Neuseeland: Weitere Meldungen zum Anschlag in Christchurch

Moschee-Besucher verhinderte bei Anschlag in Neuseeland womöglich Schlimmeres +++ Insgesamt 50 Tote +++ Einer der Überlebenden verzeiht dem Attentäter +++ Das Motiv? "Schock" über die "Invasion" der französischen Städte durch Einwanderer
Titelbild
Eine Trauerwache in Wellington im Basin Stadion am 17. März 2019, Neuseeland.Foto: Elias Rodriguez/Getty Images
Epoch Times17. März 2019

Bei dem Anschlag im neuseeländischen Christchurch hat der mutige Einsatz eines Moschee-Besuchers womöglich Schlimmeres verhindert. Alabi Lateef sagte der Nachrichtenwebsite „Stuff“ am Sonntag, dass er beim Beten in der Moschee in Linwood durch Schüsse vor dem Gebetshaus auf den Attentäter aufmerksam geworden sei. Er habe den versammelten Gläubigen gesagt, sie sollten sich ducken, und dann mit einem Glaubensbruder beschlossen, in einer Feuerpause etwas gegen den Angreifer zu unternehmen.

Dann hätten sie beobachtet, dass der Attentäter Brenton Tarrant ein leer geschossenes Sturmgewehr vor der Moschee auf den Boden geworfen habe und zu seinem Auto zurückgegangen sei, sagte Lateef laut „Stuff“. Lateefs Mitstreiter habe daraufhin das nicht mehr geladene Sturmgewehr genommen und damit die Heckscheibe von Tarrants Wagen eingeschlagen. Danach sei er weggelaufen.

Der Mann verhinderte mit seiner Aktion möglicherweise weitere Angriffe von Tarrant, denn wegen der zertrümmerten Scheibe fiel das Auto des Attentäters zwei Polizisten auf. Diese stoppten Tarrant und nahmen ihn fest.

Insgesamt 50 Tote im Alter zwischen drei und 77 Jahren

Die Todesopfer des Anschlags auf zwei Moscheen waren laut einer vorläufigen Auflistung zwischen drei und 77 Jahre alt. Die Aufstellung, die unter Opferangehörigen kursiert, enthält die Namen von 44 Männern und vier Frauen. Zu zwei der insgesamt 50 Todesopfer enthält sie demnach keine Angaben.

Die Behörden haben die Liste noch nicht offiziell bestätigt. Premierministerin Jacinda Ardern sagte, es handele sich nicht um eine „formelle“ Aufstellung und eine Bestätigung sei erst nach Abschluss der Identifizierung der Todesopfer möglich.

Einer der Überlebenden hat dem Attentäter verziehen

„Liebe“ statt Hass: Ein Überlebender des Anschlags von Christchurch, dessen Frau bei dem Attentat erschossen wurde, hat dem Angreifer Brenton Tarrant nach eigenen Worten verziehen. „Vergebung ist das Beste, Großzügigkeit, Liebe und Fürsorge, Optimismus“, sagte der 59-jährige Farid Ahmad der Nachrichtenagentur AFP. Er würde Tarrant bei einem Treffen sagen: „Ich liebe ihn als Mensch.“

Farid Ahmads 44 Jahre alte Frau Husna ist eine der 50 Toten des Attentats auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch am Freitag. Als die ersten Schüsse fielen, habe sie „viele Frauen und Kinder“ aus dem Gotteshaus geführt, sagte Ahmad. „Dann kam sie zurück, um nach mir zu sehen, weil ich in einem Rollstuhl saß, und als sie sich der Tür näherte, wurde auf sie geschossen.“

„Sie war beschäftigt damit, Leben zu retten, und hat sich selbst darüber vergessen.“ Vom Tod seiner Frau habe er aber erst später erfahren, als sich ein Foto ihrer Leiche in den sozialen Netzwerken im Internet verbreitete.

Dennoch kann sich der 59-jährige Witwer vorstellen, sich mit dem Attentäter an einen Tisch zu setzen. Er würde ihn dabei ermutigen, über seine Lebensperspektiven nachzudenken. „Ich will, dass er nach einer positiven Haltung in sich sucht, und ich hoffe und bete für ihn, dass er eines Tages ein großartiger Bürger wird. Ich hege keinen Groll.“

Und das Motiv? „Schock“ über die angebliche „Invasion“ der französischen Städte durch Einwanderer

Der Attentäter von Christchurch rechtfertigte den Anschlag in seinem Manifest „The Great Replacement“ (Der große Austausch). Damit bezog sich Brenton Tarrant bereits im Titel auf eine Verschwörungstheorie, der zufolge die Bevölkerung Europas durch Zuwanderer ersetzt werden solle. So bezog er sich auf einen angeblichen „weißen Genozid“, eine Formulierung, die laut Lebourg seit 40 Jahren von Gruppen im englischsprachigen Raum verwendet wird. Sie sei ein Synonym für den „großen Austausch“.

Er beschreibt sich selbst als „normalen weißen Mann“. Und tatsächlich scheint der Australier Tarrant ein durchschnittliches Leben geführt zu haben – bis er zu längeren Reisen nach Europa und Asien aufbrach und als Rechtsextremer voller Hass auf Muslime zurückkehrte.

Vor seiner Bluttat war Tarrant den Behörden offenbar nicht aufgefallen. Er selbst berichtet, er sei er als Arbeiterkind im kleinen australischen Ort Grafton im Osten des australischen Bundesstaats New South Wales aufgewachsen. Seine Kindheit und Jugend sei „normal“ verlaufen, „ohne Probleme“. Nur knapp schaffte er demnach den Oberschulabschluss. Tarrant ließ sich zum Fitnesstrainer ausbilden und begann 2009 einen Job in einem örtlichen Fitness-Center. Medienberichten zufolge starb Tarrants Vater 2010 an Krebs. Seine Mutter und eine Schwester sollen hingegen bis heute in Grafton leben.

Die Besitzerin des Fitness-Centers, Tracey Gray, beschreibt Tarrant als hart arbeitenden Angestellten. Nach seinen Reisen, die ihn offenbar bis nach Pakistan und Nordkorea führten, sei er ein anderer Mensch gewesen: „Während der vielen Jahre, die er im Ausland verbrachte, muss sich etwas in ihm verändert haben“, sagte Gray dem australischen Rundfunksender ABC. „Irgendetwas muss ihn nicht mehr losgelassen haben, Erlebnisse vielleicht, oder eine Gruppe“.

Tarrant schreibt in seinem Manifest, ihm sei zum ersten Mal im April oder Mai 2017 während seiner Reisen durch Westeuropa die Idee gekommen, einen Anschlag zu verüben. Er beschreibt seinen „Schock“ über die „Invasion“ der französischen Städte durch Einwanderer und seine „Verzweiflung“ über die Niederlage von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich.

2011 kündigte Tarrant seinen Job als Fitnesstrainer. Das Geld für seine Reisen stammte nach seinen Angaben aus „Investitionen“ in BitConnect, ein Unternehmen, das ein betrügerisches Pyramidensystem mit Kryptowährung unterhielt, bis es Anfang 2018 in sich zusammenbrach.

Auf seinen Tatwaffen, die Tarrant legal erworben hatte, hatte er die Namen von historischen Militärs geschrieben, die an der Tötung von Muslimen beteiligt waren. In seinem Manifest erwähnt er zudem Namen von bekannten Rechtsextremen und Faschisten, wie etwa den Norweger Anders Behring Breivik, den er als Inspiration für seine Tat nennt.

Ob und mit welchen rechtsextremen Vertretern der 28-Jährige während seiner Reisen möglicherweise Kontakt hatte, ist noch unklar. Die türkischen Behörden wollen nun seine zahlreichen Aufenthalte in der Türkei näher untersuchen. Auch Bulgarien kündigte Ermittlungen an, dort soll sich Tarrant im vergangenen November aufgehalten haben. Damals soll er auch Rumänien und Ungarn besucht haben, zwei Jahre zuvor war er offenbar in den Balkanländern Serbien, Kroatien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina. (afp/dpa/ks)



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