Diktat des unbeherrschbaren Kapitals beenden: „Humane Marktwirtschaft“ eine Lösung?

„Die Welt braucht ein Insolvenzverfahren und danach einen soliden Neuanfang, denn ohne einen solchen wird es kein Ende des Diktats des unbeherrschbaren Kapitals geben können.“ Mit „Humaner Marktwirtschaft“ gäbe es eine Chance, sagen Peter Haisenko und Hubert von Brunn.
Titelbild
Ein Ende der EZB-Diktatur forderte eine junge Frau am 15. April 2015 bei einer Presskonferenz und sprang auf den Tisch, um fliegende Blätter über EZB-Präsident Mario Draghi auszuschütten. Mit „Humaner Marktwirtschaft“ würde sich an dem System alles verändern, behaupten die Autoren Haisenko und von Brunn.Foto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images
Von 7. Dezember 2015

„Mario Draghi setzt seine Politik fort, die Geldmärkte zu fluten. Damit will er sein Ziel erreichen, die Inflation auf zwei Prozent zu setzen. Von einer Seite wird er gelobt, andere sind enttäuscht. Die Börsen reagierten mit Kursverlusten. Der fortgesetzte Ankauf von Staatsanleihen ist den einen zu wenig, den anderen zu viel. Eines muss klar festgestellt werden: Das Inflationsziel von zwei Prozent wird er mit dieser Politik nicht erreichen.“

Mit diesen Zeilen eröffnete Peter Haisenko auf AnderweltOnline.com am 5.11. seinen bissigen Kommentar zur Geldpolitik der EZB unter Mario Draghi. Und das war noch nicht alles, was ihm dazu einfiel.

„Angesichts dessen, dass sowieso einhundert mal mehr Geld im Umlauf ist, als für den weltweiten Warenaustausch benötigt wird, dürfen Zweifel am Verstand derjenigen angebracht sein, die mit einer weiteren Geldzufuhr irgendetwas „verbessern“ wollen. Tatsächlich geht es weder um Inflationsziele, noch um ernsthafte Bemühungen, das globale Geldsystem in Ordnung zu bringen. Das wahre Ziel ist einzig und allein, den unausweichlichen Crash hinauszuzögern, das komatöse System zu beatmen. Draghi´s Geldpolitik ist eine große Lüge, mit der vor der Öffentlichkeit der wahre Zustand des Systems verschleiert werden soll.“

Wie schrecklich man auch Krisen einschätzen mag, sie bringen Bewegung nicht nur in erstarrte Systeme, sondern auch in die Köpfe gescheiter Menschen, die nicht nur Wege aus der Krise suchen, sondern auch über neue Systeme nachdenken, mit denen man nach einem wie auch immer gearteten Crash zu neuen Ufern aufbrechen könnte. Zu diesen gescheiten Menschen darf man getrost Peter Haisenko und Hubert von Brunn zählen, die Betreiber des Onlineportals AnderweltOnline.com. Man mag ihre Ansichten teilen oder nicht, gescheit und anregend sind sie allemal.

Was sie am 1. Dezember vorgelegt haben, ist ein Buch mit dem Entwurf eines Wirtschafts- und Finanzsystems zum Wohle aller Menschen unter dem Titel: „Die Humane Marktwirtschaft“. Zunächst gehört zu den Grundlagen des Buches eine Analyse, unter anderem die der Inflationsrate, die Herr Draghi ja so gern noch beeinflussen möchte:

„Turbokapitalismus und Globalisierung

Spätestens zu dieser Zeit (1970er Jahre – die Red.) ist eine wesentliche Grundlage der ökonomischen Lehre entfallen: der permanente Mangel. Der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation ist nur dann gegeben, wenn grundlegender Mangel herrscht. Nur dann wird eine größere Geldmenge zu größerer Nachfrage führen und Inflation auslösen. In den 1970er-Jahren verhielt es sich in den hoch entwickelten Industriestaaten bereits so, dass die Bedürfnisse elitärer Bevölkerungsteile weitestgehend gesättigt waren. Gab man diesen gesättigten Schichten – also den oberen etwa 30 Prozent – mehr Geld in die Hand, haben sie ihren Konsum dennoch nicht erhöht. Schon damals ist die Bevölkerung geteilt gewesen in relativ wenige Reiche, die im Überfluss leben, und eine klare Mehrheit der Ärmeren.

