Syrische Kurden melden Flucht von hunderten IS-Familien aus Lager

Die türkische Offensive in Nordsyrien hat fast 800 Angehörigen von Kämpfern der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zur Flucht verholfen.
Titelbild
Ein Scharfschütze der mit der Türkei verbündeten Syrischen Nationalarmee zielt mit seiner Waffe von einem Dach in Tall Abjad. Seit Beginn der Offensive wurden nach Zählungen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 52 Zivilisten getötet. Die Angaben über die Zahl der getöteten Kömpfer gehen weit auseinander.Foto: Anas Alkharboutli/dpa/dpa
Epoch Times13. Oktober 2019

Die Offensive der Türkei in Nordsyrien hat nach Angaben der kurdischen Autonomieverwaltung zur Flucht von fast 800 Angehörigen von Kämpfern der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) geführt. 785 Frauen und Kinder flohen demnach am Sonntag aus einem Lager bei Ain Issa, nachdem es in der Nähe türkische Luftangriffe gegeben hatte.

Der Ausbruch aus dem Lager bei Ain Issa bestätigte die Befürchtung der Staatengemeinschaft, dass die tausenden inhaftierten IS-Kämpfer und ihre Angehörigen die türkische Offensive nutzen, um aus kurdischer Haft zu fliehen. International besteht die Sorge, dass der Einsatz gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) den Kampf gegen die IS-Miliz schwächt und der Extremistengruppe erlaubt, sich neu zu formieren.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte verließ ein Teil der Wachen das Lager bei Ain Issa, nachdem es in der Nähe türkische Luftangriffe und Gefechte gegeben hatte. In den kurdischen Gefängnissen in Nordsyrien sind rund 12.000 IS-Kämpfer inhaftiert, darunter bis zu 3000 Ausländer. In Internierungslagern in der Region leben zudem rund 12.000 ausländische Frauen und Kinder.

International wächst seit Tagen die Kritik an der Türkei. In einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag den sofortigen Stopp der Offensive, wie ihre Sprecherin mitteilte. Nachdem mehrere EU-Staaten ihre Rüstungsexporte an Ankara auf Eis gelegt hatten, schränkten am Samstag auch Deutschland und Frankreich ihre Waffenlieferungen ein.

Erdogan griff Deutschland wegen dieser Entscheidung scharf an. „Steht ihr auf unserer Seite oder auf jener der Terrororganisation?“, fragte Erdogan am Sonntag in einer Rede in Istanbul. „Sind wir nicht Verbündete in der Nato, oder ist die Terrorgruppe in die Nato aufgenommen worden, ohne dass ich informiert wurde?“ Alle Sanktionsdrohungen und Waffenembargos würden die Türkei nicht aufhalten können, warnte er.

Unterdessen eroberten die türkische Armee und ihre syrischen Verbündeten die Grenzstadt Tal Abjad und erreichten damit ein wichtiges Etappenziel. Es sei die größte Stadt, die sie seit Beginn der Offensive eingenommen hätten, erklärte die Beobachtungsstelle. Das türkische Verteidigungsministerium teilte mit, auch die wichtige Überlandstraße M-4 rund 30 Kilometer südlich der Grenze sei unter Kontrolle der türkischen Armee.

Bei einem türkischen Luftangriff auf einen Konvoi mit Zivilisten und ausländischen Journalisten in Ras al-Ain wurden zehn Menschen getötet, wie die Beobachtungsstelle meldete. Für Empörung sorgten auch Berichte der Beobachtungsstelle, wonach mit der Türkei verbündete syrische Milizionäre am Samstag in Tal Abjad neun Zivilisten „hingerichtet“ hätten. Nach kurdischen Angaben war darunter auch eine kurdische Politikerin.

Aus Protest gegen die Offensive gingen am Samstag in zahlreichen europäischen Städten zehntausende Menschen auf die Straße. In Deutschland gab es unter anderem in Frankfurt, Köln, Hamburg und Berlin Kundgebungen.  In Stuttgart mischten sich Mitglieder der Antifa unter die protestierenden, was in Folge zu Ausschreitungen führte. In Paris nahmen nach Angaben der Veranstalter mehr als 20.000 Menschen an einer Demonstration teil. Auch in Schweden, Belgien und Zypern fanden Protestaktionen statt. (afp/al)

 



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