Französische Schiedsrichterin pfeift Geschichte

Wenn nach einem Fußballspiel wenig oder gar nicht über die Schiedsrichter-Leistung gesprochen wird, ist dies immer ein gutes Zeichen. Dass nach der Champions-League-Partie von Juventus Turin nicht nur über Ronaldo geredet wurde, hatte aber andere Gründe.
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Schiedsrichterin Stéphanie Frappart leitete die Partie zwischen Juventus Turin und Dynamo Kiew.Foto: Marco Alpozzi/LaPresse/dpa/dpa
Epoch Times3. Dezember 2020

Juve-Trainer Andrea Pirlo sprach nur über das 750. Profi-Tor von Superstar Cristiano Ronaldo und das bevorstehende Gruppenfinale gegen den FC Barcelona.

Den fußball-historischen Augenblick und die besondere Schiedsrichterinnen-Premiere erwähnte der Chefcoach des italienischen Rekordmeisters Juventus Turin nach der Champions-League-Partie gegen Dynamo Kiew in seiner ersten Analyse mit keiner Silbe. Was dem 41-Jährigen in anderem Kontext als Ignoranz oder gar Chauvinismus ausgelegt werden könnte, war jedoch im Grunde das größte Kompliment, das er unausgesprochen aussprechen konnte. Über den Schiedsrichter musste er nach dem 3:0 am Mittwoch nicht reden.

Dies taten andere – weil es eben kein Schiedsrichter war, sondern eine Schiedsrichterin. Die Französin Stéphanie Frappart pfiff ein kleines bisschen Fußball-Geschichte, weil sie die erste Frau war, die von der Europäischen Fußball-Union UEFA mit der Spielleitung einer Champions-League-Partie der Männer betraut wurde. „Es wurde Zeit“, twitterte der deutsche Nationalspieler Ilkay Gündogan und bezeichnete die Premiere als „große Errungenschaft und Inspiration für andere“.

Die 36-Jährige aus Herblay-sur-Seine hatte im vergangenen Jahr bereits die Partie um den Supercup zwischen dem FC Liverpool und dem FC Chelsea (7:6 nach Elfmeterschießen) gepfiffen. In der Europa League war sie zuletzt am 22. Oktober bei der Partie Leicester City gegen Sorja Luhansk aus der Ukraine (3:0) im Einsatz. Und nun durfte sie auf der prominentesten Bühne des Club-Fußballs ihrem Job nachgehen.

„Es ist großartig. Ich freue mich riesig für sie, dass ihr diese Ehre zuteil wird und die UEFA nicht nur im fußballerischen Wettbewerb auf Leistung setzt, sondern auch bei den Schiedsrichtern die Besten nominiert. Dazu gehört sie auf jeden Fall“, hatte Deutschlands erste Profi-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, die mittlerweile zurückgetreten ist, schon vor dem Anpfiff bei Sport1 gesagt.

Frappart pfiff fehlerlos, unaufgeregt, freundlich. „Frappart perfekt“, überschrieb die französische Sportzeitung „L’Équipe“ ihren Beitrag zu der Premiere, die natürlich am Tag danach thematisiert und von der UEFA auch bewusst mit kleinen Filmchen und Beiträgen im Netz inszeniert wurde, künftig jedoch hoffentlich nicht mehr permanent als Besonderheit Erwähnung finden muss. Das französische Außenministerium hatte vor dem Auftritt gratuliert, am Abend veröffentlichte die UEFA Fotos mit der Zeile „History maker“, der TV-Sender Sky zeigte um 20.50 Uhr Live-Bilder vom Aufwärmen des Schiedsrichter-Teams.

„Frappart ist tadellos“, schrieb die italienische „La Repubblica“. „Stéphanie Frappart ist nicht besonders aufgefallen, was das Beste ist, was man über einen Schiedsrichter sagen kann: Normalerweise gilt, je weniger darüber gesprochen wird, desto besser (…)“ Wenige Tage vor ihrem Geburtstag am 14. Dezember habe sie „tadellos agiert und das Spiel mit ruhiger Autorität unter Kontrolle gehalten“.

Keine zehn Minuten waren gespielt, als Frappart Juve-Verteidiger Rodrigo Bentancur nach dessen überhartem Einsteigen die Gelbe Karte zeigte. In der 35. Minute verweigerte sie den Gästen nach einer Aktion von Leonardo Bonucci gegen Benjamin Verbic korrekterweise den geforderten Elfmeter, das Jubiläumstor von Ronaldo (57.) ließ sie vom Videoassistenten auf eine mögliche Abseitsstellung überprüfen. „Sie war immer nahe am Geschehen“, schrieb die „L’Équipe“ am Donnerstag. „Sie hat dem Spiel gedient, indem sie wenig eingegriffen hat“. (dpa)



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