Die Schere der sozialen Ungleichheit hat sich seitdem immer weiter geöffnet, sodass wir heute eine zweigeteilte Gesellschaft haben. Ein sehr kleiner Teil lebt im aberwitzigen Überfluss, der andere, weitaus größere Teil wird gezielt knapp gehalten. Aber genau dieser größere, ärmere Teil ist derjenige, der zusätzliches Einkommen ausgäbe, wenn er es hätte. Weil er aber nicht mehr Geld bekommt, wirkt sich die Geldmenge nicht mehr auf die Inflation aus, und gleichzeitig konnten und können sich enorme Geldmengen entwickeln, die für den einfachen Warenaustausch keinerlei Funktion mehr haben. Sie dienen allein dem Zweck, sich selbst zu vermehren und die Machtzentren von der Politik in die Bankhäuser zu verlagern. Der ehemalige Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, hat diesen Zustand ebenso lapidar wie treffend beschrieben: „Die Märkte funktionieren nicht mehr.“

Wie konnte es gelingen, die überflüssigen Geldmengen von den unteren Schichten fernzuhalten und so die eigentlich zwangsläufige Inflation durch Geldmengenerhöhung auszuschalten? Der Vorgang ist so einfach wie undemokratisch: Schon in den 1980er-Jahren haben die Gewerkschaften ihre eigentliche Aufgabe nicht mehr wahrgenommen, nämlich die Interessen der Arbeiter zu vertreten. Sie haben sich dem Primat des Geldes und der diesem Primat gehorchenden Politik unterworfen und ihre Forderungen streng begrenzt. So sorgen sie dafür, dass denjenigen, die inflationsauslösend handeln würden, das nötige Geld vorenthalten wird. In der Welt der überflüssigen freien Geldmengen wird Inflation also nicht mehr verhindert durch die strenge Regulierung der Geldmengen, sondern durch Tarifverträge.

Gewerkschaften als Handlanger

Die stillschweigend einvernehmliche Zusammenarbeit der Gewerkschaften mit den Geldgewaltigen hat einen vollkommen neuen Mechanismus geschaffen, der die Zweiteilung der Gesellschaften weiter vorantreibt: Hier die knapp gehaltenen Arbeiterschichten, dort die anderen wenigen, die ihre Massen an Geld nicht mehr für Konsum ausgeben können, weil sie schon alles haben und übersättigt sind. Wie bereits gesagt, kann Inflation nur ausgelöst werden, wenn Schichten mit unerfüllten Bedürfnissen mehr Geld in die Hand gegeben wird.

Somit haben es heute die Gewerkschaften in der Hand, die Höhe der Inflationsrate zu lancieren. Sie sind es, die punktgenau bestimmen, wie viel Geld der einfache Arbeitnehmer zur Verfügung hat und ausgeben kann. Sie bestimmen darüber, inwieweit eine erhöhte Nachfrage inflationär wirken kann. Man darf in dieser Hinsicht durchaus von einer „globalen Verschwörung“ des Kapitals mit den Gewerkschaften sprechen, die das Ziel hat, das bereits gescheiterte Geldsystem am Leben zu erhalten, indem der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation ausgeschaltet wird. Das gilt aber nur für die einfachen Bürger. Tatsächlich ist die Welt auch in der Hinsicht zweigeteilt, dass es „oben“ Inflation gibt, „unten“ jedoch nur in streng kontrolliertem Ausmaß.“

Aus diesen und anderen Betrachtungen kommen sie zwingend zu dem Schluss: „Die hilflose Aktion Draghis zeigt eines überdeutlich: Das gesamte System muss grundrenoviert werden. Das völlig aus dem Ruder gelaufene System von unendlichen Schulden, Gewinnen aus Zins und Zinseszins und die wundersam eigenständige, schier unendliche Kapitalvermehrung muss ein Ende haben.“  

Aber was dann?

