Israel: Referendum über Netanjahus Zukunft als Ministerpräsident

Netanjahu, von seinen Anhängern als "König Bibi" verehrt, hatte dank der Unterstützung kleinerer rechtsgerichteter und religiöser Parteien nach der Wahl im April den Regierungsauftrag erhalten. Die Koalitionsverhandlungen scheiterten aber und so entscheiden die rund 6,3 Millionen Stimmberechtigten nun erneut darüber, ob die Ära Netanjahu endet oder ob sich der 69-Jährige ein fünftes Mandat sichern kann. 
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Benjamin NetanjahuFoto: THOMAS COEX/AFP/Getty Images
Epoch Times16. September 2019

Israel hat am Dienstag erneut die Wahl zwischen dem langjährigen Regierungschef Benjamin Netanjahu und seinem Herausforderer Benny Gantz. Nachdem die Likud-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten und Gantz‘ Liste Blau-Weiß bei der Parlamentswahl im April gleichauf lagen, zeichnet sich letzten Umfragen zufolge auch bei der bevorstehenden Neuwahl ein enges Rennen ab.

Netanjahu, von seinen Anhängern als „König Bibi“ verehrt, hatte dank der Unterstützung kleinerer rechtsgerichteter und religiöser Parteien nach der Wahl im April den Regierungsauftrag erhalten. Die Koalitionsverhandlungen scheiterten aber und so entscheiden die rund 6,3 Millionen Stimmberechtigten nun erneut darüber, ob die Ära Netanjahu endet oder ob sich der 69-Jährige ein fünftes Mandat sichern kann.

Netanjahu, der mit insgesamt gut 13 Jahren an der Regierungsspitze der am längsten amtierende Ministerpräsident Israels ist, könnte auch der erste amtierende Regierungschef werden, gegen den die Justiz Anklage erhebt. Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit strebt ein Verfahren wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs gegen Netanjahu an. Die erste Vernehmung Netanjahus ist für den Oktober geplant. Der Regierungschef, der alle Anschuldigungen kategorisch zurückweist, spricht von einer „Hexenjagd“.

Ex-General Gantz präsentiert sich als Gegenentwurf zum langjährigen Regierungschef. Er will nach eigener Aussage die Ehre des Ministerpräsidentenamts wieder herstellen, die er durch die Affären um Netanjahu befleckt sieht. „Wir werden ihn besiegen“, sagte Gantz in einem TV-Interview. Er trete an, um das Land zu ändern, „und Bibis Ende ist eine notwendige Voraussetzung dafür“.

Der Chef der Liste Blau-Weiß verkörpert die von zahlreichen Wählern ersehnte Alternative zu Netanjahu. In sozialen Fragen gibt er sich liberal. Doch in der sicherheitspolitischen Ausrichtung sind die Unterschiede zwischen Gantz und Netanjahu kaum erkennbar. Beide konkurrieren um Wähler der rechten Mitte.

Netanjahu verwies im Wahlkampf auf seine engen Beziehungen zu US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin. In den letzten Tagen des Wahlkampfs bestimmte Netanjahu die Schlagzeilen, indem er ankündigte, nach einem möglichen Wahlsieg „sofort“ das Jordantal im besetzten Westjordanland zu annektieren. Am Sonntag erklärte Netanjahus Regierung dann, sie erkenne die ohne Genehmigung errichtete israelische Siedlung Mewoot Jericho an. Sie liegt in unmittelbarer Nähe der größten arabischen Stadt im Westjordanland, Jericho.

Umfragen zufolge können Netanjahus Likud und Gantz‘ Liste Blau-Weiß jeweils mit 32 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset rechnen. Die Rolle des Königsmachers bei der Bildung einer Koalition könnte dann erneut die laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman zufallen, der rund zehn Mandate vorausgesagt werden. Im April scheiterte die von Netanjahu angestrebte Koalition am Widerstand Liebermans, der eine Zusammenarbeit mit ultraorthodoxen Parteien ablehnt.

Auch ein Regierungsbündnis des Likud und der Liste Blau-Weiß sei unter bestimmten Bedingungen denkbar, sagt die Politikwissenschaftlerin Gajil Talshir von der Hebräischen Universität in Jerusalem. (afp)



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