Kooperation mit Schlepperbanden: Ö-Innenminister fordert Strafen für „selbst ernannte Seenot-Retter“

Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka hat Strafen für "selbst ernannte Seenot-Retter" im Mittelmeer gefordert. Einzelnen Hilfsorganisationen warf er in der "Bild"-Zeitung vor, direkt mit Schlepperbanden vor der libyschen Küste zu kooperieren. Die NGOs weißen die Vorwürfe zurück.
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Ein Frontexschiff rettet Flüchtlinge im Mittelmeer. 4. November 2016.Foto: ANDREAS SOLARO/AFP/Getty Images
Epoch Times18. Juli 2017

Der Streit um Hilfseinsätze der NGOs im Mittelmeer hat es auf die politische Bühne in Berlin gebracht.

Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka hat Strafen für „selbst ernannte Seenot-Retter“ im Mittelmeer gefordert. Einzelnen Hilfsorganisationen warf er in der „Bild“-Zeitung vor, direkt mit Schlepperbanden vor der libyschen Küste zu kooperieren. In Italien seien in diesem Jahr bereits mehr als 85 000 Flüchtlinge angekommen. „Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht“, sagte er. Wichtig sei, „dass selbst ernannte Seenotretter aus Europa nicht mehr bei den Schleusungen helfen, nicht mehr mit den Banden kooperieren“, sagte der Minister.

„Identitäre Bewegung“ will Schleppertätigkeiten stoppen

Die private Hilfsorganisation „Sea Eye“ rechnet unterdessen damit, dass das Schiff, mit dem die sogenannte „Identitäre Bewegung“ Flüchtlinge im Mittelmeer stoppen möchte, noch in dieser Woche vor der libyschen Küste sein wird.

„Wir haben mit den Identitären natürlich keinen Kontakt, aber verfolgen ihre Propagandakanäle und bekommen mit, was sie vorhaben“, sagte Hans-Peter Buschheuer, Sprecher und Koordinator von Sea Eye der „Heilbronner Stimme“ (Dienstag).

„Es ist Pflicht, dass Schiffe per Tracker Signale aussenden. Die Rechten haben ihr Schiff in Dschibuti in Ostafrika gekauft und wollen ihre Besatzung in Sizilien aufnehmen. Ich schätze, dass sie noch diese Woche das Gebiet vor der libyschen Küste erreichen“, sagte Buschheuer der Zeitung. Buschheuer warnte vor einem lebensgefährlichen Einsatz der Mission der Identitären Bewegung mit dem Namen „Defend Europe“: „Sie haben angekündigt, dass sie uns nicht aktiv behindern werden. Aber sie wollen in libyschem Gewässer unterwegs sein, dort Flüchtlingsboote stoppen und die libysche Küstenwache alarmieren, die die Menschen dann zurückschicken sollen. Das widerspricht nicht nur geltendem Recht, das ist lebensgefährlich und ein mörderisches Spiel. Die libysche Küstenwache schießt schnell.“

Buschheuer kritisierte das von Italien ins Spiel gebrachte Anlandungsverbot für Schiffe privater Hilfsorganisationen. „Wenn andere Schiffe nicht in Italien anlanden dürfen, würde das bedeuten, dass sie weiter fahren müssen und noch weniger Boote zur humanitären Rettung unterwegs wären. Es würde auf ein massenhaftes Sterben vor den Augen der Öffentlichkeit hinauslaufen.“

„Menschen werden organisiert verschifft“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht hingegen auch das Vorgehen von NGOs wie „Sea Eye“ kritisch. „Die Italiener untersuchen Vorwürfe gegen NGOs: Dass Schiffe ihre Transponder abstellen – was streng verboten ist – und nicht zu orten sind; sie verschleiern ihre Position“, sagte de Maizière den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben). Sein italienischer Amtskollege Marco Minniti habe ihm gesagt, „dass die Schiffe in libysche Gewässer fahren und vor dem Strand ihre Positionslichter einschalten, um den Rettungsschiffen schon mal ein Ziel vorzugeben“. „Das löst kein Vertrauen aus“, sagte de Maizière weiter.

Es komme hinzu, dass die Zahlen der Flüchtlinge, die auf Booten die Überfahrt über das Mittelmeer wagten, an manchen Tagen besonders hoch seien. „Das spricht dafür, dass kriminelle Schlepper dahinter stecken und Menschen organisiert verschifft werden“, betonte der Innenminister. Er ergänzte: „Wir wissen nicht exakt, wie viele potenzielle Migranten sich genau in Libyen aufhalten. Da schwanken die Zahlen. Wir wissen auch nicht genau, wie viele sich zusätzlich nach Libyen aufgemacht haben.“

NGO weißt Kritik zurück

Die Hilfsorganisationen weisen die Vorwürfe entschieden von sich. „Es wurde immer wieder versucht, uns irgendetwas anzuhängen, doch bis heute wurde nie ein Beweis geliefert“, widersprach ein anderer Sea-Watch-Sprecher, Ruben Neugebauer, den Funke-Zeitungen.

Der Transponder würde nicht gezielt abgestellt. Auch sei es Pflicht, nachts mit eingeschalteten Suchscheinwerfern zu fahren, um Kollisionen zu vermeiden. Auch die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ dementierte die Vorwürfe: „Es gibt nicht den Hauch eines Beweises dafür“, sagte Philipp Frisch, Leiter der politischen Abteilung. „Wir arbeiten nicht mit Lichtsignalen und fahren nur in akuten Notfällen und in Absprache mit den libyschen Behörden in libysche Hoheitsgewässer ein.“ Bis zum Montag sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in diesem Jahr 110.374 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Mit 93.213 Migranten erreichten davon knapp 85 Prozent die EU über einen italienischen Hafen. (dts)



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