Brasilien: Rousseff verliert Abstimmung zur Amtsenthebung

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat die Abstimmung verloren, ihr droht die Amtsenthebung. Der Iniitiator und Nachfolger Michel Temer ist umstritten und hat keinen Rückhalt. Die Brasilianische Regierung besteht aus 594 Abgeordneten - insgesamt laufen gegen etwa 350 Abgeordnete und Senatoren Anklagen und Ermittlungen. Die Rufe nach Neuwahlen werden lauter, das Volk sagt: "Weg mit ihnen allen".
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Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff droht die Amtsenthebung. Bei einer Abstimmung über die politische Zukunft der Präsidentin war die Mehrheit der Abgeordneten gegen sie.Foto: Fernando Bizerra Jr./dpa
Epoch Times18. April 2016

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff droht die Amtsenthebung. Die Regierung hatte bis zuletzt versucht, einzelne Abgeordnete auf ihre Seite zu ziehen. 367 Abgeordnete votierten am Ende für die Amtsenthebung, 137 dagegen.

Die Frage der Amtsenthebung wird nun im Oberhaus des Senats diskutiert. Wenn mehr als 50 Prozent der Senatoren diese unterstützen, wird Rousseff für 180 Tage suspendiert. In der Zeit prüft der brasilianische Gesetzgeber ihren Fall.

Während dieser Zeit wird Brasilien von Vizepräsident Michel Temer geführt. Wenn die Senatoren mit den Argumenten der Amtenthebung nicht einverstanden sind, kehrt Rousseff zu ihrem Posten zurück. Wenn sie für schuldig befunden wird, bleibt Temer bis zu den Wahlen 2018 Präsident. 

Michel Temer von der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) hatte mit dem Bruch der Koalition den Niedergang Rousseffs initiiert – er will eine Regierung ohne die seit 2003 regierende linke Regierung bilden. Eine Umfrage des Instituts Datafolha zeigt, dass auch Michel Temer, der Strippenzieher, keinen Rückhalt hat. 61 Prozent sind für die Absetzung Rousseffs, aber 58 Prozent auch für die Amtsenthebung Temers. Und 79 Prozent sind für Neuwahlen. 

Anklagepunkte gegen Rousseff sind Tricksereien beim Staatshaushalt sowie öffentliche und Kreditvergaben ohne Zustimmung des Kongresses.

Aber einige dieser Dekrete wurden von Temer unterzeichnet. Peinlich war für ihn eine WhatsApp-Panne. Aus Versehen geriet über den Mitteilungsdienst der Entwurf einer Rede an das Volk in Umlauf, für den Fall, dass er an die Staatsspitze rückt.

Das Volk sagt: "Weg mit ihnen allen"

Das Land ist tief gespalten, ein extra aufgebauter Metallzaun trennt im Regierungsviertel in Brasília demonstrierende Gegner und Anhänger der Regierung. Die Abgeordnetenkammer spiegelt diese Spaltung eindrucksvoll. Tumultartige Szenen, „Arbeiterpartei raus“-Rufe, jede Ja-Stimme für den Sturz Rousseff wird bejubelt. Aber längst sagt eine wachsende Zahl der Bürger: „Fora todos eles“ – „Weg mit ihnen allen“.

Der Ruf nach Neuwahlen wird immer lauter – die ganze politische Klasse ist hoffnungslos diskreditiert. Gegen über 50 Politiker wird oder wurde im Zuge des Schmiergeldskandals bei Auftragsvergaben des halbstaatlichen Petrobras-Konzerns ermittelt, bis hin zum 2014 Rousseff in der Stichwahl unterlegenen Sozialdemokraten Aecio Neves.

Bei 594 Abgeordneten laufen gegen 350 Abgeordnete und Senatoren Anklagen und Ermittlungen

Es gibt derzeit keinen Hoffnungsträger für einen Neuanfang. Von den 594 Mitgliedern des Abgeordnetenhauses (513) und des Senats (81) gibt es gegen rund 350 Anklagen und Ermittlungen, bis zu einem Morddelikt.

Rousseffs persönlicher Kabinettschef Jaques Wagner meinte, mit dem Votum würden „30 Jahre Demokratie unterbrochen“. „Das ist ein trauriges Kapitel“. Rousseff sei 2014 von 54 Millionen Menschen gewählt worden und es gebe keinerlei kriminellen Akt, der ihr nachgewiesen werden könne, betonte Wagner nach Angaben des Portals „O Globo“.

Daneben hat der parteiübergreifende Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Petrobras-Konzern den Widerstand verschärft, ebenso die ökonomische Krise. Die Wirtschaft brach 2015 um 3,8 Prozent ein, die Arbeitslosenzahl ist auf 9,6 Millionen gestiegen. Die Regierung bekam zuletzt kaum noch Reformen durchgesetzt – weil die einstige Neun-Parteien-Koalition zerbröselt ist. Da aber auch Temer wenig Vertrauen genießt, wurde zuletzt der Ruf nach Neuwahlen immer lauter. (dpa)



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