Szenario Gefängnis: Wäre Oscar Pistorius privilegiert?

Johannesburg (dpa) - Auch wenn Oscar Pistorius am Ende wirklich ins Gefängnis muss - die Entscheidung über eine Berufung steht noch aus -, würde er wohl kein Gefangener wie jeder andere sein. Verglichen mit anderen Häftlingen würde er ein…
Titelbild
Oscar Pistorius.Foto: Getty Images
Epoch Times21. Oktober 2014

Wegen der fahrlässigen Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp ist Südafrikas Paralympics-Star Oscar Pistorius zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Richterin Thokozile Masipa verkündete das Strafmaß am Dienstag in Pretoria.

Außerdem verurteilte sie Pistorius zu drei Jahren Haft wegen rücksichtsloser Benutzung einer Waffe. Dieser Teil der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Beide Seiten können gegen die Entscheidung noch Berufung einlegen. Sie haben dafür bis zu zwei Wochen Zeit. Ein Berufungsverfahren würde die Vollstreckung der Gefängnissrafe bis zur Entscheidung durch das Oberste Gericht Südafrikas aussetzen.

Die Anklage hatte zuvor eine mindestens zehnjährige Haftstrafe verlangt. Die Verteidigung hatte gefordert, dem 27-jährigen Behindertensportler wegen aufrichtiger Reue das Gefängnis zu ersparen und ihm lediglich Hausarrest aufzuerlegen.

Pistorius hatte seine 29-jährige Freundin in der Valentinsnacht 2013 durch eine geschlossene Toilettentür seiner Villa bei Pretoria erschossen. Vor Gericht beteuerte er später, die Person hinter der Tür für einen Einbrecher gehalten zu haben.

Die Richterin akzeptierte diese Erklärung des beinamputierten Sportlers und wies die Mordanklage der Staatsanwaltschaft zurück. Stattdessen befand sie ihn am 12. September lediglich der fahrlässigen Tötung schuldig.

„Pistorius könnte in einem Krankenhaustrakt des Gefängnisses untergebracht werden"

Auch wenn Oscar Pistorius am Ende wirklich ins Gefängnis muss – die Entscheidung über eine Berufung steht noch aus -, würde er wohl kein Gefangener wie jeder andere sein. Verglichen mit anderen Häftlingen würde er ein recht komfortables Leben führen, meinen Experten.

Aller Wahrscheinlichkeit nach würde der 27-jährige Sportstar seine Strafe in einem Gefängnis in oder nahe der Hauptstadt Pretoria absitzen, wo er lebt, sagt der Kapstädter Strafrechtler Lovell Fernandez. Er hält Privilegien wie besseres Essen oder Sportmöglichkeiten für möglich.

„Pistorius könnte in einem Krankenhaustrakt des Gefängnisses untergebracht werden, der deutlich bequemer ist als die normalen Trakte“, sagt der Kapstädter Strafverteidiger Keith Gess. Auch Golden Miles Bhudu von der südafrikanischen Gefangenenorganisation für Menschenrechte ist sich sicher, dass eine wohlhabende Persönlichkeit wie Pistorius eine Vorzugsbehandlung bekäme. „Er wird auf jeden Fall eine eigene Zelle bekommen, separat von den anderen Gefangenen.“ Seine Berühmtheit sowie seine Behinderung würden eine Einzelzelle rechtfertigen, meint Bhudu.

Tatsächlich friste die große Mehrheit der 160 000 südafrikanischen Häftlinge ein Dasein unter erbärmlichen Umständen, sagt der Aktivist. Man finde durchaus bis zu 100 Gefangene in einer Zelle, die eigentlich nur für 40 ausgelegt sei. „Es werden die ganze Zeit Gefangene vergewaltigt. Die Aufseher werden bestochen, damit sie wegschauen und behaupten, es habe sich um einvernehmlichen Sex gehandelt“, sagt Bhudu. „Einflussreiche Leute haben bessere Haftbedingungen“, meint der Aktivist.

Anwalt Gess sagt: „Wenn man Geld hat, ist das Leben im Gefängnis deutlich einfacher. Gefangene sind dann in der Lage, einen Fernseher zu bekommen, Brathähnchen, Whisky und einige hatten auch schon Partys.“

Die Justizvollzugsbehörden wollten sich vor dem Urteil nicht zu möglichen Haftbedingungen des Angeklagten äußern. Allerdings hat der Pistorius-Prozess als solcher bereits ein Schlaglicht auf die Privilegien der Reichen geworfen, findet Strafrechtsprofessor Stephen Tuson. Nicht nur, dass der Sportstar in der Lage war, eine Kaution von umgerechnet gut 70 000 Euro zu bezahlen und sich die besten Anwälte zu leisten. Der Prozess habe der Welt auch ein gut funktionierendes Rechtssystem gezeigt, das keineswegs der Realität in südafrikanischen Gerichten entspreche. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion