Russische Föderation: Gelassenheit gegenüber dem Coronavirus – trotz der Nähe zu China

Erst drei bestätigte Verdachtsfälle des Coronavirus soll die Russische Föderation aufweisen, und zwei Betroffene davon seien Staatsangehörige der VR China. Die Regierung hat weitreichende Maßnahmen gesetzt. Skeptiker gehen jedoch von einer höheren Dunkelziffer aus. 
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Die Angst vor dem Coronavirus scheint in Russland gemäßigt zu sein.Foto: ALEXANDER NEMENOV/AFP via Getty Images
Von 4. März 2020

In der Russischen Föderation scheint bis dato noch wenig Unruhe in der Bevölkerung in Anbetracht der Bedrohung durch das Coronavirus zu herrschen. Obwohl das Land eine mehr als 4000 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit der VR China aufweist und deren Bedeutung als Wirtschaftspartner seit der Ukrainekrise und der EU-Sanktionen stetig zunimmt, überwiegt demonstrative Gelassenheit.

Zwar hat es in den vergangenen Wochen einige Negativschlagzeilen gegeben. Sie reichten von vereinzelten Patienten, die nach dem Auftreten eines Verdachtsfalles aus der Quarantäne geflohen waren, über eine drohende langjährige Haftstrafe für einen makabren U-Bahn-Streich bis hin zu russischen Medien, die das Virus und seine Verbreitung als vermeintliche US-amerikanische Verschwörung dargestellt hatten.

Erster Fall von Coronavirus betraf Italien-Urlauber

Hingegen gibt es bis dato erst drei bestätigte Fälle einer nachgewiesenen Infektion mit dem Coronavirus, bei einem davon handelte es sich um einen Urlauber, der aus Italien zurückgekehrt sei. Zwei chinesische Staatsbürger, die in Russland als infiziert ins Krankenhaus eingeliefert und dort behandelt wurden, sind der „South China Morning Post“ zufolge mittlerweile wieder entlassen worden. Auch das Robert-Koch-Institut nennt die Zahl von lediglich drei Infizierten. Es gibt keine Hamsterkäufe, Massenveranstaltungen finden planmäßig statt, überwältigende Mehrheiten geben in Meinungsumfragen – von regierungsnahen ebenso wie eher kremlkritischen Instituten – an, keine Angst vor dem Coronavirus zu haben.

Wie „Radio Free Europe/Radio Liberty” berichtet, klagte einer der genannten Betroffenen, Wan Yunbin, ein chinesischer Staatsangehöriger, er habe von seiner Diagnose erst aus den Medien erfahren. Zuvor sei er, nachdem er an einer Infektion erkrankt sei, im Fernen Osten Russlands in ein Krankenhaus gegangen. Dort sei ihm an sechs von sieben Tagen seines Aufenthalts Blut abgenommen worden, ehe er entlassen worden sei. Erst später hätten Medien ein Bild von ihm mit seiner Frau und seinem Kind gezeigt. Die hygienischen Zustände in dem Krankenhaus seien zudem mangelhaft gewesen.

Russische Föderation schließt Grenzen zu VR China

Bereits am 31. Januar hatte die Russische Föderation alle offiziellen Grenzübergänge zur VR China auf dem Landweg geschlossen, am 3. Februar wurden die Zugverbindungen eingestellt. Für die Tourismusindustrie ist das ein herber Schlag, da allein bis zum Ende des dritten Quartals des Jahres 2019 nicht weniger als 1,3 Millionen chinesischer Touristen Russland besucht hatten. Mittlerweile gilt sogar ein befristetes Einreiseverbot für Bürger der VR China.

Chinesische Studenten müssen bis auf Weiteres in ihrer Heimat bleiben, diplomatische Vertretungen der Russischen Föderation im China nehmen keine Visaanträge an. Nur noch Transitreisende über ausgewählte Flughäfen dürfen derzeit von China aus russischen Boden betreten.

Auch was die eigenen Bürger anbelangt, greift man in Russland zu weitreichenden Maßnahmen. Wärmebildkameras überwachen Flughäfen und Bahnhöfe, in Kindergärten und Schulen wird täglich Fieber gemessen. Fluggäste aus Risikogebieten werden schon bei der Einreise einem intensiven medizinischen Check unterzogen. 

Einfache Russen behandeln sich oft selbst mit Hausmitteln

Pawel Brand, der eine Reihe von Privatkliniken leitet, mutmaßt gegenüber der „Welt“ jedoch, dass es eine noch nicht entdeckte Dunkelziffer an Infektionen mit dem Coronavirus auch in Russland geben könnte. Dafür spreche neben der geografischen Nähe zu China und der Bevölkerungsgröße auch, dass das staatliche Gesundheitssystem nicht flächendeckend die gleiche Qualität biete.

Es gäbe in Moskau nur ein Krankenhaus, das freiwillige Tests ermögliche, Privatkliniken dürften entsprechende Untersuchungen gar nicht vornehmen. Es sei ohne Weiteres denkbar, dass Todesfälle unter älteren Menschen mit zuvor schon geschwächtem Immunsystem gar nicht erst weiter auf einen Zusammenhang mit dem Coronavirus untersucht würden. Und diese Personengruppe gilt als die am meisten gefährdete, was einen möglichen letalen Verlauf anbelangt.

Einfache Russen, vor allem auf dem Land, begeben sich zudem häufig erst gar nicht in die staatlichen Krankenhäuser der nächstgelegenen Städte. Sie schwören auf Hausmittel und über Generationen hinweg überlieferte Gesundheitstipps. Allerdings erstreckt sich die wenig ausgeprägte Reiselust dort auch auf Urlaubs-Fernreisen, was bezüglich der Wahrscheinlichkeit unentdeckter Corona-Infektionen auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen könnte.



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