Regierungskritiker in Saudi-Konsulat in Istanbul verschwunden – Türkei bestellt Botschafter ein

Nach dem Verschwinden des saudiarabischen Journalisten und Dissidenten Jamal Khashoggi in Istanbul hat die Türkei den Botschafter von Saudi-Arabien einbestellt.
Titelbild
Saudi-Konsulat in Istanbul, Türkei.Foto: OZAN KOSE/AFP/Getty Images
Epoch Times4. Oktober 2018

Nach dem Verschwinden des saudiarabischen Journalisten und Dissidenten Jamal Khashoggi in Istanbul hat die Türkei den Botschafter des wahhabitischen Königreichs einbestellt.

Wie ein türkischer Diplomat am Donnerstag mitteilte, bestellte das Außenministerium in Ankara den Gesandten am Mittwochnachmittag zum Gespräch ein. Khashoggi war am Dienstag in das Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul gegangen und nicht wieder aufgetaucht.

Die saudiarabischen Behörden erklärten am Donnerstag, Khashoggi sei erst nach Verlassen des Konsulats verschwunden. Sie bemühten sich zusammen mit den türkischen Behörden, die Umstände seines Verschwindens zu klären, „nachdem er das Konsulatsgebäude verlassen hat“. Der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin sagte dagegen, der Journalist befinde sich laut den ihm vorliegenden Informationen weiter in dem Gebäude.

Der 59-jährige Khashoggi, der unter anderem Meinungsbeiträge für die „Washington Post“ schreibt, war am Dienstagmittag in das Konsulat gegangen. Der bekannte Kritiker von Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman benötigte Papiere, um seine türkische Verlobte Hatice A. heiraten zu können. Diese forderte Informationen über seinen Verbleib, nachdem sie stundenlang vor dem Konsulat ausgeharrt hatte.

Die „Washington Post“ äußerte sich alarmiert über das Verschwinden des Journalisten. Das US-Außenministerium erklärte, es bemühe sich um weitere Informationen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) forderte von den türkischen und saudiarabischen Behörde umgehend die Klärung von Khashoggis Verbleib, während das International Press Institute (IPI) Saudi-Arabiens König Salman zu seiner Freilassung aufrief.

Der frühere Regierungsberater Khashoggi war im September 2017 aus Furcht vor einer Festnahme ins US-Exil gegangen. Er hatte wiederholt die Politik des mächtigen Kronprinzen bin Salman sowie die Militärintervention des Königreichs im Jemen kritisiert. Bin Salman hat zwar weitreichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Reformen eingeleitet, doch zugleich die Repression gegen Kritiker und Oppositionelle verschärft.

Khashoggi ist ein Veteran des Journalismus in Saudi-Arabien. Während des Afghanistan-Konflikts in den 80er Jahren interviewte er wiederholt den späteren Al-Kaida-Führer Osama bin Laden. Wegen seiner Ansichten musste er als Chefredakteur der angesehenen Zeitung „Al-Watan“ abtreten, bevor er für Prinz Al-Walid bin Talal den Nachrichtensender Al-Arab in Bahrain aufbaute, der jedoch nach nur einem Tag wieder geschlossen wurde.

Im März hatte Khashoggi in einem Beitrag im britischen „Guardian“ geschrieben, dem saudiarabischen Kronprinz bin Salman gebühre Lob für sein Reformprogramm. „Zugleich aber hat der schroffe und ruppige Erneuerer keine offene Debatte erlaubt oder befördert“, schrieb er. Von dem alten religiösen Extremismus führe er das Land zu einem „Ihr-müsst-meine-Reformen-akzeptieren-Extremismus“, und lasse Kritiker festnehmen oder verschwinden. (afp)



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