Füllhorn City-Maut – doch es gibt auch andere Wege

Einige Großstädte Europas gehen bei der Reduzierung des Verkehrsaufkommens in der Innenstadt den Weg einer City-Maut. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten.
Die gescheiterte Pkw-Maut könnte für den Bund teuer werden. (Symbolbild)
Die gescheiterte Pkw-Maut könnte für den Bund teuer werden. (Symbolbild)Foto: Jens Büttner/zb/dpa
Von 21. Mai 2022

Nicht nur in Berlin, auch in anderen europäischen Metropolen gibt es Projekte, die das Verkehrsaufkommen in Innenstädten reduzieren sollen. Oft wird dabei ein Zuckerbrot-und-Peitsche-System angewandt. Die Hoffnungen dürften nicht nur bei einer Verbesserung der Luftqualität und einer Verkehrsverringerung liegen, sondern auch bei zusätzlichen Mehreinnahmen für die Stadtkassen.

City-Maut und andere Wege

City-Mauts werden für Autofahrer bereits in London, Mailand, Stockholm und Göteborg fällig. Gebühren werden durch die Kfz-Kennzeichen zeitgenau erfasst. Die Erfahrungen der Städte zeigen, dass auf der anderen Seite der Maut ein attraktives Nahverkehrssystem angeboten werden muss, damit das Ganze funktioniert.

In London kostet es laut ADAC 15 Pfund (17,75 Euro), wenn ein Auto zwischen 7 und 22 Uhr in die Innenstadt fahren will. In Stockholm bezahlen die Menschen wochentags zwischen 6 und 18:29 Uhr für Autos 14 bis 45 Kronen (1 bis 4,30 Euro, je nach Einfahrtszeit), und in Göteborg 9 bis 22 Kronen. Ein Tagesticket für Wochentage in Mailand kostet 5 Euro. Ähnliche Regelungen gibt es in Bologna und Palermo.

Eine schwedische Studie der Universität Lund wertete die Ergebnisse von Forschungsprojekten in diversen europäischen Städten aus. Danach konnte in London durch die City-Maut der innerstädtische Verkehr um 33 Prozent reduziert werden. Die Einnahmen aus der Maut wurden zu 80 Prozent in eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs investiert.

Die schwedische Studie berichtet auch über ein Rotterdamer Projekt, bei dem Parkgebühren für Autos am Arbeitsplatz eingeführt worden waren. Wer auf den öffentlichen Verkehr umsteigen wollte, konnte zudem seinen Parkplatz gegen Bargeld tauschen. Bis zu 25 Prozent der Mitarbeiter taten dies.

In Utrecht erhielten Arbeitnehmer hingegen kostenlose Fahrscheine für den öffentlichen Nahverkehr. Zudem wurde ein Shuttlebus bis direkt zu den Arbeitsplätzen angeboten. Dadurch konnte die Zahl der Pendler in der niederländischen Provinzhauptstadt um 37 Prozent gesenkt werden.

Paris: Statt Autos rasen nun die Fahrräder

In einem Kommentar der „B.Z.“ beschreibt Redakteur Stefan Peter einige Auswirkungen der Pariser Verkehrswende. Die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt, Anne Hidalgo, die bei der Präsidentschaftswahl am 24. April für die Sozialistische Partei 1,75 Prozent der Wählerstimmen Frankreichs errang, setzt in Paris eine Verkehrswende durch.

Viele Straßen sind bereits autofrei, langfristig sollen 70 Prozent der Parkplätze in der Innenstadt verschwinden. Der Straßenverkehr konzentriere sich nun auf die noch befahrbaren Straßen. Stefan Peter schreibt: „Tagtäglich lange Staus, Hup-Konzerte, steckenbleibende Linienbusse“ – und die U-Bahn ist nun auch außerhalb der Rushhour hoffnungslos überfüllt.

Trotz Hidalgos vollmundiger Ankündigungen von Flanier- und Spielstraßen gebe es keine spielenden Kinder auf den nun für Autos gesperrten Straßen. Gnadenlos rasen dort nun Radfahrer durch. „Es ist wie auf der Friedrichstraße: Fußgänger werden gnadenlos weggebimmelt oder bepöbelt, wenn sie nicht schnell genug zur Seite springen“, vergleicht der Berliner Reporter die Zustände mit einem Autofreiprojekt in der Hauptstadt.

Friedrichstraße: erst Auto-, dann Fahrradverbot

Das Modell autofreie Friedrichstraße in Berlin steht unter heftiger Kritik. „Die sogenannte Flaniermeile mit Radautobahn hat der Friedrichstraße weit mehr geschadet als genutzt“, sagte nach RBB-Angaben der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, Ende April und erinnerte an den „Einbruch der Kundenzahlen und viele Ladenschließungen“. Das zwinge zum Umdenken. Das Modellvorhaben sei gescheitert. Es müsse endlich beendet werden, so der CDU-Politiker.

Offenbar reagierte die grüne Verkehrssenatorin Bettina Jarasch mit einer weiteren Verschärfung. Nun dürfen auch Fahrradfahrer zumindest auf einem 500-Meter-Abschnitt der 1,5 Kilometer langen Straße nicht mehr fahren.

„Ein Wahnsinnsplan“, kommentierte CDU-Landeschef Kai Wegner auf Twitter: „Statt auf die Hilferufe der Gewerbetreibenden zu hören und die Mobilitätsbedürfnisse der Berliner zu berücksichtigen, baut Frau Jarasch stur an ihrem Bullerbü weiter.“ Die Folgen, die der Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus nun erwartet, sind „Stau, Luftverschmutzung und sinkende Umsätze“.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion