„Partei der Arbeiterklasse“ oder der „Desperate Housewives“? US-Republikaner streiten über zukünftige Strategie

Die Verluste der Republikaner bei den Zwischenwahlen 2018 hielten sich zwar in Grenzen, dennoch haben sie einige frühere Hochburgen eingebüßt. Dies löst nun eine Strategiedebatte aus: Ex-Bush-Berater Karl Rove plädiert dafür, die Vorstädte zurückzugewinnen, Trump-Republikaner wollen eine stärkere „sozial-patriotische“ Ausrichtung.
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MAKE AMERICA GREAT AGAIN - MAGA bewährter Slogan von US-Präsident Donald TrumpFoto: Evan Vucci/AP/dpa
Von 21. November 2018

Die Zugewinne der Demokraten bei den Zwischenwahlen 2018, die ihnen die Rückeroberung der Mehrheit im Repräsentantenhaus ermöglichten, fielen geringer aus als die der jeweiligen nicht den Präsidenten stellenden Partei bei den meisten anderen Zwischenwahlen seit 1945.

Obwohl die Republikaner im Senat, wo die Demokraten vor allem für ihre Auftritte während der Kavanaugh-Hearings abgestraft wurden, Sitze hinzugewinnen konnten, werden sie derzeit von einer Strategiedebatte mit Blick auf die Wahlen 2020 heimgesucht. Der Grund dafür: Die Partei hat vor allem in früher solide republikanischen Vorstädten Stimmen verloren – und dabei vor allem unter weiblichen Wählern.

Der langjährige Chefberater Karl Rove, der unter anderem zwei erfolgreiche Wahlkampagnen für den früheren Präsidenten George W. Bush geleitet hatte, sieht die Chancen der Republikaner gefährdet, sollten die Vorstädte – lange Zeit Sinnbild für den Lebenstraum amerikanischer Mittelklassefamilien – weiter wegbrechen. Er gibt Donald Trump, dessen Stil und dessen Prioritäten die Schuld an der Entwicklung. Trumps provokatives Verhalten und raue Rhetorik habe mehr geschadet als die positive Wirtschaftsentwicklung genutzt habe.

„Wir müssen uns Sorgen über das machen, was in den Vorstädten passiert“, meinte Rove bei einer Podiumsdiskussion des Washington Examiner. „Wir sind in den Vorstädten von Dallas unter die Räder gekommen, in Houston, in Chicago, in Denver – und man sieht, es gibt ein Muster –, in Detroit, in Minneapolis, in Orange County. […] Wenn wir die Vorstädte verlieren, hat uns das etwas zu sagen. Wir können diese Leute nicht einfach ersetzen, indem wir Farmland und den Iron Range in Minnesota einsammeln, denn, um ehrlich zu sein, gibt es mehr Wachstum in Vorstadtgebieten als in ländlichen.“

Trump mobilisiert Landbevölkerung, Demokraten gewinnen die Städte

Trump hat auch bei den Kongresswahlen einen enormen Anstieg der Wahlbeteiligung in Kleinstädten und ländlichen Territorien bewirkt. Bereits im Jahr 2016 half ihm das, trotz eines deutlichen Vorsprungs seiner Gegenkandidatin Hillary Clinton bei den landesweiten Gesamtstimmen (Popular Vote), eine deutliche Mehrheit im Wahlmännerkollegium (Electoral College) zu sichern. Diesmal half der Trump-Effekt den Republikanern, entscheidende Senatswahlen in Indiana, Missouri, North Dakota und Florida für sich zu entscheiden.

Während Trumps Strategie des Kulturkampfes und Themen wie Grenzsicherheit oder Recht auf Waffenbesitz dort die Massen elektrisiert, hatte sich bereits 2016 eine Underperformance in den Vorstadtgebieten der Metropolen abgezeichnet. Allerdings hatten die Ergebnisse damals noch ausgereicht, um Schlüsselstaaten wie Florida für Trump zu halten und eine Mehrheit in beiden Häusern sicherzustellen.

Darel E. Paul, ein Professor für Politikwissenschaften am Williams College in Williamstown, Massachusetts, bewertet die Entwicklung anders als Rove und hält nicht viel von dessen Forderung, Trump solle in entscheidenden Bereichen eine politische Kehrtwende vollziehen.

Selbsthass statt Stolz in den Mittelschichten?

Er schreibt auf „First Things“, die Demokraten seien zur „Partei der Reichen“ geworden und die Republikaner sollten daraus ihre Konsequenzen ziehen. Waren zuvor die reichsten 15 Prozent aller Stimmbezirke im Land zwischen Republikanern und Demokraten im Verhältnis 28:38 aufgeteilt, sei es seit den jüngsten Zwischenwahlen so, dass 20 der 22 reichsten Bezirke an die Demokraten gehen und von den 66 Bezirken mit dem höchsten Medianeinkommen mindestens 54 von Demokraten repräsentiert werden [in zwei Fällen stand noch kein Ergebnis fest]. Ohne die reichsten 15 Prozent aller Bezirke hätten die Republikaner auch im Repräsentantenhaus eine deutliche Mehrheit. Zudem gelte: Je reicher eine Stadt ist, umso weiter rückte sie nach links.

Die Demokraten seien nach den Midterms die Partei der Reichen – während sie weiterhin auch von den Ärmsten gewählt werden, zumindest solange es sich dabei nicht um Weiße handelt. Die Demokraten stünden vor der Herausforderung, diesen Spagat zu meistern. In der Obama-Ära wäre es ihre Strategie gewesen, in gesellschaftspolitischen Fragen wie „Homo-Ehe“, Abtreibung oder Transgenderismus die reichen Eliten zufriedenzustellen, während sie versuchte, die weniger Wohlhabenden mit ausgabenintensiven Sozialprogrammen bei der Stange zu halten. Die Vorstädte versuchte man zu halten, indem man das Zielpublikum für neue und zusätzliche Steuern auf jene Reichen eingrenzte, die eine Steuererhöhung kaum spüren – also Haushalte mit einem Jahreseinkommen von 200 000 US-Dollar aufwärts.

In den Vorstädten dürfte sich auch der Einfluss jahrzehntelanger kulturmarxistischer „Bewusstseinsarbeit“ bezahlt gemacht haben. Wie der Publizist Dinesh D’Souza in seinem Buch „America – Imagine A World Without Her“ dargelegt hatte, war es eine Strategie der Kulturrevolutionäre seit den 1960er Jahren, vor allem in den Mittelschichten Selbsthass zu säen und die traditionellen amerikanischen Mittelklassewerte als „rückständig“ oder Ausdruck eines „weißen Privilegs“ zu brandmarken. Auch Hollywood hat dazu seinen Beitrag geleistet, wie Filme nach Art von „American Beauty“ oder TV-Serien wie „Desperate Housewives“ illustrieren.

Weg von Alt-Right und Millionären – stärkerer Fokus auf den „kleinen Mann“

Darel E. Paul hingegen sieht in Trumps Gewinner-Strategie von 2016, die zuvor bereits republikanische Kandidaten wie Rick Santorum skizziert hatten, auch den künftigen Erfolgsweg. Die Republikaner sollten demnach zur „Partei der Arbeiterklasse“ werden. Nicht mehr Steuersenkungen für Millionäre oder Referenzen an Extremisten aus der Alt-Right sollten das Bild der Partei in der Zukunft prägen, sondern eine Politik, die allen amerikanischen Arbeitern helfe: Investitionen in die Infrastruktur, Drosselung des Zustroms illegaler und ungelernter Einwanderer und eine bessere Absicherung vor Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder Altersarmut über Medicaid und die Sozialversicherung.

Immerhin hätten die Wähler in drei tief republikanischen Staaten bei Volksabstimmungen für eine Ausweitung von Medicaid gestimmt – ein aus öffentlichen Mitteln unterhaltenes Gesundheitsfürsorgeprogramm für Personenkreise mit geringem Einkommen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen in den USA.

Für Darel E. Paul steht fest: „Es reicht, wenn es eine Partei der Reichen gibt.“

 



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