Ironman-Champion Lange: Habe das Beste aus zwei Welten

Patrick Lange lebt seinen Traum. Danach sah es Anfang 2016 nicht aus. Der schnelle Erfolg überrascht ihn selbst. Manchmal schaut er sich Videos von Zieleinläufen an. In einem dpa-Interview vor der 70.3-WM spricht er über sich, Vertraute und Dauer-Gegner Frodeno.
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Gewann 2017 und 2018 die Ironman-WM auf Hawaii: Patrick Lange.Foto: Gregor Fischer/dpa
Epoch Times3. September 2019

Fünf Wochen vor der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii steht für Patrick Lange der letzte Härtetest an. Der 33-Jährige startet am 8. September (07.00 Uhr) über die halbe Ironman-Distanz bei der WM in Nizza.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht er über die Bedeutung des Rennens, aber auch Dinge wie Berühmtheit und den Vorteil, zugleich nicht immer und überall erkannt zu werden.

Erstmal noch herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit. Haben Sie sich an dem besonderen Tag mal eine Trainingspause gegönnt?

Patrick Lange: Ja, das habe ich. Es war schön, auch mal einen Tag nicht ans Training zu denken – am nächsten ging es aber gleich weiter.

Wie wichtig ist es, dass das unmittelbare Umfeld einen so zeitaufwendigen Sport unterstützt?

Lange: Sehr wichtig. Es ist auch sehr hilfreich, wenn der Lebenspartner sich auch selbst mit der Sportart auseinandersetzt. Wenn jemand nachempfinden kann, was es bedeutet, fünf, sechs Stunden zu trainieren und danach nicht mehr in der Lage ist, noch das gemeinsame Abendessen mit Freunden unterzubekommen. Deswegen bin ich sehr froh, dass meine Frau sich jetzt auch hobbymäßig dem Sport gewidmet hat.

Stichwort Vertrauen: Das Training muss perfekt abgestimmt sein, die Ernährung muss passen. Mal ein falsches Mittel bei einer Erkältung und man könnte Probleme kriegen: Sind Sie ein Athlet, der blind vertraut oder eher Typ Kontrollfreak?

Lange: Weder noch. Ich glaube schon, dass es extrem wichtig ist, dass man seinem Trainer vertraut und seinem Umfeld. Trotzdem bin ich keine Maschine, die einfach nur ausführt. Ich möchte auch eigenständig Ideen einbringen. Ich habe ja selbst auch schon Athleten trainiert. Es ist mir wichtig, dass ich einen Plan nicht wie ein Soldat einfach nur abarbeite. Ich möchte ein mündiger Athlet sein. Ich möchte mal einen Kilometer mehr machen oder auch eine ganz andere Einheit absolvieren als die eigentlich geplante.

Gibt es Dinge, die Sie derzeit in Ihrem Leben vermissen?

Lange: Nein, eigentlich habe ich alles, was ich brauche. Ich bin sehr glücklich. Natürlich hätte ich an der ein oder anderen Stelle gern mehr Freizeit, aber ich fühle mich gesegnet, dass ich meinen großen Traum und meine große Leidenschaft verfolgen und ausleben kann. Immer, wenn ein negativer Gedanke kommt, versetze ich mich gern zurück in die Situation vor 2016, als meine Zukunft im Triathlon offen war. Das motiviert mich.

Müssen Sie sich manchmal zwicken, dass Sie damals vor dem Karriereende standen und nun zweimaliger Ironman-Weltmeister sind?

Lange: Ja, tatsächlich. Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass sich diese Erfolge so schnell einstellen würden. Da muss ich mich schon hin und wieder zwicken und das ein oder andere Video auf Youtube vom Zieleinlauf anschauen. Die Zeit, um das richtig zu verarbeiten und zu rekapitulieren, habe ich im Moment noch gar nicht. Aber vielleicht muss ich das jetzt ja auch gar nicht. Wenn ich, keine Ahnung, in fünf, sechs, sieben Jahren meine Karriere beende, bleibt immer noch genug Zeit zurückzuschauen.

Bei Ihrem Start bei den Finals in Berlin sind Sie gefeiert worden – bedeutet Ihnen Berühmtheit etwas, schmeichelt es Ihnen?

