Flucht aus der Heimat: Traditioneller chinesischer Arzt behandelte Menschenrechtsanwälte

Ein chinesischer Arzt musste seine Heimat verlassen, weil er dem KP-Regime unbequem gewordene Personen behandelt hatte - Menschenrechtsanwälte. Doch warum genau flüchtete Dr. Zhao aus China?
Epoch Times29. Mai 2020

Dr. Zhao Zhongyuan ist ein erfahrener Arzt für traditionelle chinesische Medizin. In Peking hatte er eine gut etablierte Klinik. Doch dann geriet er mit der Kommunistischen Partei Chinas in Konflikt und musste seine Heimat verlassen.

Sein „Verbrechen“: Die Behandlung von Menschen, die dem Regime ein Dorn im Auge sind. Viele seiner Patienten sind Menschenrechtsanwälte, deren Beschwerden weniger von Viren und Bakterien herrühren, sondern von den Knüppeln der Polizei.

Für Dr. Zhao sind diese Menschen das „Rückgrat der chinesischen Gesellschaft“. Sie verteidigten zahlreiche Opfer des Regimes, religiöse Gruppen wie Falun Gong, verfolgte Tibeter oder aber Opfer von Land- und Zwangsenteignungen und so weiter. Ihr einziges Ziel sei es, „China von einem Land, in dem Willkür herrscht, in ein Land mit Rechtsstaatlichkeit zu verwandeln“.

Doch nach der Verteidigung dieser Menschen wurden die Anwälte selbst zur Zielscheibe der Unterdrückung.

Anwälte verhaftet und gefoltert

2014 besuchten vier Anwälte ein Gefangenenlager in Nordost-China. Sie wollten dort die Freilassung ihrer Mandanten, rechtswidrig inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende, erwirken. Doch anstatt den unschuldig Inhaftierten den gesetzlichen juristischen Beistand zukommen zu lassen, wurden die Rechtsanwälte selbst verhaftet und schließlich auch gefoltert.

„Sie haben über zwanzig gebrochene Rippen. Bei Tang Jitian waren sowohl seine vorderen als auch seine hinteren Rippen gebrochen. […] Ich habe ihre Röntgenbilder gesehen. In den Bildern, die die Polizei vorlegte, waren keine Verletzungen zu sehen, aber als sie sich nach ihrer Entlassung wieder untersuchen ließen, hatte jeder von ihnen Verletzungen“, sagte Zhao Zhongyuan, Doktor der chinesischen Medizin.

Großrazzia gegen Menschenrechtsanwälte

Ein Jahr später ereignete sich die sogenannte „Razzia 709“, deren Name eine Analogie zum Datum 9. Juli 2015 darstellt, dem Beginn der Razzia.

Bei der landesweiten „Säuberungsaktion“ wurden rund 300 Menschenrechtsanwälte in ganz China zusammengetrieben und verhört. Vielen wurde die Lizenz entzogen. Andere wurden festgenommen und oft zu Gefängnisstrafen verurteilt.  

Unter den Inhaftierten befindet sich auch der in Peking ansässige und international bekannte Anwalt Li Heping, ein persönlicher Patient von Dr. Zhao. Anwalt Li erlitt eine schwere Beinverletzung, weil er gezwungen wurde, über drei Monate lang jeden Tag stramm zu stehen. Er erzählte Zhao, dass die Polizei jedes Detail seines Lebens kontrollierte, ihm auf Schritt und Tritt eng folgte, sogar auf die Toilette.

Dr. Zhao schilderte die enge Bewachung durch die Polizei: „Wenn es zum Beispiel im Gesicht juckt und man sich kratzen will, muss man zuerst um Erlaubnis fragen. ‚Meldung! Ich muss mich im Gesicht kratzen!‘ Die Polizei würde antworten: ‚Wo? Linke oder rechte Seite?‘ ‚Linke Seite.‘ Dann wird einem erlaubt, sich einmal auf der linken Seite zu kratzen. Wenn man sich noch einmal kratzt, wird man geschlagen.“

Dr. Zhao behandelte auch den bekannten Pekinger Anwalt Jiang Tianyong, der sich unter anderem für verfolgte Tibeter, Falun Gong-Praktizierende und Opfer von HIV-infizierten Blutkonserven einsetzte sowie die in einer illegalen Ziegelbrennerei mit Zwangsarbeit und Folter konfrontierten Menschen (darunter auch Kinder) vertrat. Für seinen Einsatz für die Verfolgten wurde Jiang so schwer geschlagen, dass er sich drei Monate lang kaum bewegen konnte.

