Gatlins «magischer Abend»: 9,74 Sekunden als Kampfansage

Doha (dpa) - Wenn Usain Bolt der mit Abstand Glamouröseste unter den Superstars der Leichtathletik ist, dann ist sein Rivale Justin Gatlin wahrscheinlich der Lässigste. Ein lockeres Auslaufen, ein selbstbewusstes Kopfnicken, ein cooles…
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Justin Gatlin rannte in Doha die 100 Meter in 9,74 Sekunden.Foto: EPA/dpa
Epoch Times16. Mai 2015
Wenn Usain Bolt der mit Abstand Glamouröseste unter den Superstars der Leichtathletik ist, dann ist sein Rivale Justin Gatlin wahrscheinlich der Lässigste.

Ein lockeres Auslaufen, ein selbstbewusstes Kopfnicken, ein cooles Handzeichen – mehr war von dem früheren Dopingsünder nicht zu sehen nach seinem spektakulären Sieg beim Diamond-League-Auftakt in Doha.

Der Amerikaner weiß genau, dass seine Weltjahresbestzeit allein schon ausreicht als Kampfansage an Bolt. 9,74 Sekunden über 100 Meter – das ist für Gatlin ein persönlicher Rekord. Mit 33 Jahren. Im ersten Rennen der WM-Saison. Schneller waren in der Geschichte dieser Königsdisziplin bislang nur Asafa Powell (9,72), Yohan Blake (9,69), Tyson Gay (9,69) und natürlich Bolt – der Weltrekordhalter (9,58), Olympiasieger und Weltmeister aus Jamaika.

„Das war ein magischer Abend für mich“, sagte Gatlin nach seinem Sieg im Hamad Bin Suhaim Stadion der katarischen Hauptstadt. „Ich bin sehr glücklich, aber ich habe auch hart dafür trainiert. Mit dieser Leistung habe ich ein Statement abgegeben.“ Das Statement, dass der Olympiasieger von 2004 tatsächlich eine Gefahr für Bolt werden kann bei den Weltmeisterschaften vom 22. bis 30. August in Peking.

Gatlin hat das Duell zwischen ihm und dem viereinhalb Jahre jüngeren Jamaikaner schon einmal mit dem Jahrhundert-Boxkampf zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao vor zwei Wochen verglichen. Nur dass ihr 100-Meter-Sprint „bestimmt aufregender, aber leider auch deutlich schlechter bezahlt“ sei. Schon im vergangenen Jahr gewann der Amerikaner alle 18 Rennen über 100 und 200 Meter, bei denen er an den Start gegangen war. Bolt hatte keine Gelegenheit, darauf zu antworten. Er war monatelang verletzt. In dieser Saison will der Jamaikaner erst am 13. Juni in New York in die lukrative Diamond League einsteigen. Auf Gatlin direkt wird er wahrscheinlich erst beim WM-Finale treffen, vielleicht auch schon vorher am 4. Juli in Paris.

Die Rollen sind bei diesem Duell klar verteilt. Bolt ist der Superstar, das Zugpferd, die alles überstrahlende Figur der Leichtathletik. Gatlin dagegen erinnert jeden sofort an die dunklen Seiten dieses Sport. Schon zweimal wurde er des Dopings überführt. Im Jahr 2006 wurde eine Achtjahres-Sperre um die Hälfte reduziert. Seit 2010 läuft er wieder Rennen – und die Zweifel an ihm laufen jedes Mal mit. Gatlin wird nie ein Publikumsliebling und nie eine Werbefigur sein. Aber er weiß das und es ist ihm egal. Sein Ansporn ist, noch einmal so erfolgreich zu sein, wie er es vor seiner Sperre war.

Bemerkenswert an dem Verhältnis der beiden Rivalen ist auch, dass sich beide durchaus mögen. Bolt und Gatlin duellieren sich nur auf der Bahn – aber nie mit Worten. Die Entscheidung, den US-Sprinter Tyson Gay nach seiner positiven Doping-Probe nur für ein Jahr zu sperren, nannte Bolt neulich „die dümmste Sache, die ich je gehört habe“. Über Gatlin hat er nie etwas Negatives gesagt. „Ich denke, auf eine bestimmte Weise respektiert er, dass ich vier Jahre lang gesperrt war und ich mich danach hart zurückgearbeitet habe“, meinte der Amerikaner in Doha. „Dafür respektiere ich auch ihn.“

Gatlin nennt Bolt „den Maßstab“ seines Sports. „Er hat viele Rekorde gebrochen, von denen die Leute immer gedacht haben, man könne sie nie brechen.“ Mit Blick auf die WM in Peking bedeutet das für ihn: „Du kannst nicht sagen: Ich will die Goldmedaille gewinnen und muss dafür nur diesen Mann neben mir besiegen. Du musst dafür 9,5 oder 9,6 Sekunden laufen.“ Noch einmal viel schneller also als in Doha.

(dpa)

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