Ostdeutschland: Meuthen erwartet Koalition mit AfD über kurz oder lang – Ökonomen sehen Armutszeugnis für die etablierte Politik

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Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).Foto: Daniel Naupold/dpa
Epoch Times27. Mai 2019

AfD-Chef Jörg Meuthen hält angesichts der Stärke seiner Partei im Osten Deutschlands Regierungsbeteiligungen in der Zukunft für möglich. „Gut Ding will Weile haben“, sagte er am Montag in Berlin. „Das braucht Zeit.“

Wenn sich alle anderen Parteien zusammenschließen müssten, um gegen die AfD als stärkste Kraft zu regieren, „dann werden die nachdenklich werden“, sagte Meuthen mit Blick auf die etablierten Parteien.

„Über früh oder lang wird man dann auch mal zusammenfinden“, sagte er weiter. In Sachsen und Brandenburg zeichne sich eine solche Situation bereits ab, fügte Meuthen mit Blick auf die Landtagswahlen am 1. September hinzu.

In den beiden Bundesländern wurde die AfD bei der Europawahl jeweils vor der CDU stärkste Kraft, in Sachsen mit 25,3 Prozent und in Brandenburg mit 19,9 Prozent.

Gauland: Freiheitsliebende Menschen im Osten wollen selbst denken

Koparteichef Alexander Gauland begründete den Erfolg der AfD in den neuen Bundesländern unter anderem damit, dass die Menschen im Osten „freiheitsliebend“ seien, was sie in der Wendezeit unter Beweis gestellt hätten. Sie wollten sich „nicht vorschreiben lassen, was sie zu denken haben“, sagte er.

Meuthen sagte, für die AfD werde der Osten in den nächsten Monaten wegen der Wahlen „ohne Frage im Vordergrund stehen“. Er betonte zugleich: „Aber wir sind eine gesamtdeutsche Partei.“

Neben Sachsen und Brandenburg wird Ende Oktober auch in Thüringen der Landtag neu gewählt. Dort blieb bei der Europawahl die CDU mit 24,7 Prozent stärkste Kraft, die AfD belegte mit 22,5 Prozent Platz zwei.

Ökonomen: Wahlergebnis Armutszeugnis für die etablierte Politik

Ökonomen haben besorgt auf das starke Abschneiden der AfD in Ostdeutschland bei den Europawahlen reagiert. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sprach im „Handelsblatt“ von einem „Armutszeugnis für die etablierte Politik“.

Die großen Parteien hätten den Europawahlen zu wenig Bedeutung beigemessen und „konnten letztlich viele Bürgerinnen und Bürger nicht überzeugen“, sagte Fratzscher der Zeitung.

Nun sei zu erwarten, dass die AfD auch bei den anstehenden Landtagswahlen „sehr stark“ abschneidet. Mit negativen wirtschaftlichen Effekten rechnet Fratzscher deshalb aber nicht. „Ich bezweifle, dass die AfD in irgendeinem Bundesland Regierungsverantwortung übernehmen könnte“, sagte er.

„Trotzdem ist es wichtig, dass die etablierten Parteien endlich überzeugende Konzepte vorlegen, wie auch in Ostdeutschland mehr wirtschaftliche und soziale Chancen entstehen können und der wirtschaftliche Aufholprozess fortgesetzt werden kann.“

Berenberg Bank: AfD ist keine Gefahr für die Wirtschaft

Ähnlich äußerte sich der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Die Ergebnisse für die AfD seien regional gesehen zwar beängstigend, sagte Schmieding dem „Handelsblatt“. Wirtschaftlich gesehen seien sie es allerdings nicht.

„Die AfD wird auf absehbare Zeit keinerlei Einfluss auf die deutsche Wirtschaftspolitik nehmen können“, ist der Ökonom überzeugt.

Bei etwa 11 Prozent, die die AfD bundesweit bei der Europawahl erzielt habe, leide der Ruf des Standorts Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nicht.

„Selbst an ostdeutschen Landesregierungen wird sie vorläufig nicht beteiligt sein.“ Für „politisch bedenklich“ hält Schmieding indes die „starke Diskrepanz“ zwischen alten Bundesländern, in denen vor allem die Grünen auf Kosten der alten Volksparteien zugelegt hätten, und den neuen Ländern, in denen stattdessen die Rechten erstarkt seien.  (dts/afp/nh)



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