Auf Seite 100 ihres mit 210 Seiten erfreulich lesbaren Buches kommen sie zu Teil 2, dessen Kapitel ich hier anführen möchte, da – einziger editorischer Mangel des Buches – ein Inhaltsverzeichnis fehlt.

Teil 2: Das Modell der HUMANEN MARKTWIRTSCHFT: Radikal neues Denken & Mut zur Vision / Die Zukunft gestalten

Das Prinzip des „fließenden Geldes“ / Die Zukunft wird planbar

Arbeit, Geldmengen und der Wertspeicher / 1. Arbeit / 2. Geldmenge / 3. Der Wertspeicher – tragendes Element im System / Bargeld horten lohnt sich nicht

Leben ohne Lohnsteuer / Die Kirchensteuer entfällt / Historischer Rückblick zur Kirchensteuer – Gesetzliche Verankerung seit 1919 / Die Finanzierung des Staatswesens / Marktverzerrende Subventionen sind passé

Ein gesichertes Grundeinkommen garantiert den sozialen Frieden / Die Finanzierung / Eigenverantwortliche Altersvorsorge / Sonderfälle

Ein einheitliches Gesundheitswesen

Bargeld und bargeldähnliche Zahlungsmittel / Banken und Versicherungen / Restriktive Kreditvergabe / Keine Kapitalbildung mehr bei Versicherungen

Sterben und erben

Internationaler Handel und Zahlungsausgleich / Ausgeglichene Handelsbilanzen sind das Ziel / Strenges Reglement / Aktien und Börsen / Feste Wechselkurse

Wir brauchen eine humane Landwirtschaft

Der Übergang zum neuen System

Epilog

Lesenswert

Die Humane Marktwirtschaft basiere auf dem Gedankengut des Humanismus, schreiben die Autoren, der tatsächlich der wahre Antagonist des Kapitalismus sei. Es sei nicht der Sozialismus, denn dieser war und ist in seiner realen Form nichts anderes als Staatskapitalismus, diene der Ausbeutung der „Unterklasse“ zu Gunsten der Nomenklatura. Die Humane Marktwirtschaft gehe völlig neue Wege, fördere ehrlichen Wettbewerb und verfolge das Ziel, dass es allen Menschen gut geht – den individuellen Lebensumständen entsprechend, so gut wie möglich. "Sie kommt ohne Inflation aus, ist langfristig stabil und braucht keinen Herrn Draghi mehr, der sich darüber den Kopf zerbricht, wie er mit untauglichen Maßnahmen Inflation herstellen oder steuern kann"

Die Welt braucht ein Insolvenzverfahren und danach einen soliden Neuanfang, denn ohne einen solchen wird es kein Ende des Diktats des unbeherrschbaren Kapitals geben können.“

Das fordern die Autoren und wie man das bewerkstelligen kann, ohne wieder in die alten Fallen zu geraten, in denen verantwortungslose Finanzmanager wieder in gieriger Weise nur an den eigenen Profit ohne wirkliche Arbeit denken, das schlagen sie in der Humanen Marktwirtschaft vor. Und mehr sei hier auch nicht verraten, denn das Buch ist für 15, – Euro im Buchhandel oder beim Verlag erhältlich und wahrhaftig nicht überteuert.

Foto: Cover Verlag Anderwelt

Peter Haisenko / Hubert von Brunn

Die Humane Marktwirtschaft.

Anderwelt Verlag

Seitenzahl: 210

Ausführung: Softcover

ISBN 978-3-940321-13-8 

Preis: 15,- €



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