Streit um weitere Flüchtlings-Milliarden für die Türkei

Sechs Milliarden Euro hat die EU der Türkei zur Versorgung von Flüchtlingen aus Syrien zugesagt. Drei Milliarden wurden schon überwiesen, über die weiteren Zahlungen wird in der EU nun gestritten.
Titelbild
Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager in Gaziantep (Türkei). ArchivbildFoto: Uygar Onder Simsek/Moku/dpa
Epoch Times6. April 2018

Sechs Milliarden Euro hat die EU der Türkei zur Versorgung von Flüchtlingen aus Syrien zugesagt. Die ersten drei Milliarden Euro sind weitgehend verbraucht, nun streitet die EU seit Wochen über die zweite Hälfte. Ein Überblick:

Warum wurde der Türkei das Geld versprochen?

Die Milliarden sind Teil des Flüchtlingspaktes vom März 2016. Damals hat Ankara zugesichert, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden  Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Dies führte zu einem drastischen Rückgang der Ankunftszahlen in Griechenland. Statt mehr als 850.000 Menschen wie 2015 kamen über diese Route im vergangenen Jahr nur noch knapp 30.000 Flüchtlinge – ein Rückgang um mehr als 96 Prozent.

Wofür wird das Geld verwendet?

Die Türkei hat 3,5 Millionen Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Durch die Hilfen will die EU deren Versorgung sicherstellen – auch um Anreize zu verringern, nach Europa weiterzureisen. Laut EU-Kommission sorgten die ersten drei Milliarden Euro dafür, dass eine halbe Million Kinder zur Schule gehen können und 1,2 Millionen Flüchtlinge monatliche Zahlungen erhalten, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.

Fließt das Geld an die türkische Regierung?

Größtenteils nicht. Von den ersten drei Milliarden Euro gehen 660 Millionen Euro direkt an die türkischen Ministerien, um Projekte für Schulbesuche, Gesundheitsversorgung und die Versorgung von aus Griechenland zurückgebrachten Flüchtlingen zu finanzieren. Der Rest fließt an international tätige Hilfsorganisationen wie das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, die Welthungerhilfe oder auch die staatliche deutsche Entwicklungsgesellschaft GIZ.

Warum werden die Hilfen dennoch kritisch gesehen?

Das massive Vorgehen Ankaras gegen Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan seit dem gescheiterten Militärputsch von Mitte 2016 belasten die Beziehungen zur EU. Die EU hat deshalb bereits die Ausweitung der Beitrittsverhandlungen mit Ankara auf Eis gelegt und Hilfen zur Vorbereitung auf eine EU-Mitgliedschaft gekürzt. Auch die im Zuge des Flüchtlingspakts versprochene Visa-Freiheit für türkische Bürger und die Modernisierung der Zollunion sind blockiert.

Will die EU auch die Flüchtlingshilfen kürzen?

Nein. Denn dann könnte Ankara die Grenzen wieder öffnen und für eine neue Flüchtlingskrise in der EU sorgen. Beim EU-Gipfel im März sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), trotz der Kritik an Ankara stehe die EU zu dem Flüchtlingsabkommen. „Und wir wissen, dass hier eine zweite Tranche von drei Milliarden Euro bereitzustellen ist.“ Dazu hätten sich die Gipfelteilnehmer „auch bekannt“.

Woran hakt es?

An der Finanzierung. Die EU-Kommission will die nächste Tranche wie die erste finanzieren: eine Milliarde Euro soll aus dem EU-Haushalt kommen, zwei Milliarden von den Mitgliedstaaten. Mehrere Regierungen verlangen dagegen, dass die gesamten drei Milliarden Euro von der EU kommen – auch um den Anschein zu vermeiden, sie stützten Ankara mit Geldern aus ihren nationalen Haushalten. Die Kommission fürchtet jedoch, dass ihr dann Mittel etwa für die Flüchtlingspolitik auf der zentralen Mittelmeerroute um Libyen fehlen.

Gibt es Kompromisslinien?

Die Gespräche liefen inzwischen auf „allerhöchster Ebene“, sagt ein Diplomat. Ein Kompromiss sei „in Reichweite“, heißt es aus der Kommission. EU-Vertreter verweisen darauf, dass die Türkei-Milliarden auch Thema bei Gesprächen unter Beteiligung Merkels beim März-Gipfel waren. Dabei sei der Vorschlag diskutiert worden, als Kompromiss eine Aufteilung halbe-halbe anzustreben. Demnach kämen jeweils 1,5 Milliarden Euro von den Mitgliedstaaten und aus dem EU-Budget. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion