In Mexiko fahren gepanzerte Lastwägen aus Angst vor Überfällen

In Mexiko dreht sich eine anscheinend endlose Spirale von Gewalt, angetrieben von den mächtigen Drogenkartellen und anderen Banden.
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Bandengewalt in Jalisco: Die Drogenkartelle halten Mexiko im Würgegriff.Foto:  Francisco Perez/dpa
Epoch Times3. April 2019

Zwei Autos rasen an einen Sattelschlepper heran und zwingen ihn zum Anhalten. Mit Sturmgewehren vertreiben die Männer den Fahrer – und flüchten mit dem Lkw samt Ladung. Was nach einem Hollywood-Streifen klingt, passiert täglich auf Mexikos Autobahnen. Nach offiziellen Zahlen haben sich die Überfälle seit 2015 auf mehr als 30 pro Tag verdoppelt. Die Angst der Spediteure vor modernen Wegelagerern lässt das Geschäft mit gepanzerten und kugelsicheren Lkws boomen.

Jorge Coronel leitet ein Unternehmen, das sich auf den Transport hochwertiger Güter wie Elektronik, Arzneimittel und Luxuskleidung spezialisiert hat. Viele in Mexiko tätige Assekuranzen versichern solche Transporte nur noch, wenn sie in Trucks transportiert werden, die Maschinengewehrfeuer standhalten. „Es ist eine wachsende Nische“, sagt Coronel. „Es ist sehr teuer, doch Versicherungsunternehmen verlangen gepanzerte Ausrüstung für Transporte, die über einem gewissen Wert liegen.“

In Mexiko dreht sich eine anscheinend endlose Spirale von Gewalt, angetrieben von den mächtigen Drogenkartellen und anderen Banden. Zunächst verlegten sie sich auf den Kraftstoffdiebstahl, der das staatliche Ölunternehmen Pemex Milliarden kostete. Nun machen sie die Autobahnen unsicher. 2017 registrierte die mexikanische Polizei 11.425 bewaffnete Raubüberfälle auf Lastwagen, 2018 waren es von Januar bis November schon 11.062 – umgerechnet 33 pro Tag.

Stahl und kugelsicheres Glas

Zum Schutz beschichten Spezialfirmen die Zugmaschinen mit Stahl und setzen kugelsicheres Glas in die Fenster. Es kostet umgerechnet etwa 23.700 Euro, einen Sattelzug so auszurüsten, dass er Sturmgewehrfeuer standhält. Doch viele Spediteure haben keine andere Wahl. Eine einzige Ladung kann 400.000 Euro wert sein – Schätzungen zufolge verliert die Branche durch Überfälle umgerechnet vier Milliarden Euro pro Jahr.

2017 transportierte einer von Coronels Lastwagen eine Ladung Kleidung, als er nahe Ecatepec, einer gefährlichen Gegend am Rande von Mexiko-Stadt, den Kontakt zum Begleitfahrzeug verlor. Per Fernsteuerung brachte Coronels Team den Sattelzug zum Stillstand. Als die Diebe den Fahrer bedrohten, beschloss sein Kunde schließlich aber, kein Risiko einzugehen. Er richtete aus, man solle „die Ladung aushändigen und nicht das Leben des Fahrers riskieren“, sagt Coronel.

Daniel Portugal ist Geschäftsführer der Panzerungsfirma Diamond Glass und betont, die Überfälle würden immer raffinierter und gewalttätiger: „In diesen Tagen blockieren sie mit Autos die Straße, fahren dann auf beiden Seiten heran und gehen direkt zum Fahrer.“

Sattelzüge kugelsicher machen

Nun muss die Branche, die früher Geldtransporter und VIP-Autos panzerte, Sattelzüge kugelsicher machen. Branchenkenner Esteban Hernández berichtet, die Spezialfirmen lieferten sich einen technologischen Wettlauf mit den Gangstern.

„Die Lkw haben GPS-Geräte, die im Falle eines ungeplanten Stopps ihren Standort übermitteln, doch die Kriminellen haben eigene Geräte, um das GPS zu blockieren“, sagt Hernández. „Sie steigen zur Fahrerkabine, also haben wir einen Mechanismus entwickelt, der die Stufen hochzieht, wenn der Fahrer sie nicht braucht.“

Etwa sechs Prozent ihrer Einnahmen geben mexikanische Spediteure nach Branchenangaben für Sicherheit aus, verglichen mit etwa 0,5 Prozent weltweit. Unternehmen schulen ihre Fahrer inzwischen, sich im Falle eines Überfalls in ihrem Fahrzeug zu verschanzen. „Das Wichtigste ist, nicht auszusteigen“, sagt Rigoberto Sierra von Diamond Glass. „Wenn man im Truck ist und dieser von einer Kugel getroffen wird, bekommt man vielleicht Zweifel. Aber unsere Fahrer müssen durchhalten und sich nicht von der Stelle rühren.“ (afp)



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