Duda umgeht Verwaltungsgericht und ernennt 27 Richter für Polens Oberstes Gericht

Der polnische Präsident Andrzej Duda wartete nicht die Entscheidung über die Klage der EU-Kommission gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ab und ernannte 27 neue Richter für den obersten Gerichtshof.
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Trotz Warnungen der EU-Kommission: Polen setzt 27 neue Richter ein.Foto: Czarek Sokolowski/AP/Illustration/dpa
Epoch Times10. Oktober 2018

Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am Mittwoch am Obersten Verwaltungsgericht vorbei 27 Richter für den Obersten Gerichtshof des Landes ernannt. Das Verwaltungsgericht hatte geurteilt, dass die Ernennungen ausgesetzt werden müssten, solange nicht über eine Beschwerde von Richterkandidaten entschieden sei. Die Kandidaten hatten gegen die Entscheidung des Obersten Richterrats (KRS) Beschwerde eingelegt, sie nicht zu nominieren. Der Richterrat steht der nationalkonservativen Regierung nahe.

Der Vorsitzende der Richtervereinigung Iustitia, Krystian Markiewicz, warf dem Staatschef vor, sich über die Gewaltenteilung hinwegzusetzen. Ein enger Duda-Mitarbeiter, Pawel Mucha, erklärte dagegen, der Präsident sei nicht Teil des Verfahrens des Verwaltungsgerichts. Deshalb könne er von seinem verfassungsgemäßen Recht Gebrauch machen, „im öffentlichen Interesse“ die Richter für das Oberste Gericht zu ernennen.

Duda wartete auch nicht die Entscheidung über die Klage der EU-Kommission gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ab. Die von der Kommission Ende September eingereichte Klage bezieht sich auf ein im Juli in Kraft getretenes Gesetz, mit dem das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre gesenkt wurde. Damit können 27 der 72 Richter zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden.

Kritiker sehen in den Zwangspensionierungen einen weiteren Versuch der rechtsnationalistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die polnische Justiz „auf Linie zu bringen“. Die Regierung hatte die Regelung trotz der Proteste aus Brüssel durchgesetzt und im August sogar eine Beschleunigung der Neubesetzungen am Obersten Gericht angekündigt.

Die EU-Kommission hatte Polen im August eine letzte Frist von einem Monat gesetzt, um ihre rechtlichen Bedenken auszuräumen und das Gesetz zu ändern. Nachdem dies nicht geschehen war, wandte sie sich an den EuGH. Mucha bezeichnete die Klage am Mittwoch im polnischen Radio als „unbegründet und fehlerhaft“.

Die Klage beim Europäischen Gerichtshof ist die nächste Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen. Parallel dazu läuft gegen Warschau wegen der umstrittenen Justizreformen ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag, das zumindest theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann.

Das Votum darüber muss unter den Mitgliedstaaten allerdings einstimmig fallen. Das ebenfalls rechtsnationalistisch regierte Ungarn hat bereits angekündigt, Strafmaßnahmen gegen Warschau nicht mitzutragen. (afp)



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