Eine Herausforderung für die Führung in Teheran

Nach tagelangen Protesten gegen die Führung im Iran hat diese am Mittwoch ihre eigenen Anhänger mobilisiert. Es klärt sich auch langsam, wie es zu den Protesten gekommen ist und was die überwiegend jungen Demonstranten auf die Straße getrieben hat. 
Titelbild
Pro-Regierungsprotest im Iran.Foto: MOHAMMAD ALI MARIZAD/AFP/Getty Images
Epoch Times3. Januar 2018

Nach tagelangen Protesten gegen die Führung im Iran hat diese am Mittwoch ihre eigenen Anhänger mobilisiert. In der Nacht zuvor gab es erstmals seit Tagen keine größeren Proteste – doch ist noch offen, ob dies bereits das Ende der Demonstrationswelle war, die dutzende Städte erfasst und mindestens 21 Menschen das Leben gekostet hat.

Derweil klärt sich langsam, wie es zu den Protesten gekommen ist und was die überwiegend jungen Demonstranten auf die Straße getrieben hat.

WIE HABEN DIE PROTESTE BEGONNEN?

Einen sichtbaren Auslöser gab es nicht. Adnan Tabatabai vom Forschungszentrum Carpo vermutet aber die konservativen Gegner von Präsident Hassan Ruhani hinter den ersten Protesten am vergangenen Donnerstag in Maschhad. Sie hätten die Diskussion über den Staatshaushalt für das neue Jahr zum Anlass genommen, die Unzufriedenheit anzustacheln, sagt Tabatabai. Es sei kein Zufall, dass die Proteste in einer Hochburg der Gegner Ruhanis begannen, bevor sie außer Kontrolle gerieten.

WER GEHT VOR ALLEM AUF DIE STRASSE?

Die Proteste konzentrieren sich vor allem auf die kleineren Provinzstädte. Tabatabai schließt aus den Bildern der Proteste, dass vorwiegend junge Männer auf die Straße gehen. Anders als bei den großen Protesten gegen die Wiederwahl des Hardliners Mahmud Ahmadinedschad 2009 seien es keine klassischen Anhänger der Reformer, sondern eine andere Gesellschaftsschicht mit einer anderen „Demonstrationskultur“, sagt Tabatabai.

WER STECKT HINTER DEN PROTESTEN?

Eine klare Organisation hinter den Protesten ist aber nicht erkennbar. „Bisher gibt es keine gemeinsame Identifikationsfigur und keine zentrale Plattform“, sagt Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei hat ausländische „Feinde“ für die Proteste verantwortlich gemacht. Die iranische Führung wirft den USA und Saudi-Arabien vor, die Proteste anzustacheln. Ruhani beschuldigte insbesondere die oppositionellen Volksmudschahedin mit Sitz in Paris.

WAS SIND DIE ANLIEGEN DER DEMONSTRANTEN?

Den Demonstranten geht es offenbar weniger um Bürgerrechte und Demokratie als um das Aufzeigen wirtschaftlicher Missstände wie die hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Preise von Lebensmitteln. Laut Zamirirad gibt es großen Unmut über die „exorbitanten Gehälter von Staatsbediensteten“, während zugleich Subventionen für Arme gekürzt werden. Die Slogans richten sich auch gegen die Außenpolitik Teherans und allgemein gegen die klerikale Führung.

WIE IST DIE REAKTION DER REGIERUNG?

Ruhani hat Verständnis für die Kritik der Demonstranten gezeigt, sie aber zugleich zur Gewaltlosigkeit aufgerufen. Scharfe Kritik äußerte er an US-Präsident Donald Trump, der sich auf Twitter hinter die Proteste gestellt hat. Die Reformer, die seit 2013 mit Ruhani verbündet sind, appellierten an ihn, auf die „berechtigten Forderungen“ der Demonstranten einzugehen, vermieden es aber, sich klar hinter sie zu stellen.

DROHT EINE WEITERE ESKALATION?

Das Ausmaß der Proteste verdeutlicht den enormen Unmut in der Bevölkerung, doch verfügt der Staat mit den Revolutionsgarden und den Bassidsch-Milizen über starke Mittel der Repression, die er auch nicht einzusetzen zögert. „Ich bezweifele, dass die Proteste für das Regime außer Kontrolle geraten, wie einige Experten in Washington erwarten“, sagt daher Ellie Geranmayeh vom European Council on Foreign Relations.

WAS KÖNNTE DIE REGIERUNG NUN TUN?

Die Proteste setzen Ruhani unter Druck, können aber auch eine Chance sein, Reformen gegen seine Gegner durchzusetzen. Mohammed Ali Shabani vom Onlinemagazin „Al-Monitor“ sagt, Ruhani sollte Chamenei drängen, die Firmenimperien der Revolutionsgarden und der religiösen Stiftungen zu besteuern und der Kontrolle der Regierung zu unterstellen. Zudem sollte die Regierung endlich Genehmigungen für Proteste erteilen. (afp)



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