Freund: Bin nicht «wahnsinnig überschwänglich»

Skisprung-Weltmeister Severin Freund geht nach einem schwierigen Sommer ohne Erfolgsdruck in die WM-Saison. Bis zu den Titelkämpfen im Februar 2017 will der 28-Jährige in Topform sein.
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Severin Freund rechnet nach seiner Hüftoperation noch nicht mit Podestplatzierungen.Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Epoch Times22. November 2016

Nach seiner Hüftoperation rechnet Deutschlands Top-Skispringer Severin Freund zum Saisonstart in Kuusamo noch nicht mit Podestplatzierungen.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der Weltmeister und Team-Olympiasieger über den harten Weg zurück in die Weltspitze, seine Erwartungen für die WM-Saison und sein privates Glück.

Wie ist der Stand so kurz vor dem Saisonauftakt?

Severin Freund: Gesundheitlich passt alles. Es ist nicht so, dass ich wahnsinnig überschwänglich bin, aber das wäre auch zu viel erwartet bei dem Jahresverlauf. Ich freue mich jetzt auf den Start. Danach wissen wir schon etwas mehr.

War es aufgrund des Sturzes bei der Vierschanzentournee und der im Frühjahr erfolgten Hüftoperation das bisher schwierigste Jahr in Ihrer Karriere?

Freund: Ja, ich glaube, das kann man sagen. Ich hatte zwar schon einmal eine Rückenoperation, aber da bin ich nach meiner Rückkehr sofort wieder sehr gut gesprungen. Jetzt merke ich, dass es schon eine größere Aktion war. So etwas wie die Hüfte braucht seine Zeit. Du kannst den Heilungsverlauf nicht wahnsinnig beschleunigen. Von daher muss man schauen, dass man sich immer wieder Zeit zum Regenerieren gibt, um besser zu werden.

Haben die Erfahrungen von früher dabei geholfen, geduldig und ruhig zu bleiben?

Freund: Man will natürlich schnell vorankommen, sonst wäre man kein Leistungssportler. Aber der Körper ist mein Kapital, deshalb muss ich auf ihn aufpassen. Es bringt nichts, übereifrig zu sein, denn man gewinnt dadurch keine Zeit. Im Endeffekt verlangsamst du den Prozess sogar, wenn du zu früh in die Vollen gehst. Ich bin noch nicht bei hundert Prozent, deshalb funktionieren bestimmte Dinge noch nicht, wie ich es mir vorstelle. Da muss man geduldig bleiben und dabei hilft es, dass ich schon einmal solch eine Situation durchlebt habe. Wo sehen Sie sich vom Fitnesszustand und vom Sprunggefühl her?

Freund: Ich weiß, dass es auf der Schanze noch nicht grandios ist und noch ein paar Sachen fehlen. Aber ich weiß auch, dass, wenn ich mal wieder dran schnuppere, ich relativ schnell ins Rollen kommen kann. Es wird auch darauf ankommen, wie ich in die Saison reinkomme. Kuusamo ist immer eine spezielle Sache. Da hängt viel davon ab, wie die ersten zwei, drei Sprünge laufen, ob man da gleich ins Fliegen kommt. Ehrlich gesagt bin ich aber ganz relaxed, weil ich weiß, dass noch eine gewisse Einschränkung da ist. Damit muss ich umgehen. Ich kann auch nicht zaubern. Wenn es nicht gleich hundertprozentig läuft, muss man geduldig bleiben. Ich werde nicht aus allen Wolken fallen, sollte das erste Wochenende nicht grandios verlaufen. Woran hapert es speziell?

Freund: Die Abläufe am Schanzentisch passen noch nicht. Da ist noch arg oft eine Flucht nach vorne dabei. Der Sprung ist momentan zu scharf. Es fehlt noch das Gefühl. Derzeit ist es etwas schwieriger, da erfolgreich einzugreifen, weil die automatischen Abläufe nicht so vertraut sind, wie sie es einmal waren.

Haben Sie noch Schmerzen?

Freund: Nein. Von der Beweglichkeit in der Hüfte fehlen mir noch ein paar Zentimeter, die es einfacher machen würden, den Sprung besser anzusteuern. Aber das ist ganz normal.

Im vergangenen Winter waren Sie Zweiter bei der Vierschanzentournee. Müssen Sie Ihre Ansprüche in dieser Saison zurückschrauben?

Freund: Die Tournee im Vorjahr hat mir persönlich viel gegeben. Ich wollte dort viermal auf höchstem Niveau springen, das habe ich geschafft. Deshalb bin ich mit einem zufriedenen Gefühl aus der Saison herausgegangen. Ähnliches wäre in diesem Jahr sowieso nicht möglich gewesen, weil der Saisonaufbau ganz anders war. Für mich heißt es: Weiter am Sprung arbeiten, weiter besser werden und dann gucken, wo das im Saisonverlauf hinführt.

Also ist die WM, wo Sie Titelverteidiger sind, im Februar das große Ziel?

Freund: Ja klar. Es ist das Ziel, dass ich bei der WM in Lahti in einer realistischeren Ausgangslage bin wie heuer bei der Skiflug-WM, wo ich ja auch Titelverteidiger war. Da war es schon so, dass ich ein bisschen deprimiert war, weil ich gemerkt habe, mein Körper hindert mich daran, eine bessere Leistung anzubieten.

Sie hatten privat dennoch einen aufregenden Sommer. Hat die Hochzeit mit Ihrer langjährigen Freundin Caren etwas an der Einstellung zum Sport verändert?

Freund: Nein. Die Hochzeit war ein sehr, sehr schönes Erlebnis. Ich habe ja immer gesagt, dass das Private auch für den Sport wichtig ist. Aber dass ich jetzt auf der Schanze stehe und denke, hier springst du lieber nicht runter, das ist nicht passiert. Und wird auch nicht passieren.

Ihr Wunsch für Kuusamo?

Freund: Nicht so viel Wind.

ZUR PERSON: Severin Freund schaffte in der Saison 2010/11 den Durchbruch. Seither springt er konstant in der Weltspitze mit. Der Bayer gewann bei nordischen Ski-Weltmeisterschaften bisher sechs Medaillen, davon zwei aus Gold, wurde 2014 Team-Olympiasieger und Skiflug-Weltmeister und feierte insgesamt 21 Weltcupsiege. (dpa)



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