Libyen: Angriff auf den Airport in Tripolis – EU fordert Ende der Kämpfe

In Libyen kämpfen seit dem Sturz von Muammar al-Gaddaffi im Jahr 2011 Hunderte von Milizen um Einfluss. Die EU fordert vor allem General Haftar auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Titelbild
In Libyen hat der Kampf um die Hauptstadt Tripolis am 8. April 2019 auch den einzig verbliebenen Flughafen der Stadt erreicht.Foto: MAHMUD TURKIA/AFP/Getty Images
Epoch Times8. April 2019

Die EU hat ein Ende der Kämpfe in Libyen gefordert. Alle Seiten müssten „eine militärische Eskalation vermeiden“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nach dem Treffen der europäischen Außenminister in Luxemburg. Sie forderte „insbesondere“ den abtrünnigen libyschen General Chalifa Haftar auf, „alle militärischen Aktivitäten zu stoppen und an den Verhandlungstisch unter UN-Ägide zurückzukehren“.

Truppen Haftars hatten am Donnerstag eine Offensive in Richtung der Hauptstadt Tripolis gestartet, wo die international anerkannte Regierung des Landes ihren Sitz hat. Seitdem wurden mindestens 35 Menschen getötet. Haftars sogenannte Libysche Nationale Armee (LNA) hatte am Sonntag erstmals Vororte von Tripolis aus der Luft angegriffen.

Am Montag gab es auch Luftangriffe auf den Flughafen der Hauptstadt. Tripolis ist der Sitz der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch, das libysche Parlament hat seinen Sitz nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2014 im ostlibyschen Tobruk. Es ist mit dem mächtigen General Haftar verbunden. Dieser kontrolliert mit seiner Armee die größten Gebiete im Osten und Süden Libyens.

Angesichts der Nachrichten aus Libyen gingen die Dinge „definitiv nicht in die richtige Richtung“, sagte Mogherini. Eine Ausweitung auf einen Bürgerkrieg müsse verhindert werden. Die EU werde versuchen, mit allen Seiten und auch regionalen Mächten Kontakt aufzunehmen, um ein Ende der Eskalation zu erreichen. Haftar wird insbesondere von Ägypten unterstützt.

Libyen war zentrale Drehscheibe für die Mittelmeerroute von Zuwandern

Libyen war in der Flüchtlingskrise zentrale Drehscheibe für Migranten und Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten. Die EU versucht deshalb das Land zu stabilisieren und hat dem Land auch beim Wiederaufbau einer Küstenwache geholfen.

Die Europäer hätten deshalb auch ein „Eigeninteresse“, dass die Situation in Libyen nicht eskaliere, sagte Mogherini. Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache wolle die EU trotz der jüngsten Ereignisse fortsetzen. Dabei gehe es vor allem um Ausbildung und die Einhaltung internationaler Standards im Umgang mit Flüchtlingen.

Die Vereinten Nationen warnten vor einer Eskalation der Situation. Etwa 2800 Menschen seien bereits vor den neuerlichen Kämpfen im Süden der Hauptstadt geflohen, teilten die UN mit.

Entwicklungsminister fordert sofortigen Waffenstillstand

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert einen sofortigen Waffenstillstand in Libyen und ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen. „Die Situation ist in Libyen besorgniserregend. Es muss einen sofortigen Waffenstillstand geben“, sagte Müller dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben).

„General Haftar, der die jüngste Krise verantwortet, steht hier in der Pflicht. Alle Konfliktparteien müssen umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren.“ Müller fordert intensivere diplomatische Anstrengungen. „Wir brauchen eine glaubhafte politische Lösung unter Führung der Vereinten Nationen, die sich noch stärker engagieren müssen“, so der CSU-Politiker.

„Der VN-Sondergesandte Salamé hat meine vollste Unterstützung hier weiter voranzugehen.“ Der Warlord Chalifa Haftar versucht, die Hauptstadt Tripolis einzunehmen. Eigenen Angaben zufolge haben seine Truppen am Freitag die ersten Außenbezirke von Tripolis erreicht.

Angriff auf den Flughafen Mitiga

Bei den Kämpfen um die libysche Hauptstadt Tripolis ist der einzige funktionierende Flughafen der Stadt am Montag aus der Luft angegriffen worden. Nach Angaben von Flughafenvertretern wurde eine Landebahn beschädigt, Menschen kamen nicht zu Schaden. Nach Angaben der Fluggesellschaft Libyan Airlines und aus Flughafenkreisen setzte die Luftfahrtbehörde des Landes den Flugbetrieb in Tripolis aus.

Es habe Luftangriffe auf den Flughafen Mitiga gegeben, Reisende seien in Panik geraten, hieß es aus Flughafenkreisen. Bilder in den sozialen Netzwerken zeigten Rauchsäulen über dem Rollfeld. Kampfjets bombardierten Gebäude in der Nähe des Flughafens Mitiga, sagte ein Sprecher der libyschen Einheitsregierung.

Trotz internationaler Appelle zur Deeskalation dauerten die Kämpfe am Montag an. Regierungstreue Soldaten und Haftars Einheiten lieferten sich rund um den zerstörten internationalen Flughafen südlich von Tripolis neue Gefechte, wie AFP-Journalisten berichteten. Auch aus dem weiter östlich gelegenen Wadi Rabi wurden Kämpfe gemeldet.

Internationale Reaktionen

Russland rief die Konfliktparteien am Montag zur militärischen Zurückhaltung auf. Ein weiteres „Blutvergießen und der Tod von Zivilisten“ müssten verhindert werden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Die USA hatten zuvor einen sofortigen Stopp von Haftars Militäroffensive gefordert. „Der einseitige militärische Feldzug gegen Tripolis gefährdet Zivilisten und untergräbt die Aussichten auf eine bessere Zukunft für alle Libyer“, erklärte US-Außenminister Mike Pompeo.

Auch die Bundesregierung äußerte sich besorgt. Regierungssprecher Steffen Seibert rief Haftar auf, seine Offensive „sofort zu stoppen“. Das Auswärtige Amt kündigte an, Deutschland werde sich im UN-Sicherheitsrat weiter um eine Lösung des Konflikts bemühen.

Russland hatte am Sonntag im UN-Sicherheitsrat eine Erklärung zu Libyen blockiert, in der ein Ende des Vormarsches der Haftar-Truppen gefordert werden sollte. Moskau pochte nach Diplomatenangaben darauf, dass alle Konfliktparteien zu einem Ende der Kämpfe aufgerufen werden. Die USA lehnten eine solche Änderung am Text aber ab. Russland steht ebenso wie Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate hinter dem abtrünnigen General Haftar, bestreitet aber, dessen Truppen militärisch zu unterstützen.

Nach Angaben der UNO flohen mehr als 2800 Menschen vor den neuen Kämpfen in der Region Tripolis. Die UN-Menschenrechtskoordinatorin für Libyen, Maria Ribeiro, rief die Konfliktparteien am Montag erneut zu einer Waffenruhe auf, um Zivilisten und Verwundeten die Flucht aus den Kampfgebieten zu ermöglichen. Am Sonntag war der Aufruf der UNO zu einer zweistündigen Feuerpause verhallt.

Seit der Militärintervention der Nato in Libyen und dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in dem nordafrikanischen Land Chaos. Die Regierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle.

Haftar unterstützt mit seinen Truppen eine Gegenregierung, die im Osten Libyens herrscht. Ihm war es in der Vergangenheit gelungen, mit einer Reihe erfolgreicher Militäreinsätze den Osten und große Teile des Südens Libyens unter seine Kontrolle zu bringen. Trotz der Kämpfe will die UNO nach eigenen Angaben an einer für Mitte April geplanten Allparteienkonferenz festhalten.

Die Vereinten Nationen hatten die Konferenz zur Überwindung der Krise in dem nordafrikanischen Land Ende März angekündigt. Bei dem Treffen sollen unter anderem Termine für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen festgelegt werden. (afp/dpa/dts)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion