Nach blutigen Aufständen: Brasiliens Militär soll Haftanstalten sichern

Nach mehreren blutigen Aufständen soll nun das brasilianische Militär die Lage in den notorisch überfüllten Gefängnissen des Landes unter Kontrolle bringen.
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Schwer bewaffnete Polizisten vor einer Haftanstalt in Brasilien. Immer wieder kommt es in den Gefängnissen des Landes zu blutigen Zwischenfällen.Foto: Rodrigo Sales/dpa
Epoch Times18. Januar 2017

Nach mehreren blutigen Aufständen soll nun das brasilianische Militär die Lage in den notorisch überfüllten Gefängnissen des Landes unter Kontrolle bringen. Staatschef Michel Temer habe den Bundesstaaten die „bewaffneten Streitkräfte zur Verfügung gestellt“, um die Haftanstalten zu sichern, erklärte am Dienstag Temers Sprecher. Das Verteidigungsministerium setzte für Mittwoch ein Treffen an, um einen Aktionsplan vorzustellen.

Besonders im Alcaçuz-Gefängnis nahe der nordöstlichen Stadt Natal blieb die Lage explosiv. Dort waren am Wochenende bei Kämpfen zwischen inhaftierten Mitgliedern rivalisierender Drogenbanden 26 Häftlinge getötet worden, seitdem ist die Lage außer Kontrolle. Häftlinge besetzten das Gefängnisdach und verbarrikadierten sich im Hof. Die Sicherheitskräfte setzten Gummigeschosse ein, um die verfeindeten Gruppen auseinanderzutreiben und ein erneutes Blutbad zu verhindern.

Seit im Juli eine Waffenruhe zwischen den beiden größten Kokainbanden des Landes zusammengebrochen war, tragen deren Mitglieder den Konflikt auch in den Haftanstalten aus, darunter auch im Alcaçuz-Gefängnis. Vor den Toren der Haftanstalt waren am Dienstag weiterhin besorgte Angehörige versammelt. Eine Frau zeigte AFP-Reportern ein Handy-Video ihres Lebensgefährten – darauf ist zu hören, wie er gegnerische Bandenmitglieder mit dem Tod bedroht. Das Fernsehen zeigte Gefangene, die ihre Messer schärften.

Bei ähnlichen Massakern zwischen inhaftierten Bandenmitgliedern sowie anderen Meutereien sind allein seit Jahresbeginn mehr als 130 Menschen nach Behördenangaben getötet worden. Die Sorge ist groß, dass die Gewalt auch andere Gefängnisse des Landes erfasst.

Brasiliens Haftanstalten sind notorisch überbelegt, außerdem fehlt es an Wachpersonal, Ärzten und Betreuern. Viele Gefängnisse stehen de facto unter der Kontrolle von Drogenbanden.

Aus Protest gegen die Situation waren die Gefängniswärter im Bundesstaat Rio de Janeiro am Dienstag in einen mehrtägigen Streik getreten. Nach Gewerkschaftsangaben fordern sie die Zahlung ausstehender Löhne, ein 13. Monatsgehalt sowie bessere Arbeitsbedingungen.

Laut Gewerkschaftschef Gutembergue de Oliveira ist die Lage in Rios Gefängnissen noch explosiver als im Rest des Landes. In einigen Haftanstalten des von der Pleite bedrohten Bundesstaats kämen „200 Gefangene auf einen Wärter, während das Justizministerium fünf Häftlinge pro Wärter empfiehlt“, erklärte er.

In Rio de Janeiro kamen im Dezember 50.482 Häftlinge auf 27.242 Plätze, das ist eine Belegungsrate von 185 Prozent. Landesweit ist die Überbelegung nur geringfügig besser, im Schnitt liegt die Auslastung bei 167 Prozent – dabei wartet fast die Hälfte der Inhaftierten noch auf ihren Prozess.

Die anhaltende Gewalt in den Haftanstalten bringt Präsident Michel Temer zunehmend in Bedrängnis, viele werfen seiner Regierung Untätigkeit vor. Die Regierung will nun für umgerechnet 264 Millionen Euro neue Gefängnisse bauen, doch bezweifeln Menschenrechtsaktivisten, dass sie damit das Problem lösen wird. Nach ihrer Ansicht wären Maßnahmen zur Prävention wichtiger. (afp)



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