Türkische Militäroffensive noch in Vorbereitung – Erster Truppenverband überquerte syrische Grenze

Die kurdische Autonomieverwaltung im Nordosten Syriens hat die Zivilbevölkerung zur Generalmobilmachung gegen die befürchtete Offensive der Türkei aufgerufen. Diese hat offenbar begonnen.
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Bei der Offensive "Schutzschild Euphrat" dürfte es der Türkei neben der Bekämpfung des IS vor allem darum gehen, einen weiteren Vormarsch syrischer Kurden zu verhindern.Foto: Sedat Suna/dpa
Epoch Times9. Oktober 2019

Update: 12:18 Uhr

Entgegen anderslautenden Medienberichten hat die türkische Offensive gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien am Mittwochvormittag zunächst nicht begonnen.

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte bei einer Rede an einer Militärakademie in Istanbul der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge, die Vorbereitungen gingen weiter. „Unsere Anstrengungen für die Operation werden fortgesetzt.“ Auch kurdische Quellen bestätigten den Beginn der Offensive zunächst nicht.

Zuvor hatte der Kommunikationsdirektor des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Fahrettin Altun, in einem in der Nacht auf Mittwoch veröffentlichten Meinungsbeitrag in der „Washington Post“ geschrieben, die Türkei wolle „in Kürze“ in Nordsyrien einmarschieren.

Das türkische Militär, zusammen mit der Freien Syrischen Armee, wird die türkisch-syrische Grenze in Kürze überqueren“, schrieb Altun.

Bei der Freien Syrischen Armee (FSA) handelt es sich um von der Türkei unterstützte syrische Rebellen.

Kurden bringen im Norden Syriens ihre Truppen in Stellung

Die Kurden bringen im Norden Syriens ihre Truppen in Stellung. Die kurdische Autonomieverwaltung in der Region verkündete am Mittwoch eine dreitägige Generalmobilmachung.

Angesichts der zunehmenden Drohungen der Türkei und ihrer syrischen „Söldner“ würden alle aufgerufen, sich an die Grenze zu begeben, um in diesen „kritischen historischen Momenten“ Widerstand zu leisten, hieß es in einer Erklärung. Kurden weltweit wurden aufgefordert, gegen die Offensive zu demonstrieren.

Kurdische Quellen in Nordsyrien sagten am Mittwochmorgen, es sei bisher ruhig. Sie wüssten aber von weiteren türkischen Verstärkungen an der Grenze. In einer Stellungnahme der von den Kurden dominierten Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF) hieß es:

Alle Indizien – Informationen aus dem Feld und militärischer Aufbau auf der türkischen Seite der Grenze – deuten darauf hin, dass unsere Grenzregion von der Türkei und der mit ihnen verbundenen syrischen Opposition angegriffen wird.“

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte die USA vor einer Destabilisierung

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte die USA vor einer Destabilisierung im Nordosten von Syrien. Die USA betrieben eine inkonsequente und widersprüchliche Politik in der Region, sagte Lawrow am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax in Kasachstan. Die USA hätten in den Kurdengebieten eine staatsähnliche Struktur aufgebaut. „Das ist ein sehr gefährliches Spiel“, kritisierte Lawrow.

Der türkische Präsident Erdogan hatte am Samstag erneut eine baldige Offensive in Nordsyrien angekündigt. Dort kontrollieren im Grenzgebiet zur Türkei die kurdischen YPG-Milizen Gebiete. Die Türkei betrachtet sie als Terroristen. Für die USA waren sie im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein enger Verbündeter.

Das Weiße Haus hatte allerdings zum Wochenbeginn signalisiert, man werde sich einer Offensive nicht in den Weg stellen, und zog US-Truppen aus der betroffenen Grenzregion ab. Später vollzog US-Präsident Donald Trump teilweise eine Kehrtwende und drohte der Türkei, dass jede „ungezwungene oder unnötige“ Kampfhandlung für ihre Wirtschaft und Währung „verheerend“ würde. (dpa)

Bloomberg berichtet von Grenzüberschreitung eines kleinen türkischen Truppenverbandes

Laut Angaben der  Nachrichtenagentur Bloomberg hätten Truppen die syrische Grenze passiert. An zwei Stellen soll ein kleiner türkischer Truppenverband die Grenze überquert haben. Dieses Manöver sei zunächst Teil der Vorbereitung für eine größere Offensive. Von türkischer Seite gab es zunächst keine offizielle Bestätigung.

Syrische Kurden rufen zur Generalmobilmachung auf gegen die Türkei

Die kurdische Autonomieverwaltung im Nordosten Syriens hat die Zivilbevölkerung zur Generalmobilmachung gegen die befürchtete Offensive der Türkei aufgerufen. „Wir erklären drei Tage der Generalmobilmachung im Norden und Osten Syriens“, erklärte die Autonomieverwaltung am Mittwoch und rief alle Zivilisten auf, sich „an die Grenze zur Türkei zu begeben, (…) um in diesem heiklen historischen Moment Widerstand zu leisten“.

Sie rief zugleich die Kurden in Syrien und im Ausland auf, gegen die Pläne der Türkei auf die Straße zu gehen. Ankara hatte am Dienstag erklärt, die Offensive werde „in Kürze“ beginnen, und weitere Militärfahrzeuge an die Grenze verlegt. Dennoch ist weiterhin unklar, ob es tatsächlich zu einem Einmarsch in Nordsyrien kommt, da US-Präsident Donald Trump widersprüchliche Signale hinsichtlich einer türkischen Invasion sendet.

Der Nordosten Syriens wird seit Jahren von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihrem militärischen Arm, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), kontrolliert. Die Türkei betrachtet die Präsenz der Kurdenmiliz an ihrer Grenze als Bedrohung, da sie eng mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden ist, die seit 1984 gegen den türkischen Staat kämpft. Seit 2016 ist Ankara bereits zwei Mal gegen sie vorgegangen.

Die USA schätzen die YPG dagegen als Verbündeten im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und unterstützen sie seit Jahren mit Waffen und Spezialkräften. Nach einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte Trump am Sonntag angekündigt, die US-Spezialkräfte aus dem Gebiet an der türkischen Grenze abzuziehen. Dies löste heftige Kritik vor allem auch in Trumps republikanischer Partei aus.

Der US-Präsident versicherte daraufhin, die USA würden ihre kurdischen Verbündeten nicht fallen lassen. Ankara drohte er mit der „totalen Zerstörung und Auslöschung“ der türkischen Wirtschaft, sollte die Türkei in Nordsyrien „irgendetwas tun“, was er als „tabu“ betrachte. (afp/nmc)



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