„Kann man das Demokratie nennen?“: Oppositionsführer greift Staatschef Erdogan scharf an

Es gebe "weder Recht noch Gerechtigkeit" in der Türkei, sagte der Chef der Republikanischen Volkspartei (CHP) am Samstag bei der Eröffnung des viertägigen Kongresses für Gerechtigkeit.
Titelbild
Kemal KilicdarogluFoto: Chris McGrath/Getty Images
Epoch Times27. August 2017

Zum Auftakt eines Kongresses seiner Partei hat der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu Staatschef Recep Tayyip Erdogan als Despoten kritisiert. Es gebe „weder Recht noch Gerechtigkeit in diesem Land“, sagte der Chef der Republikanischen Volkspartei (CHP) am Samstag bei der Eröffnung des viertägigen Kongresses für Gerechtigkeit in der westtürkischen Provinz Canakkale. Im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP warf er Erdogan einen „Putsch“ gegen die Demokratie vor.

„Es ist meine Aufgabe, mich gegen die Tyrannen vor die Unschuldigen zu stellen“, sagte Oppositionsführer Kilicdaroglu. Es gebe in der Türkei nicht „nur eine Person, sondern 80 Millionen, die nach Gerechtigkeit dürsten“. Der viertägige Kongress seiner Partei CHP ist ein Novum in der Parteigeschichte. Die Veranstaltung findet bei Canakkale auf der Gallipoli-Halbinsel im Westen der Türkei statt.

Die Gegend war im Ersten Weltkrieg Schauplatz blutiger Schlachten zwischen dem Osmanischen Reich und den westlichen Invasionstruppen. In den monatelangen Kämpfen gelang es den osmanischen Truppen unter General Mustafa Kemal Atatürk im April 1915, die Alliierten zum Rückzug zu zwingen. Atatürk gründete acht Jahre später die Türkische Republik. Er genießt als Held des Unabhängigkeitskriegs und Gründer der modernen Türkei bis heute großes Ansehen bei den Türken.

Mit der Wahl von Canakkale als Ort für den Kongress beansprucht Kilicdaroglu die Position der CHP als Erbin Atatürks. Wie bereits bei seinem knapp einmonatigen Marsch durch die Türkei, der Anfang Juli mit einer Großkundgebung in Istanbul endete, stellt Kilicdaroglu das Thema Gerechtigkeit ins Zentrum des Kongresses.

„Kann man das Demokratie nennen?“

In dem AFP-Interview vom Sonntag sagte Kilicdaroglu, die Türkei befinde sich „derzeit in einem Putschprozess“. Erdogan könne „mit nur einem einzigen Dekret Vermögen beschlagnahmen oder aus dem öffentlichen Dienst entlassen“. „Kann man das Demokratie nennen?“, fügte der Chef der Republikanischen Volkspartei (CHP) hinzu.

Kilicdaroglu hob hervor, Erdogans ständige Drohungen gegen ihn zeigten, dass der Präsident „Angst“ vor ihm habe. Auf die Frage, ob er selbst Angst vor einer Festnahme habe, sagte Kilicdaroglu: „Niemals.“ Ob er bei der nächsten Präsidentschaftswahl in der Türkei gegen Erdogan antritt, ließ der CHP-Chef offen. Er kündigte lediglich an, dass der CHP-Kandidat sich gegen „das Ein-Mann-Regime stellen und sich für ein demokratisches parlamentarisches System einsetzen“ werde.

Obwohl die nächsten Parlaments- und Präsidentenwahlen erst im November 2019 stattfinden sollen, versuchen sich Erdogan und die Opposition bereits in Stellung zu bringen. Erdogan hielt zuletzt trotz der Ferienzeit fast täglich Reden, während sich Kilicdaroglu bemühte, die Dynamik des „Marschs für Gerechtigkeit“ aufrechtzuhalten.

Zuletzt war auch eine vorsichtige Annäherung der CHP an die prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) zu beobachten. Die CHP-Führung schickte wiederholt Vertreter zu den „Gerechtigkeitswachen“, die die HDP in den vergangenen Wochen in Diyarbakir, Istanbul und anderen Städten organisierte. Die HDP-Führung rief ihrerseits zur Teilnahme an dem Kongress in Canakkale auf.  (afp)



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