Ende des Abtreibungsverbotes? – Irland rückt weiter von seinem katholischen Erbe ab

In Irland steht eine weitere Abkehr von den einstmals so mächtigen konservativ-katholischen Traditionen an: Am Freitag stimmen die Iren in einem Referendum über das Ende des strengen Abtreibungsverbots ab.
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Türen in Dublin - in Irlands Landesfarben.Foto: iStock
Epoch Times23. Mai 2018

In Irland steht eine weitere Abkehr von den einstmals so mächtigen konservativ-katholischen Traditionen an: Am Freitag stimmen die Iren in einem Referendum über das Ende des strengen Abtreibungsverbots ab. Ein hoch emotionales Thema – scharfe Töne prägen die Kampagne in den Tagen vor der Abstimmung. Umfragen sagen einen Sieg der Befürworter des Rechts auf Abtreibungen voraus.

Das Referendum dürfte also ein weiterer Gradmesser für den dramatischen gesellschaftlichen Wandel in Irland sein, das in gesellschaftspolitischen Fragen wie der Abtreibung lange Zeit einen europäischen Sonderweg verfolgt hatte.

Während die meisten Länder des Kontinents den Schwangerschaftsabbruch nach und nach entkriminalisierten, nahmen die Iren in einem Referendum 1983 ein komplettes Abtreibungsverbot in ihre Verfassung auf. Zwei Drittel hatten für die Vorlage gestimmt. Die damals noch sehr mächtige katholische Kirche hatte sich stark engagiert.

Abtreibungen waren auch zuvor schon in Irland verboten, 1983 erhielt das Verbot dann aber Verfassungsrang. Das langsame Abrücken von den strengen Gesetzen in den Jahrzehnten danach war eng mit den Namen von Frauen verbunden, die besonders unter ihnen zu leiden hatten.

Seit 2013 sind Abtreibungen in jenen eng umrissenen Fällen erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Anlass für die Gesetzesänderung war die Empörung nach dem Tod der schwangeren Savita Halappanavar, die bei einer Fehlgeburt in der 17. Schwangerschaftswoche starb. Eine Abtreibung war ihr untersagt worden.

Die derzeitige Kampagne erhielt Auftrieb durch den Fall von Amanda Mellet, die für ihre Abtreibung wegen eines tödlich missgebildeten Fötus ins benachbarte Großbritannien ausweichen musste – wie so viele andere Irinnen auch.

Mellet brachte den Fall vor die UN-Menschenrechtskommission, die die Angelegenheit als Verstoß gegen die Grundrechte einstufte. Die Regierung bot ihr daraufhin ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro an.

Im irischen Parlament gibt es eine Mehrheit für das Ende des Schwangerschaftsabbruchverbots. Auch Ministerpräsident Leo Varadkar ist dafür. In der Bevölkerung allerdings scheiden sich die Geister.

„Es ist offensichtlich geworden, wie tief die Emotionen auf beiden Seiten reichen“, sagt die Historikerin Diarmaid Ferriter vom University College in Dublin. Für viele gehe die Frage „ans Eingemachte“. Die Kampagne vor dem Referendum von 2015, die zur Legalisierung der Homo-Ehe führte, sei „positiv und aufbauend“ gewesen. Beim Thema Abtreibung sei das nun nicht so.

In TV-Talkshows wurden scharfe Worte gewechselt. Vor allem die Abtreibungsbefürworter sehen sich benachteiligt: Sie beklagen, dass die liberal geprägten Massenmedien mit dem „Ja“-Lager unter einer Decke steckten.

Die katholische Kirche hielt sich in der Kampagne sehr zurück, ihre Autorität ist durch Missbrauchsskandale angekratzt. Dennoch gebe es noch „viele ältere Leute, denen es schwer fällt, sich vom katholischen Denken zu befreien“, sagt die Soziologin und Autorin Ethel Crowley. Sie erwartet aber, dass vor allem die politisch aktiven Jungwähler für eine Mehrheit zur Legalisierung von Abtreibung sorgen werden.

Sollte es so kommen, würde zunächst das Abtreibungsverbot aus der Verfassung gestrichen. Die Regierung müsste dann alles weitere gesetzlich regeln. Ihr Entwurf sieht vor, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen straffrei zu stellen. Bei bestimmten Indikationen soll sie bis zum sechsten Monat erlaubt sein. (afp)



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