Macron diskutiert mit Studenten in Frankfurt

Zwei Wochen nach seiner Europa-Rede eröffnet Frankreichs Staatspräsident Macron mit Kanzlerin Merkel die Frankfurter Buchmesse. Bei dem Auftritt gibt es auch eine politische Botschaft.
Titelbild
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.Foto: John Moore/Getty Images
Epoch Times10. Oktober 2017

Emmanuel Macron hat es eilig. Der mit 39 Jahren jüngste französische Staatspräsident der Geschichte ist kaum fünf Monate im Amt und hat bereits einen ehrgeizigen Plan zur Reform der EU vorgelegt.

Seine erste Auslandsreise, die der Kultur gewidmet ist, führt den sozialliberalen Spitzenpolitiker zur Frankfurter Buchmesse. Gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel wird der Staatschef am Dienstag den weltgrößten Branchentreff eröffnen. Frankreich ist dieses Mal Ehrengast.

Warum kommt Macron nach Frankfurt?

Kultur hat einen wichtigen Stellenwert in seinem Programm. „Was Europa am stärksten zusammenhält, werden immer die Kultur und das Wissen sein“, sagte er vor zwei Wochen in der Pariser Sorbonne-Universität. Europa solle aus seiner Sprachenvielfalt einen Vorteil machen und diese nicht beklagen, lautet sein Credo. Seine Forderung: Mehr europäischen Austausch für Studenten und Auszubildende. Kultur ist zudem ein Aushängeschild Frankreichs. Der große Auftritt des Landes in Frankfurt mit zahlreichen Autorinnen und Autoren wurde jahrelang vorbereitet.

Ist der Besuch in Deutschland auch ein politisches Signal?

Über Macrons Europa-Vorstoß wurde auch in Deutschland viel diskutiert. Dazu gehören ein eigener Haushalt, ein Parlament und ein Finanzminister für die Eurozone. Der Senkrechtstarter schlug Deutschland zudem eine „neue Partnerschaft“ vor. Sein Plan lautet, schon im Januar kommenden Jahres – also zum 55. Jubiläum – einen erneuerten Élysée-Freundschaftsvertrag mit Berlin zu vereinbaren.

In Berlin gibt es nach der Bundestagswahl bisher keine neue Regierung, wie soll das gehen?

Auch in Paris wird gesehen, dass die Regierungsbildung dauern kann. Wir pochen nicht auf Termine, auch nicht Jubiläumstermine, heißt es inzwischen in Élyséekreisen. Falls es nicht im Januar möglich sein, könne der neue Vertrag auch später im kommenden Jahr vereinbart werden. Unter dem Strich ist die Pariser Machtzentrale mit der Aufnahme von Macrons EU-Offensive aber zufrieden.

Wie sind die Kontakte zwischen Paris und Berlin?

Es wird vor und hinter den Kulissen viel miteinander gesprochen. Erst in der zurückliegenden Woche war der scheidende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Élyséepalast. Seine Botschaft an Macron lautete: Am Ende wird es in Berlin „eine sehr gute und auch proeuropäische Regierung“ geben. Gemeint war eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen.

Wie hat Merkel auf Macrons Vorschläge reagiert?

Mit einiger Verzögerung, dann aber wohlwollend. Auf dem EU-Sondergipfel Ende September in Tallinn stellte die Kanzlerin ein „Höchstmaß an Übereinstimmung zwischen Deutschland und Frankreich“ fest. Macron habe Dynamik in die Debatte gebracht. Über Details müsse natürlich noch gesprochen werden. Aber genau dort steckt bekanntermaßen der Teufel: Merkel lehnt einen eigenen Eurozonen-Haushalt und einen Finanzminister nicht generell ab. Doch stellt sie sich die Beiträge und Kompetenzen erheblich kleiner vor als Macron. Von dessen visionärem Pathos ist sie sehr weit entfernt – nur als Bremserin will sie aber auch nicht erscheinen.

Was heißt das für die Regierungsbildung in Berlin?

Vor allem die FDP und ihr künftiger Einfluss auf die Außen- und Europapolitik werden in der Umgebung des Präsidenten mit großer Sorge gesehen. „Wenn Merkel sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot“, soll Macron gesagt haben. Die FDP bemüht sich um Freundlichkeit, inhaltlich aber gibt es klare Konfliktlinien – wie beim Eurozonen-Budget. Parteichef Christian Lindner, der als künftiger Finanzminister gehandelt wird, wollte schon Griechenland aus der Euro-Zone entlassen. Jetzt warnt er vor einer „Geldpipeline“ aus Deutschland in andere Länder.

Vorbehalte gibt es auch in der CSU?

Die CSU befürchtet, dass Macrons Reformpläne für Deutschland teuer werden könnten. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann etwa sagte: „Was Macrons finanzpolitische Vorstellungen angeht, bin ich sehr, sehr skeptisch. Es läuft letztendlich auf mehr Transfer hinaus.“ Das ist eben die große, manchmal irrationale Sorge auch vieler Bürger: dass am Ende immer Deutschland bezahlen muss. Dass die Griechenland-Krise sogar Geld in die deutschen Kassen gespült hat, wird dabei oft vergessen.

Ist Macron ein Leser?

Ja. Auf seinem offiziellen Foto, das in jeder französischen Amtsstube hängt, sind Bücher zu sehen, unter anderem die Memoiren des Weltkriegshelden und Staatspräsidenten Charles de Gaulle. (dpa)



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