Über 100 Tote nach Protesten: Amnesty beklagt gesetzeswidrige Tötungen im Iran

Von einem entsetzlichen Muster gesetzeswidriger Tötungen im Iran spricht Amnesty International. Die internationale Kritik am Umgang der iranischen Führung mit den Demonstranten nimmt zu.
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Ausgebrannte Tankstelle: Die Wut über die Verteuerung und Rationierung von Benzin im Iran ist groß.Foto: Abdolvahed Mirzazadeh/ISNA/AP/dpa/dpa
Epoch Times20. November 2019

Bei den landesweiten Protesten im Iran gegen höhere Benzinpreise sind nach Informationen von Amnesty International mindestens 106 Menschen in 21 Städten getötet worden.

Dies gehe aus Berichten hervor, die die Organisation erreicht hätten, twitterte Amnesty am Dienstag. Verifiziertes Videomaterial, Aussagen von Augenzeugen und Informationen von Aktivisten außerhalb des Irans offenbarten ein entsetzliches Muster gesetzeswidriger Tötungen durch iranische Sicherheitskräfte.

Die Angaben von Amnesty stehen im krassen Gegensatz zu den Zahlen in staatlich kontrollierten und damit fast amtlichen Medien im Iran. Demnach sollen seit Freitag neun Menschen ums Leben gekommen sein; vier Demonstranten, drei Mitglieder der Revolutionsgarden und zwei Polizisten. Etwa 1000 Menschen seien festgenommen worden.

Zwar sprach die Regierung am Dienstag von einer leichten Beruhigung der Lage, aber die weitgehende Sperrung des Internets den vierten Tag in Folge wurde als Hinweis darauf gedeutet, dass es noch Unruhen und Proteste geben könnte.

Das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Protestler lösten international Kritik und Sorge aus. Das UN-Menschenrechtsbüro rief die Regierung in Teheran am Dienstag dazu auf, mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten. „Proteste dieser Art und dieses Ausmaßes sind ein Zeichen für tiefsitzende und oft begründete Missstände, die nicht einfach beiseite geschoben werden können“, sagte UN-Sprecher Rupert Colville in Genf.

„Wir sind sehr besorgt über die berichteten Verstöße gegen internationale Normen und Standards hinsichtlich der Anwendung von Gewalt, eingeschlossen der Verwendung von scharfer Munition gegen Demonstranten“, so Colville. Er rief die Regierung auch dazu auf, den Zugang zum Internet und zu anderen Kommunikationsformen sofort wiederherzustellen.

Einigen Anführern der Proteste in dem islamischen Land droht einem Bericht der iranischen Zeitung „Kejhan“ zufolge die Todesstrafe. Ihnen sei es nicht um den Protest gegen die drastische Verteuerung und die Rationierung von Benzin gegangen, sondern um Sabotage und Zerstörung, schrieb die Zeitung am Dienstag. Sie gilt als Sprachrohr der Hardliner im Iran. Weder die Justiz noch die Regierung äußerten sich zunächst zu dem Bericht.

Einige der festgenommenen Anführer der Proteste hätten „gestanden“, vom Ausland finanziert, gelenkt und mit Waffen ausgestattet worden zu sein, schrieb „Kejhan“. Die Justiz werde deshalb „im Einklang mit dem Strafgesetz und den islamischen Vorschriften“ die Todesstrafe für sie fordern. Auch die Revolutionsgarden, die dem System besonders loyale Elitetruppe des Landes, drohten, sie würden gegen „Krawallmacher“ hart durchgreifen.

Medienberichten zufolge wurden mehrere Fußballspiele der ersten Liga in Städten im Süden und Nordwesten des Landes abgesagt. Dort sollen die Unruhen besonders heftig sein. Nach Einschätzung von Beobachtern befürchten die Verantwortlichen auch in den Stadien Proteste und Spannungen.

Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch die harten US-Sanktionen gegen das Land ausgelöst wurde. Als Konsequenz daraus hatte die iranische Regierung in der Nacht zum Freitag Benzin rationiert und zugleich die Kraftstoffpreise erhöht, was heftige Proteste auslöste. Die US-Regierung, die es mit einer Politik des „maximalen Drucks“ darauf anlegt, die Regierung in Teheran zu einer Neuverhandlung des internationalen Atomabkommens zu zwingen, hatte die Gewalt der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und die Internetsperre bereits kritisiert. Die Bundesregierung hatte den Protest als legitim bezeichnet und die iranische Führung zur Achtung von Versammlungs- und Meinungsfreiheit aufgefordert. (dpa)

Mostafa Shanechi



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