Attacke auf Transfersystem: Gewerkschaft schaltet EU ein

Titelbild
FIFPro-Generalsekretär Theo van Seggelen.Foto: Olivier Hoslet/dpa
Epoch Times18. September 2015

Brüssel (dpa) – Der Milliarden-Wahnsinn auf dem Fußball-Transfermarkt wird zum Fall für die EU-Wettbewerbshüter. Die Spielergewerkschaft FIFPro reichte Beschwerde bei der Brüsseler Kommission gegen das geltende Transferrecht ein und will so eine Radikalreform der Ablösebestimmungen erzwingen.

Damit stehen auch Mega-Deals wie der 75-Millionen-Euro-Wechsel von Deutschlands Fußballer des Jahres Kevin De Bruyne zu Manchester City auf dem EU-Prüfstand. „Wir brauchen neue Regeln, die die Vereine und Spieler schützen“, sagte FIFPro-Generalsekretär Theo van Seggelen in Brüssel.

Nach Ansicht der FIFPro, die nach eigenen Angaben 65 000 Profis vertritt, verstößt das Transfersystem gegen das europäische Wettbewerbsrecht. Clubs und Verbände würden ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Mit ihrem Vorstoß will die Gewerkschaft es Fußballern ermöglichen, nach einer Kündigungsfrist leichter aus laufenden Verträgen heraus zu wechseln. Damit solle vor allem vielen namenlosen Profis geholfen werden, die derzeit schlechter gestellt seien als andere Arbeitnehmer.

„Auf dem Transfermarkt findet eine Art Versklavung statt. Aber die Spieler sind doch Menschen“, sagte FIFPro-Präsident Philippe Piat. Zudem sollen Ausleihen abgeschafft, Kadergrößen limitiert und Zahlungen an Spielerberater begrenzt werden.

Es wird erwartet, dass die EU-Wettbewerbshüter innerhalb von zwölf Monaten zu einer Entscheidung kommen. Sollte die EU-Kommission dem Antrag folgen, wird nach Einschätzung der FIFPro-Anwälte aber noch bis zu zwei Jahre über ein neues Regelwerk verhandelt werden müssen.

Die Gewerkschaft erwartet durch ihre Aktion eine ähnliche Revolution im internationalen Fußball wie nach dem Bosman-Urteil 1995. Damals hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Fußballprofis nach Ablauf ihres Vertrags ablösefrei den Verein wechseln können.

Europas Dachverband UEFA hofft trotz der EU-Beschwerde weiter auf eine außergerichtliche Einigung mit der FIFPro. „Wir sind betrübt über die Klage. Ich denke, dass Lösungen im Fußball und nicht von Gerichten gefunden werden sollten“, sagte UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino nach der Sitzung des Exekutivkomitees auf Malta. Auch Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte zuvor als Präsident der Clubvereinigung ECA die FIFPro vor einer Klage gewarnt.

„Wir wollen die Top-Clubs nicht abschaffen. Aber wir wollen auch nicht, dass es in ein paar Jahren nur noch 30 Clubs gibt“, konterte FIFPro-Chef Piat. Die derzeitigen Regeln würden einen fairen Wettbewerb der Clubs um die Verpflichtung sportlicher Talente verhindern und die Interessen der Spieler, kleiner und mittlerer Profiteams sowie deren Fans beeinträchtigen, erklärte die FIFPro.

Der Weltverband FIFA habe es versäumt, den Profifußball zu verwalten. „Die wirtschaftlichen Interessen einiger weniger setzen sich durch, während die Mehrheit der Spieler und Clubs benachteiligt werden“, fügte die Gewerkschaft hinzu.

Vor allem die enorme Inflation bei den Transfersummen bevorteile die finanzstarken Clubs der europäischen Topligen. Dies habe die Untersuchung durch den Finanzexperten Stefan Szymanski gezeigt, auf deren Ergebnisse die FIFPro ihre Argumentation stützt. Allein die englische Premier League hatte in diesem Jahr 1,185 Milliarden Euro für neue Spieler ausgegeben.

„Falls sich das System nicht ändert, dann überleben die Ligen in Osteuropa und kleineren westeuropäischen Ländern wie den Niederlanden und Dänemark nicht“, sagte FIFPro-Spitzenfunktionär van Seggelen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Ziel des Vorstoßes sei mehr Gerechtigkeit und Stabilität im internationalen Fußballgeschäft. „Wir müssen uns vor einer Fußballwelt ohne dieses Transfersystem nicht fürchten“, betonte van Seggelen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion