkt, wenn sie in der Welt unterwegs machen. Helmut Kohl (CDU) kam 1995 einmal zu einer kurzen Zwischenlandung. Merkels Besuch fügt sich nun in ihre Strategie, den Nachbarkontinent in der Flüchtlingspolitik in den Fokus zu nehmen.

Lebensumstände vor Ort verbessern – damit gar keine Flüchtlinge erst kommen

Erstens sollen durch wirtschaftliche Entwicklung und politische Stabilität die Lebensumstände der Menschen auf dem krisengeplagten Kontinent verbessert werden, damit sie gar nicht erst den Weg nach Europa suchen. Zweitens will die Kanzlerin die Staaten auf der Flüchtlingsroute in die Lage versetzen, die Migranten aufzuhalten, bevor sie das Mittelmeer erreichen.

In Niamey kündigt Merkel Ausrüstungshilfe für die nigerische Armee an. Denn dem Niger kommt eine Schlüsselstellung zu: Die Bevölkerung des Landes selbst begibt sich in der Regel zwar nicht auf den Flüchtlingstreck – die Menschen in Niger sind einfach zu arm, um Schlepper bezahlen zu können. Der Sahel-Staat ist aber das wichtigste Transitland für afrikanische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa.

Knotenpunkt der Flüchtlingsroute ist die nigrische Wüstenstadt Agadez, durch die im Jahr etwa 150.000 Migranten ziehen. Die Internationalen Organisation für Migration (IOM) betreibt dort ein von der EU unterstütztes Aufnahmezentrum, um Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimatstaaten zu überzeugen. Migranten werden medizinisch betreut oder mit Geld unterstützt, wenn sie den Heimweg antreten wollen.

Für Niger bedeuten die Flüchtlingstrecks eine enorme Belastung, die das Land alleine nicht schultern kann. Deutschland unterstützt die Regierung in Niamey daher im Rahmen einer EU-Migrationspartnerschaft. Doch das Beispiel Niger zeigt, wie schwach die Partner sind, auf die Merkels Afrika-Strategie baut.

Niger gilt als ärmstes Land der Welt, seine Stabilität ist bedroht

Der Staat gilt als das ärmste Land der Welt, seit Jahren liegt Niger auf dem letzten Platz des Human Development Index der Vereinten Nationen. Gleichzeitig verzeichnet Niger das weltweit höchste Bevölkerungswachstum – die Geburtenrate liegt im Schnitt bei siebeneinhalb Kindern pro Frau. Die Bevölkerungsexplosion frisst jedes Wirtschaftswachstum auf.

Zudem ist die Stabilität des Landes bedroht. Im Westen liegt der mit Islamisten, Araber- und Tuareggruppen kämpfende Nachbar Mali, im Norden das ins Chaos versunkene Libyen. In der Tschadsee-Region treibt die Islamistenorganisation Boko Haram ihr Unwesen. „Wir führen einen Dreifronten-Krieg“, berichtet Issoufou seinem Gast aus Berlin.

Nur 15 % des Landes landwirtschaftlich nutzbar, Schlepperei einzige Einnahmequelle

Hinzu kommen Dürre und Nahrungsmittelmangel. Nur 15 Prozent des Landes, das dreieinhalb Mal so groß ist wie Deutschland, sind nach Angaben der Gesellschaft für Internationale Zusammen landwirtschaftlich nutzbar.

Issoufou arbeitet zwar mit der EU zusammen, um die Zahl der durch sein Land ziehenden Migranten zumindest zu verringern. Seit dem vergangenen Jahr ist etwa das Schleusertum unter Strafe gestellt. Doch besonders in der Region Agadez ist das Schlepperwesen für viele Einheimische die einzige Einnahmequelle. Solange sie keine anderen Perspektiven haben, wird der Flüchtlingstreck weiter durch Agadez ziehen.

Merkel kündigt deutsche Millionenhilfe an, um Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Es gehe um die Frage, „was können wir als Kompensation geben für die Menschen im Raum Agadez“, sagte Merkel. Denn ohne Entwicklung sei von den Menschen nicht zu erwarten, sich „dem Kampf gegen die illegale Migration zu widmen“. (AFP)



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