Schwarz und Weiß

Darfur-Krise: Interview mit Jane Wales, Vorstandsvorsitzende des World Affairs Council
Titelbild
Auf der Suche nach Feuerholz. (Foto: Cris Bournoncle/Getty Images)

Obwohl die Flüchtlingslager von Goz Beida und Gassire im östlichen Tschad von den USA weit entfernt sind, bringt uns eine Aktivistin aus San Francisco zum Schauplatz der weltweit größten humanitären Bemühungen, wo die internationale Gemeinschaft versucht, jene zu versorgen und zu schützen, die vom Aufruhr betroffen sind.
Jane Wales, Präsidentin und Vorstandsvorsitzende des World Affairs Council von Nordkalifornien und Mitglied der Elders Alliance, kehrte vor kurzem von einer Reise in den östlichen Tschad zurück, wo sie Flüchtlinge aus Darfur, dem Sudan und Vertriebene aus dem Tschad traf, um direkt mit den vom Konflikt am meisten Betroffenen
zu sprechen.

Gegenwärtig versuchen international prominente Persönlichkeiten wie der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu, der frühere US-Präsident Jimmy Carter oder der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan – alle Mitglieder der Elders Alliance – ihren Einfluss in dieser kritischen Zeit auszuüben. Friedensgespräche sollen in Libyen beginnen und eine gemeinsame Mission der Afrikanischen Union (AU) und der UN soll im Sudan und im benachbarten Tschad spätestens diesen Monat begonnen werden.

Jane Wales war vor Ort im Sudan. (Jane Wales war vor Ort im Sudan. (Foto: privat)

Der Konflikt im Sudan begann, als ethnisch afrikanische Rebellen gegen Diskriminierung durch die arabisch dominierte Regierung in Khartum (Sudan) revoltierten. Der Konflikt wandelte sich zu einem Massaker, als die sudanesische Regierung Militär einsetzte und bewaffnete arabische Janjaweed-Milizen losschickte, um die Rebellion niederzuschlagen. Hunderte von ethnisch afrikanischen Dörfern wurden niedergebrannt und laut Berichten mehr als 200.000 Zivilisten getötet. The Epoch Times sprach mit Jane Wales. Im Folgenden ein Teil dieses Interviews:


ET: Was war der Zweck der Elders Alliance, den östlichen Tschad Anfang September zu besuchen?

Jane Wales: Unser Plan war Informationen zu sammeln und zu helfen, das Fundament für die Elders Oktobermission in Darfur (Sudan) zu legen. Wir besuchten das Nachbarland Tschad und vor allem den östlichen Tschad, weil dort die Flüchtlingslager sind – von Menschen, die gezwungen wurden, ihr Land zu verlassen. Die Flüchtlingslager werden von den Vereinten Nationen beschützt und die Flüchtlinge, hauptsächlich Frauen und Kinder, finden dort Sicherheit, kleine Mengen an Nahrung und Wasser. Krankheiten greifen dort jedoch stark um sich. Wir trafen diese Gemeinschaft und unsere Hoffnung war, Verständnis für ihre Bedürfnisse zu gewinnen und eine Verbindung zwischen den Krisen im Sudan und dem Tschad herzustellen.

ET: Welche sind die größten Bedürfnisse der Flüchtlinge aus Darfur?

Jane Wales: Sicherheit steht über allem anderen. Wenn Frauen das Lager am frühen Morgen verlassen um Feuerholz zu suchen, werden sie von Banditen und undisziplinierten Elementen der tschadischen Armee sowie von Milizen aus dem Tschad und Milizsoldaten angegriffen, die über die Grenze von Darfur kommen. Es ist eine Notwendigkeit, Feuerholz zu haben, um kochen zu können. Einige Flüchtlinge werden auch in ihren Hütten angegriffen, aber im Großen und Ganzen geschieht dies, wenn sie das Lager verlassen. Jedes Mal, wenn sie das Lager verlassen, sind sie in großer Gefahr. Frauen, die Opfer von Vergewaltigung und geschlechtsbezogener Gewalt sind, erzählen Geschichten von Brutalität, da die meisten die Morde an ihren Ehemännern und Kindern miterleben mussten – sogar die Enthauptung eines Säuglings – und anschließend von mehreren Tätern vergewaltigt wurden. Diese Frauen wurden nach dem schrecklichen Geschehen sich selbst überlassen. Nach dem sudanesischen Gesetz werden Vergewaltigung und Ehebruch als ein und dasselbe betrachtet, sodass sie wegen dieser Diskriminierung nicht mehr heiraten können.

ET: Nach dem Besuch im Tschad reiste die Delegation nach Paris, Berlin und London. Welche Botschaft können Sie den Führern der internationalen Gemeinschaft übermittelen?

Jane Wales: Eine den Frieden durchsetzende Entwicklung ist absolut notwendig in Darfur. Außerdem muss das Konzept der Machtdefinition zwischen der Afrikanischen Union und der UN schnellstens umgesetzt werden. Aber wenn man das ohne Friedenskräfte im Tschad tun will, ist alles, was erreicht werden kann, lediglich eine Verlagerung des Konflikts von einem Ort an einen anderen. Der Konflikt zieht einfach von Darfur in den Tschad. Es ist wie einen Ballon zu drücken – wir werden den Ballon im Sudan drücken, aber er wird sich in den Tschad ausweiten. Es bedarf eines gleichzeitigen Einsatzes im Tschad. So haben wir Führer von Regierungen der Europäischen Union besucht um zu fragen, ob sie bereit seien, ihre eigene Schutzmacht für den Schutz der Menschen im Tschad einschließlich der Flüchtlinge aus Darfur bereit zu stellen. Wir trafen auf ein äußerst verständnisvolles Publikum mit einem außergewöhnlichen Pflichtgefühl und großer Besorgnis über diese Situation.

ET: China ist der größte Handelspartner und kauft 60 Prozent vom exportierten Öl des Sudans. China ist auch, wie berichtet wurde, Sudans größter Waffenlieferant. Mitglieder der Elders Alliance trafen sich laut einem Bericht mit Peng Yijun, dem dritten Botschaftssekretär und Zhang Lirong, Berater der chinesischen Botschaft in London, aber die chinesischen Beamten zeigten kein Verständnis für die Bemühungen der Elders Alliance. Wie war die Haltung der chinesischen Beamten zur gegenwärtigen Situation?

Jane Wales: Die Besprechung fand in London ohne mich statt, weil ich nach San Francisco zurückfliegen musste. Sie sagten meinen Kollegen, dass sie die Friedenstruppe im Sudan unterstützen, was eine Truppe von 200 Soldaten und logistische Unterstützung einschließt. Meine Hoffnung ist, dass sie eine hoch konstruktive Rolle spielen und die Verantwortung übernehmen. Wir sind bei einer Situation angekommen, wo wir nicht mehr nur über einen Konflikt reden, sondern von Massengräueltaten. Es gibt einen Teil gemeinsamer Verantwortung auf Seiten der internationalen Gemeinschaft, für Schutz zu sorgen, wobei China eine sehr wichtige Rolle spielt.

ET: In den USA lebend ist es wirklich schwer sich vorzustellen, was im Sudan geschieht. Was sind Ihre unvergesslichsten Eindrücke aus dieser Region?

Jane Wales: Ich habe erkannt, gleichgültig wo auf der Welt man sich befindet, wenn es dort einen gleichzeitigen Zusammenbruch politischer Sicherheit und finanzieller Institutionen gibt, kehren die Leute zu atavistischen Impulsen zurück. Sie werden hauptsächlich von Angst motiviert, nehmen ihre Zuflucht zu kleinen Gruppen und neigen zum Kampf untereinander. Wenn man diese Art von Zusammenbruch sieht, dann sieht man das Schlimmste in der Menschheit. Aber dies sind auch die Momente, in denen man das Beste erblickt, es gibt Menschen, die über eigene Interessen wie persönliche Sicherheit hinausgehen, und dies sind die Momente, in denen man ebenso gut Heldentum wahrnimmt.

Wir hörten Geschichten über außergewöhnliche Brutalität, die uns wahrlich schockierten, aber wir hörten auch von jenen Frauen, die nicht aufgegeben hatten und der Menschlichkeit nicht ihren Rücken kehrten. Ich war am meisten betroffen von der Stärke und der Zähigkeit der Menschen, die normalerweise durch das, was sie durchgemacht haben, besiegt worden wären. Meine Erkenntnis – obwohl teilweise entsetzlich – ist aber auch eine Botschaft der Hoffnung. Wir sollten diese Menschen, die einige dieser fürchterlichen Grausamkeiten erlitten haben, nicht nur als Opfer betrachten, wir sollten sie auch als Teil einer guten Lösung sehen, als Menschen, die in ein neues, friedlicheres Zentralafrika geführt werden.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Printausgabe Nr. 12



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