Israels Oberstes Gericht verhandelt über Notregierung
In Israel berät das Oberste Gericht seit Sonntag über die geplante Notregierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Ex-Armeechef Benny Gantz. In der Anhörung geht es vor allem darum, ob Netanjahu trotz seiner Korruptionsanklage erneut Ministerpräsident werden kann. Die Richter sollen zudem die Koalitionsvereinbarung mit seinem ehemaligen Rivalen Gantz überprüfen. In Tel Aviv gingen am Samstagabend erneut hunderte Menschen gegen das Regierungsbündnis auf die Straße.
Likud-Chef Netanjahu, der derzeit nur geschäftsführend im Amt ist, und Parlamentspräsident Gantz hatten sich vor knapp zwei Wochen auf eine Einheitsregierung geeinigt. Ursprünglich hatte Gantz eine Beteiligung an einer Regierung mit dem wegen Korruption angeklagten Netanjahu strikt abgelehnt.
Das Abkommen sieht vor, dass Netanjahu und Gantz sich als Ministerpräsidenten abwechseln. Demnach bleibt Netanjahu eineinhalb Jahre lang weiter an der Spitze der Regierung, danach löst ihn Gantz für weitere eineinhalb Jahre ab. Gantz soll zunächst das Amt des Verteidigungsministers übernehmen.
In Tel Aviv gingen am Samstagabend rund 1500 Demonstranten gegen das Regierungsbündnis auf die Straße. Die Demonstranten hielten Schilder mit Aufschriften wie „36 Kabinettsminister. Schande über Euch“ hoch. Schon in den vergangenen Wochen hatten samstagabends tausende Menschen in Israel gegen das Bündnis demonstriert.
Acht Beschwerden gegen Regierungsbündnis
Beim Obersten Gericht wurden acht verschiedene Beschwerden gegen das Regierungsbündnis eingereicht, unter anderem von Gantz‘ früherem Bündnispartner Jair Lapid. Das Gericht werde zuerst prüfen, ob ein Abgeordneter unter Anklage den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten könne, sagte die Vorsitzende Richterin Esther Hajut zu Beginn der Anhörung. Am Montag wollen die elf Richter dann über die Koalitionsvereinbarung beraten.
Sollte das Oberste Gericht gegen das Regierungsbündnis entscheiden, stünde Israel die vierte Parlamentswahl innerhalb von rund einem Jahr bevor. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit, der Netanjahu angeklagt hatte, erklärte in einer Stellungnahme an das Gericht, er sehe in dem bevorstehenden Korruptionsprozess keinen Grund, Netanjahu nicht den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen.
Israel steckt in einer politischen Krise und hat seit mehr als einem Jahr keine voll funktionsfähige Regierung. Drei Parlamentswahlen, die letzte am 2. März dieses Jahres, brachten weder für Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei noch für Gantz‘ Liste Blau-Weiß eine klare Mehrheit.
Der seit 14 Jahren in Israel regierende Netanjahu steht wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue unter Anklage. Er streitet alle Vorwürfe ab und sieht sich als Opfer der Staatsanwaltschaft und der Medien. Der Korruptionsprozess gegen ihn hätte eigentlich Mitte März beginnen sollen, wurde aber wegen der Coronavirus-Pandemie um zwei Monate auf den 24. Mai verschoben. (afp/ks)
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