«Friedvoller Frankenstein» Dumoulin dominiert den Giro

Tom Dumoulin hat den Giro d'Italia fest im Griff. Der Kapitän des deutschen Sunweb-Teams ist der Schnellste im Zeitfahren, lässt sich bergauf wie bergab nicht dauerhaft abschütteln und zeigt sich ansonsten als fairer Sportsmann. Es wartet noch eine harte Woche.
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Der Niederländer Tom Dumoulin dominiert den Giro d'Italia.Foto: Alessandro Di Meo/dpa
Epoch Times22. Mai 2017

Die Experten vergleichen ihn bereits mit Miguel Indurain, für die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ ist er ein „friedvoller Frankenstein“. Der Niederländer Tom Dumoulin dominiert den 100. Giro d’Italia nach Belieben und entnervt zunehmend die Rad-Konkurrenz.

Und allmählich glaubt der Kapitän des deutschen Sunweb-Teams selbst an seinen ersten großen Rundfahrtsieg. „Ich bin besser vorbereitet mit all dem, was es heißt, ein Leader-Trikot zu tragen. Ich habe meine Lektion gelernt, dass eine Rundfahrt erst am letzten Tag beendet ist“, sagte Dumoulin.

2015 führte Dumoulin die Vuelta bis zur letzten Bergetappe an, ehe ihm der Italiener Fabio Aru noch den Gesamtsieg entriss. Doch seitdem hat sich der 26-Jährige weiterentwickelt. In den Bergen lässt er sich von Kletterspezialisten wie Nairo Quintana kaum mehr abschütteln und im Zeitfahren ist er ohnehin eine Klasse für sich.

„Wir müssen ihm fünf Minuten in den Bergen abnehmen, um den Giro zu gewinnen. Das wird sehr schwer“, befand Quintanas Movistar-Teamchef Eusebio Unzue. Der Spanier rechnete zu dem bisherigen Rückstand von 2:41 Minuten noch zweimal 60 Sekunden drauf, die Dumoulin beim abschließenden Zeitfahren nächsten Sonntag nach Mailand auf seinen Schützling Quintana gewinnen dürfte.

Beim Unternehmen Bergattacke zeigte sich Dumoulin bislang aber ebenfalls ohne Fehl und Tadel. Gut, er ließ am Blockhaus auf der 9. Etappe und auch letzten Samstag in Oropa (14. Etappe) Quintana und auch Titelverteidiger Vincenzo Nibali zunächst ziehen. Dann aber kämpfte er sich im eigenen Rhythmus doch noch zurück. Am Blockhaus verkürzte er lediglich den Rückstand. Im Schatten der Wallfahrtskirche Oropa flog er sogar an Quintana vorbei und sicherte sich den Tageserfolg. „Ein wunderschöner Sieg, mein wertvollster bisher“, meinte der Niederländer im Rosa Trikot euphorisch. Der Triumph zeigte, wie stark er in den letzten Jahren gewachsen ist.

Von der „Indurainizacion“ Dumoulins spricht mittlerweile die spanischsprachige Presse. Wie der fünffache Toursieger Indurain ist Dumoulin ein extrastarker Zeitfahrer, der ebenfalls gut die Berge hochkommt. Auch wenn die puren Kletterspezialisten ihn an den steilen Rampen erst einmal stehen lassen, kann er darauf vertrauen, dass er an den flacheren Stellen dank seiner Kraft wieder Boden gut macht.

Dumoulins Team plant das generalstabsmäßig. „Wir gehen vor dem Rennen jeden einzelnen Anstieg durch. Wir markieren die steilsten Stellen, an denen die anderen wahrscheinlich angreifen werden. Kommt dann ein Angriff, weiß Tom seine Kräfte richtig zu kalkulieren. Er fährt dann sein eigenes Tempo, eine Art Einzelzeitfahren“, erklärte Sunwebs Sportlicher Leiter Luke Roberts der Deutschen Presse-Agentur.

Das ist der Plan. Wie Dumoulin ihn aber umsetzt, ohne Zögern, ohne Schwäche, ohne Zweifel – das beeindruckt sogar die Ex-Stars. Olympiasieger und Ex-Weltmeister Paolo Bettini hob in der „Gazzetta dello Sport“ die „mentale Stärke“ des neuen Giro-Tribuns hervor. „Er ist im Kopf so unglaublich klar. Er nimmt die Berge, als handele es sich um einen Kampf gegen sich selbst. Er kümmert sich da gar nicht groß um die anderen“, lobte Bettini. Er erinnerte allerdings auch daran, dass die bisherigen Bergetappen des Giro vom Profil her Dumoulin entgegen kamen. Die große Prüfung erfolgt ab Dienstag, mit mehreren Gipfeln pro Tag, einige davon in über 2000 Metern Höhe.

Dumoulin punktet in diesen Tagen aber auch in Sachen Fairness, wie beim Sturz Quintanas auf der 15. Etappe. An der Spitze des Hauptfeldes bekam der Mann aus Maastricht die Nachricht vom Missgeschick seines härtesten Rivalen und gebot seinen Teamkollegen, das Tempo etwas zu drosseln. Vom Pech Quintanas wollte er nicht profitieren. (dpa)



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