Kein Weihnachten in Paradise

Das sogenannte Camp-Feuer hatte Anfang November den Ort Paradise nördlich von Sacramento fast vollständig zerstört. Mindestens 88 Menschen kamen ums Leben, mehr als 13 000 Wohnhäuser brannten ab, mehrere Hundert Menschen gelten weiter als vermisst. Es ist das schlimmste Feuer mit den meisten Toten in dem US-Westküstenstaat seit Beginn der Aufzeichnungen.
Titelbild
Ein weihnachtliches Windlicht steht in einem ausgebrannten Geschäft im kalifornischen Paradise. Der Ort ist nach den verheerenden Waldbränden zur Geisterstadt geworden.Foto: Rich Pedroncelli/AP/dpa
Epoch Times19. Dezember 2018

Die verheerenden Waldbrände in Kalifornien haben ihnen alles genommen bis auf das nackte Leben: Tausende Überlebende hausen auch an den Weihnachtstagen weiter in Notunterkünften. Der Ort Paradise ist zum Symbol der Flammenhölle geworden, vor der zehntausende Anfang November fliehen mussten und in der dutzende Menschen starben. Die Schäden übersteigen Schätzungen zufolge neun Milliarden Dollar (knapp acht Milliarden Euro). Die seelischen Schäden sind kaum zu ermessen.

„Uns ging es gut, wir waren glücklich – und jetzt haben wir einen Morgen verbranntes Land und keinen Ort, wo wir hin können“, sagt Luanne Wright. Zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebt sie in einer Notunterkunft des Roten Kreuzes bei Chico. Ihr Mann erholt sich von einem Herzanfall, den er nach den Bränden erlitten hat. „Alles ist weg“, sagt Luanne Wright.

Bei den Waldbränden der vergangenen Wochen in dem Westküstenstaat waren mindestens 86 Menschen ums Leben gekommen und rund 19.000 Häuser und Geschäfte zerstört worden. Rund sieben Milliarden Dollar Schaden verursachte allein das „Camp Fire“ in Paradise und Umgebung, durch das mehr als 80 Menschen getötet wurden.

Unweit der Rot-Kreuz-Unterkunft auf dem Silver-Dollar-Messegelände hausen rund 700 Menschen in Zelten, Campingbussen und einer Halle. Unter ihnen ist Rubi Solis mit ihren vier Kindern, vier Hunden und einer Katze. Ihr Haus in der Ortschaft Concow liegt in Asche.

Solis wusste nicht, dass ihr getrennt lebender Mann wenige Monate zuvor die Zahlungen in die Hausversicherung eingestellt hatte. Der Staat gab ihr nur 34.000 Dollar Hilfe, das Haus war 200.000 Dollar wert. Das Geld reiche gerade einmal für eine Küche, sagt Solis. Ihre Kinder zeigen Stress-Symptome und können derzeit keine Schule besuchen.

Wie tief die seelischen Narben sind, zeigt sich an Überlebenden der Brände im rund 160 Kilometer von Paradise entfernten Bezirk Sonoma. Dort wütete eine Flammenwalze im vergangenen Jahr. Manche Menschen dort haben mit dem Wiederaufbau begonnen, andere tragen weiterhin schwer an ihren Traumata. Bei vielen kamen die Bilder wieder hoch, als es in Paradise brannte und der Rauch auch im westlich gelegenen Sonoma zu spüren war.

Waldner Anilus, Mitarbeiter der Katastrophenhilfe in Sonoma, berichtet von gestiegenem Drogenkonsum und höheren Schulabbrecher-Zahlen. Eine Überlebende habe in einer Selbsthilfegruppe erzählt, dass sie keine Spendenkleidung mehr tragen könne, da sie das immer wieder an das Erlebte erinnere. Andere Frauen seien in der Runde in Tränen ausgebrochen oder könnten nicht mehr weitermachen. „Man sieht Klienten tagelang im Bett bleiben“, sagt Anilus, nach einem Jahr noch wie gelähmt.

Niveen Rizkalla, eine Expertin für posttraumatische Belastungsstörungen an der Universität Berkeley, hat im vergangenen Jahr mit Überlebenden des Sonoma-Feuers gearbeitet. Unmittelbar nach der Katastrophe gehe es für viele um die Dinge des täglichen Überlebens, erst später trete der emotionale Schaden zutage.“Wir müssen sie ermutigen innezuhalten, unsere Gedanken werden sich rächen, wenn wir sie nicht sprechen lassen.“ Sie berichtet von Suizidabsichten, von Alkohol- und Medikamentenmissbrauch.

Auch Trudi Angel sehnt sich nach ihrem alten Leben. Ihr Ballett-Studio in Paradise wurde zerstört. Ihre Northern California Ballet Company führte 32 Jahre lang den „Nussknacker“ auf. „Fast alle meiner Tänzer und ihre Familien haben ihre Häuser verloren“, sagt Angel. „Unser Studio ist komplett weg. Alle Kostüme, Kulissen, alles ist weg. Die Tänzer haben keine Schuhe oder irgendetwas.“

Angel, die früher in München, Chicago und Los Angeles tanzte, erfährt viel Hilfe – auch aus dem Ausland: aus Stuttgart, London und aus Japan kommen Spenden. Eine Ballett-Truppe aus Oregon hat „Nussknacker“-Kostüme angeboten.

„Manche meiner jungen Tänzer rufen mich an und weinen: „Wir vermissen dich und den ‚Nussknacker‘.“ Angel ist fest entschlossen, Mitte Januar die Vorstellungen wieder aufzunehmen. „Wir brauchen das in nicht so hellen Zeiten“, sagt sie. (afp)



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