Viele von Dr. Zhaos Freunden hatten auch Folter in Form von Schlafentzug und Zwangsmedikationen erlebt. Human Rights Watch berichtete auch über solche Fälle unter den Menschenrechtsanwälten.

Treffpunkt für Gleichgesinnte

Zhao Zhongyuan traf sich vor rund zehn Jahren online mit mehreren Menschenrechtsaktivisten.

Als ein Dorfvorsteher, der die Landrechte in seinem Dorf verteidigte, bei einem verdächtigen Unfall ums Leben kam, war Zhao einer der ersten, der ihm einen Abschiedsbesuch abstattete. Der Besuch führte zu Zhaos erstem Polizeiverhör. Aber er lernte auch Gleichgesinnte kennen, die sich für Demokratie und Freiheit in China einsetzen.

Später wurde seine Klinik in Peking zum Treffpunkt für gleichgesinnte Anwälte. Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis suchten sie bei ihm Hilfe. Sie fanden mehr als nur ärztliche Behandlung.

Wenn sie zu mir kamen, konnten sie auch ihre gleichgesinnten Freunde sehen, viele von denen, die sie vor ihrer Verhaftung kannten, und sie können miteinander sprechen und hatten dann wieder ein Gefühl der Sicherheit. Das lindert ihre Angst,“ so Dr. Zhao.

Der Mediziner teilte den Schmerz der Anwälte und war inspiriert von ihrem Mut. 2015, nach der Razzia, waren nur noch sehr wenige Anwälte auf freiem Fuß. Noch weniger von ihnen wagten es beispielsweise, die bei der Razzia verhaftete Anwältin, Wang Yu, zu verteidigen.

Eine boshafte Staatsmacht

Frau Wang wurde vorgeworfen, die Öffentlichkeit zum Umsturz der Staatsmacht aufgewiegelt zu haben. Chinas staatliche „Xinhua“ berichtete in Volksgerichtshof-Manier: „Diese arrogante Frau mit Vorstrafenregister wurde über Nacht zu einer Anwältin, plappert über Rechtsgrundsätze, Menschenrechte und Gerechtigkeit, und wandert unter der Flagge der ‚Rechtsverteidigung‘ herum“, zitierte die „Washington Post“ die im Volksmund bellender „Hund der Partei“ genannte Nachrichtenagentur.

Nur Li Yuhan, eine über 60-jährige Anwältin, kam nach Peking und übernahm sofort den Fall. Sie bereitete sich auf das Schlimmste vor. „Sie unterschrieb die Formulare und sagte der Person, die sich mit ihr traf: ‚Wenn mir etwas Schlimmes passiert, helfen Sie mir bitte auch, einen Anwalt zu finden.‘ Denken Sie darüber nach, sie wusste, dass sie verhaftet werden würde, aber nahm den Fall ohne zu zögern an“, sagte Dr. Zhao.

Frau Li wurde 2017 wegen „Streiterei und Provokation von Unruhen“ verhaftet, wie es das Regime nennt. Seitdem sitzt sie im Gefängnis.

Auch Dr. Zhao wurde wiederholt von der Polizei schikaniert, seine Klinik überwacht. 2016 wurde die ärztliche Zulassung der Klinik schließlich ausgesetzt, weil sich hier die Familien und Unterstützer der inhaftierten Anwälte oft trafen.

„Zuerst gehen sie hart gegen Medien vor, nach den Medien gegen Anwälte, nach den Anwälten unterdrücken sie diejenigen, die diese Anwälte unterstützen, und auch die Unterstützer der Menschen, die sich gegen das Regime auflehnen. Eine Gruppe nach der anderen, es ist systematisch“, so der Mediziner.

Flucht und Hoffnung

2019 wurde Dr. Zhao zum dritten Mal verhört, weil sich einer der Anwälte bei ihm behandeln lassen wollte. Drei Stunden ließ man ihn in Handschellen in einem dunklen Raum zurück, offenbar um ihn zu warnen. Er verstand. Das war der Auslöser für seine Flucht nach Kanada, die er gemeinsam mit seiner Frau antrat. Seine Schwester und seine 94-jährige Mutter musste er zurücklassen.

Zhao sagte, er habe nun keine Alpträume mehr, dass ihn die Polizei verfolge. Er hat eine große Hoffnung, nämlich, dass die Internationale Gemeinschaft jenen, die sich unermüdlich für Menschenrechte in China einsetzen, mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung zukommen lässt. (sm)



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