Lange: Es schmeichelt mir sehr, für einen Tag mal im Mittelpunkt zu stehen und gefeiert zu werden. Ich finde es wunderbar in meiner aktuellen Situation, dass ich das Beste aus zwei Welten habe. Ich bin in der Szene sehr bekannt, werde oft erkannt und angesprochen. Die Menschen wollen Autogramme und Selfies mit mir. Auf der anderen Seite habe ich das ganz normale Leben. Ich gehe auf die Straße und bin ein ganz normaler Mensch, der nicht erkannt wird. An dieser Situation möchte ich gar nichts ändern.

Welchen Stellenwert hat die 70.3.WM in Nizza – fünf Wochen vor dem ganz großen Höhepunkt auf Hawaii?

Lange: Es ist nicht meine Streckenlänge, das muss man schon sagen. Der Kurs könnte mir aber liegen. Da ich vom Mountainbikefahren komme, liegen mir die Berge und die Abfahrten sind technisch sehr anspruchsvoll. Ich will mit dem Rennen auch einen neuen Reiz suchen. Und ich hoffe, dass ich durch andere Trainingsinhalte, die eher den kürzeren Strecken entsprechen, auch noch mal mit Blick auf Hawaii ein anderes Speedniveau erreiche. Die Priorität für Nizza ist hoch, aber mit Hinblick auf Hawaii. Ich möchte dort noch mal ein anderes Level an Leistungsfähigkeit erreichen. Dieses 70.3-Rennen in Nizza ist dabei essenziell als weitere Motivationskraft.

Hätten Sie Jan Frodeno auch in Nizza lieber schon wieder als Gegner gehabt?

Lange: Ja, definitiv. Man will sich immer mit den Besten messen.

Wie cool ist es, einer der Protagonisten neben einem Frodeno oder Sebastian Kienle zu sein, deren Kampf auf Hawaii viele Menschen bewegt und interessiert?

Lange: Das ist sehr cool. Da ich immer noch der Meinung bin, dass es der geilste Sport der Welt ist, ist das eine tolle Werbung. Wir haben für den Sport eine unglaublich tolle Situation geschaffen. Wir haben die Aufmerksamkeit auf Triathlon und die WM auf Hawaii gelenkt, auch weil wir so unterschiedliche Charaktere sind. Wir haben unterschiedliche Geschichten zu erzählen. Wir haben zweimal in den vergangenen Jahren den Sportler des Jahres gestellt. Wobei man nicht vergessen darf, dass es auch vor uns schon tolle deutsche Erfolge gab.

Nervt es aber manchmal auch, dass Frodeno wegen der Art, wie er seine Rennen von vorneweg gewinnt, von manchen eher als Champion angesehen wird, obwohl Sie es sind, der die Weltmeisterschaft auf Hawaii in den vergangenen beiden Jahren gewonnen hat?

Lange: Nein, das sehe ich gar nicht so. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich nicht als Champion wahrgenommen werde, nur weil Jan seine Rennen so gewinnt, wie er es tut. Er hat in den vergangenen Jahren einfach exorbitante Leistungen gebracht. Er ist seit über zehn Jahren in der Spitze des Triathlonsports, ist 2008 schon Olympiasieger geworden. Er hat seitdem Aufmerksamkeit und dadurch natürlich auch einen gewissen Öffentlichkeitsvorsprung von acht Jahren. Es schwingt da überhaupt kein Neid mit, deswegen ist es auch in Ordnung, wenn er bei einer Wahl zum Triathleten des Jahres gewinnt und damit vor mir landet, obwohl ich der amtierende Weltmeister bin. So, wie er es in den letzten Jahren abliefert, zieh‘ ich alle meine Hüte vor ihm.

Zur Person: Patrick Lange ist 33 Jahre alt, er gewann 2017 und 2018 die Ironman-WM auf Hawaii. Seine Triathlon-Karriere stand vor 2016 wegen ausbleibender größerer Erfolge auf der Kippe. Trainiert wird er vom ehemaligen Weltmeister Faris Al-Sultan. Seit Kurzem ist Lange verheiratet. Der gebürtige Hesse lebt in Salzburg. (dpa)



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