UN-Gericht: Kolonisation beenden – London muss „schnellstmöglich“ Kontrolle über Chagos-Inseln abgeben

Großbritannien soll endlich die Kontrolle über die Chagos-Inseln im Indischen Ozean abgeben. In ihrer Stellungnahme zu dem jahrzehntelangen Streit befanden die Richter in Den Haag am Montag, Großbritannien habe die Inseln in den 60er Jahren unrechtmäßig von Mauritius abgespalten.
Titelbild
Der weiße Strand auf dem Chagos Atoll im Indischen Ozean.Foto: iStock
Epoch Times25. Februar 2019

Großbritannien muss nach Auffassung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) schnellstmöglich die Kontrolle über die Chagos-Inseln im Indischen Ozean an Mauritius abgeben.

In ihrer Stellungnahme zu dem jahrzehntelangen Streit um das Kolonialgebiet entschieden die Richter am Montag zugunsten des Inselstaats Mauritius: Großbritannien habe die Inseln in den 60er Jahren unrechtmäßig von seiner damaligen Kolonie Mauritius abgespalten, urteilten sie. Mauritius erhielt daraufhin von London die Unabhängigkeit, die Chagos-Inseln blieben aber britisch.

„Das Vereinigte Königreich ist verpflichtet, seine Verwaltung des Chagos-Archipels so schnell wie möglich zu beenden, um Mauritius zu ermöglichen, die Dekolonisation seines Territoriums abzuschließen“, sagte nun der Vorsitzende Richter Abdulqawi Ahmed Yusuf.

Der afrikanische Inselstaat Mauritius fordert die Rückgabe der Inseln, die zur britischen Kolonialzeit von Mauritius aus verwaltet wurden. Im Jahr 1965, kurz vor der Unabhängigkeit von Mauritius, trennte London die Inseln ab und behielt sie als Kolonie.

Ein historischer Moment

Mauritius begrüßte die Stellungnahme des Gerichts als „historischen Moment“ für das Land „und sein ganzes Volk“. „Unsere territoriale Integrität wird jetzt vollständig hergestellt, und wenn es soweit ist, werden die Inselbewohner und ihre Nachkommen endlich heimkehren können“, erklärte Ministerpräsident Pravind Jugnauth.

Zwischen 1968 und 1973 hatten die britischen Herrscher fast 2000 Bewohner des Archipels nach Großbritannien, Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt, um Platz für eine große Militärbasis zu schaffen. Außerdem zahlte London damals drei Millionen Pfund. In einer britischen Diplomaten-Depesche wurde damals die Vertreibung „von ein paar Tarzans und Freitagen“ gemeldet – in Anspielung auf die Romanfigur Freitag aus dem Roman Robinson Crusoe.

Was tun mit dem britischen Militärstützpunkt?

Das britische Außenministerium betonte am Montag in Reaktion auf den Haager Schiedsspruch die große Bedeutung des Militärstützpunkts für die internationale Sicherheit: „Die Verteidigungsmöglichkeiten auf dem britischen Territorium im Indischen Ozean“ würden dabei helfen, die Menschen in Großbritannien und „überall auf der Welt vor terroristischen Bedrohungen, organisiertem Verbrechen und Piraterie zu schützen“.

Derzeit ist der Militärstützpunkt auf der größten Insel des Archipels, Diego Garcia, an die USA verpachtet. Während des Kalten Krieges war er von zentraler strategischer Bedeutung, in den vergangenen Jahren wurde er für US-Luftwaffeneinsätze in Afghanistan und im Irak genutzt.

Bei einer Anhörung im vergangenen September hatte Großbritannien sich für die erzwungene Umsiedlung der Inselbewohner entschuldigt. Diese sei „beschämend und falsch“ gewesen. Zugleich bestand London jedoch darauf, dass es falsch von Mauritius sei, den Fall vor das IGH gebracht zu haben.

Stellungnahme ist nicht bindend

Die Stellungnahme des IGH ist nicht bindend, jedoch von großer symbolischer Bedeutung, da das Gericht von der UN-Vollversammlung beauftragt worden war, seine Einschätzung zu dem Streit abzugeben. Zudem ist sie ein schwerer Rückschlag für die ehemalige koloniale Weltmacht Großbritannien, die im Zuge des Austritts aus der Europäischen Union ihren Platz in der Welt neu bestimmen muss.

Die Stellungnahme zum Streit zwischen Großbritannien und Mauritius ist erst die 28. seit der Gründung des Internationalen Gerichtshofs im Jahr 1946. Er war geschaffen worden, um Streitigkeiten zwischen UN-Mitgliedstaaten zu lösen und ist das wichtigste Rechtsorgan der Vereinten Nationen.

Zudem ist sie ein schwerer Rückschlag für das auf seine Kolonialgeschichte stolze Vereinigte Königreich, das im Zuge des Austritts aus der Europäischen Union seinen Platz in der Welt neu bestimmen muss. (afp)



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