Mexiko: Linker Präsident tritt Amt an – AMLO hat schon viel versprochen und wenig gehalten

In Mexiko ist am 1. Dezember der neu gewählte Präsident Andres Manuel Lopez Obrador (AMLO) in sein Amt eingeführt worden. Der Linkspopulist und Ex-Oberbürgermeister von Mexiko-Stadt hat sich als Anti-Establishment-Kandidat inszeniert und will die Korruption bekämpfen. Skeptiker halten das für leere Versprechungen.
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Mexiko-Stadt, Hauptstadt von Mexiko.Foto: iStock
Von 4. Dezember 2018

Weit in die Zeit des Kalten Krieges reicht ein Phänomen in Lateinamerika zurück, das Europäern eher fremd ist: Zahlreiche Länder dort verfügen über erfolgreiche linke Bewegungen, die populistisch auftreten.

Während linkes Gedankengut in unseren Breiten eher eine Domäne elitärer Oberschichtangehöriger ist und allenfalls Politiker wie Oskar Lafontaine oder Sarah Wagenknecht einigermaßen in der Lage sind, Volksnähe zu simulieren, haben zumindest in einigen lateinamerikanischen Ländern linke Politiker auch einen gewissen Rückhalt unter den „kleinen Leuten“.

So unterschiedliche Charaktere wie Fidel Castro, Salvador Allende, Daniel Ortega, Hugo Chavez, Evo Morales, Rafael Correa, Lula da Silva oder das Ehepaar Kirchner begannen jeweils als Volkstribune, die angeblich oder tatsächlich korrupte Führungen herausforderten und den Armen Wohltaten, Alphabetisierung und bessere Lebensverhältnisse versprachen. In zahlreichen Fällen kamen die Betroffenen vom Regen in die Traufe und die sozialistischen Volksbefreier errichteten Diktaturen oder füllten sich die eigenen Taschen, bis das Geld anderer Leute zur Neige ging.

Ungeachtet bisheriger Erfahrungen will nun Mexiko einen solchen Bruch mit dem Establishment. Am Samstag wurde der strahlende Wahlsieger vom 1. Juli, Andres Manuel Lopez Obrador (AMLO) vom Bündnis MORENA (Bewegung zur nationalen Erneuerung), als Präsident vereidigt. Der Linksnationalist hatte bereits im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit gegen drei Gegenkandidaten erringen können.

Eigene Parteifreunde und Medien fielen PRI-Kandidaten in den Rücken

Der Sieg AMLOs war eine Konsequenz des Niedergangs der über 72 Jahre hinweg gleichsam als Staatspartei regierenden „Partei der institutionalisierten Revolution“ (PRI), die 2000 die Macht verloren hatte, diese 2012 wieder zurückerobern konnte und seither mehr als je zuvor ein System der Korruption und Vetternwirtschaft in Mexiko aufbaute. Nicht zuletzt deshalb kam der PRI-Kandidat bei den jüngsten Wahlen José Antonio Meade noch deutlich hinter dem konservativen Ricardo Anaya mit nur 16,4 Prozent auf den blamablen dritten Platz.

AMLO versprach, der institutionalisierten Korruption im Land ebenso wie der Armut ein Ende zu setzen. Er wolle in die Infrastruktur investieren, den Besitzlosen helfen, die Menschen gegen Katastrophen absichern, die Rechtsstaatlichkeit verbessern, die Bildung und vieles mehr. Anders als in Venezuela, Nicaragua oder in anderen sozialistischen Diktaturen soll dies ohne Enteignungen oder eine umfassende Belastungspolitik vonstattengehen.

Anders als die radikalen Marxisten des Sao-Paulo-Forums wollte AMLO auch keine Konfrontation mit den USA suchen, sondern mit Washington und Ottawa zusammen nach gemeinsamen Wegen für ein besseres Handelsabkommen und die Eindämmung der illegalen Migration Ausschau halten.

Was manchen stutzig machte, war, dass Teile der PRI in der letzten Wahlkampfphase nicht ihren eigenen Kandidaten, sondern AMLO unterstützten – und das trotz diverser Gerüchte, wonach der Linkskandidat Rückendeckung aus Venezuela oder gar aus dem Kreml genießen würde. Sogar der scheidende Amtsinhaber Enrique Peña Nieto und regierungsnahe Medien begannen sich am Ende für AMLO auszusprechen, was gewisse Parallelen zu Frankreich nach dem Niedergang der Sozialisten unter François Hollande offenbarte.

Macron oder Erdoğan als Vorbild?

Ähnlich wie Emmanuel Macron in Frankreich selbst für einige Zeit Mitglied der Sozialisten war, ehe er sich selbst und Medien ihn als „Anti-Establishment-Kandidaten“ zu verkaufen begannen, war auch AMLO Mitglied der PRI – und kannte die dortigen Verhältnisse gut genug, um zu erkennen, welche Stellschrauben er bedienen musste.

Am Ende waren es immerhin 32 Millionen Wähler, die AMLO mit einem klaren Mandat ausstatteten. Die Bürger der Hauptstadt Mexiko-Stadt kannten ihn bereits als langjährigen Oberbürgermeister – und das war offenbar auch für politische Konkurrenten ein gewisser Vertrauensfaktor. Im Gegenzug zur Unterstützung durch Peña Nieto und andere Politiker der PRI sicherte er diesen auch für den Fall seiner Wahl Immunität gegen mögliche Strafverfolgungen wegen Korruption zu.

Ob sich AMLO tatsächlich als der Reformer zeigen wird, den Millionen Wähler in ihm sehen, wird sich im Laufe der kommenden Jahre erweisen. Skeptiker wie Roland Springer und Heinz Joachim Gund, die auf „Tichys Einblick“ das Phänomen des Establishment-Kritikers untersucht haben, der diesem tatsächlich näher ist als er gerne zugeben mag, sind sich da weniger sicher.

Sie weisen darauf hin, dass er bereits als OB der Hauptstadt deutlich weniger gehalten als versprochen habe. Die Belebung der Wirtschaft unter seiner Federführung habe sich vor allem auf ambulante Händler beschränkt. Dazu kamen groß angelegte Straßenbauprojekte, deren Wert als Prestigeprojekte in eigener Sache bereits weltpolitische Größen wie Erdoğan, Putin oder Xi für sich entdeckt hatten – und die bekanntermaßen auch stets ein lohnendes Ziel für enge politische Freunde darstellen, die auf ihre Weise von den milliardenschweren Bauvorhaben profitieren wollen.

Finanzmärkte sind gewarnt

Vieles deutet darauf hin, dass AMLO als Präsident diesem Beispiel folgen will. Notfalls könnte er seine populistische Ader dadurch zur Geltung kommen lassen, dass er sich Rückendeckungen für umstrittene Großprojekte durch Volksbefragungen holt. Dies könnte ihm auch helfen, solche Vorhaben gegen allfällige Widerstände aus den Provinzen durchzudrücken.

Die Finanzmärkte sind bislang skeptisch. Anfang November setzte auch die erste Rating-Agentur die Wirtschaftsaussichten Mexikos von stabil auf negativ herab. Andere zogen inzwischen nach, die Zinsen schnellten nach oben und der Peso auf den tiefsten Stand seit 2014. Die Finanzierung der angestrebten Projekte in Höhe von jährlich 80 Mrd. USD dürfte schwierig werden.

Ob AMLO am Ende Mexiko in ein zweites Venezuela umwandeln wird, als Schaumschläger wie Macron endet oder einfach nur die bewährte Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft in Mexiko – nur mit anderen Akteuren – fortsetzen wird, wird sich zeigen.



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