Kampf statt Klasse: Doch Zverev erreicht Halbfinale

Nach schwachem Beginn kämpft sich Alexander Zverev zurück - und erreicht als erster Deutscher seit Boris Becker das Halbfinale der US Open. Auch dort ist er wieder favorisiert.
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Alexander Zverev reagiert während des Spiels. Als erster deutscher Tennisprofi seit Boris Becker vor einem Vierteljahrhundert hat Zverev die Chance auf das Endspiel.Foto: Seth Wenig/AP/dpa/dpa
Epoch Times8. September 2020

Alexander Zverev lächelte glücklich und befreit. Es wirkte, als könne er selbst nicht glauben, was er bei den US Open erreicht hat.

Als erster deutscher Tennisprofi seit Boris Becker vor einem Vierteljahrhundert hat Zverev in New York die Chance auf das Endspiel. Mit mehr Kampf als Klasse und nach einem desolaten Auftakt rang der 23-Jährige am Dienstag den Kroaten Borna Coric noch nieder. 1:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:1), 6:3 lautete am Ende das Ergebnis in einem keineswegs hochklassigen, aber am Ende siegreichen Grand-Slam-Viertelfinale aus Sicht des Deutschen.

„Es war ganz klar, dass ich anfangen musste, besser zu spielen. Es war nicht viel Positives dabei. Ich musste einen Weg finden, den zweiten Satz zu gewinnen“, sagte der Weltranglisten-Siebte darauf angesprochen, wie er nach einem Satzrückstand und einem 2:4 im zweiten Abschnitt wieder zurückkam. „Ich bin ruhig geblieben“, kommentierte er: „Ich weiß, dass ich physisch relativ fit bin. Irgendwie musste ich durchkommen.“

In einer skurrilen Partie wirkte Zverev gegen die Nummer 27 der Setzliste phasenweise verkrampft. Zu viele Fehler, zu passiv, phasenweise zu wenig Mumm – der Hamburger zeigte einen eher schwachen Auftritt, bleibt aber drin im nach der Disqualifikation des serbischen Topfavoriten Novak Djokovic sehr offenen Titelrennen des ersten Grand-Slam-Turniers nach der Coronavirus-Pause.

Im Kampf um den Finaleinzug tritt Zverev am Freitag als Favorit gegen den Spanier Pablo Carreño-Busta oder den Kanadier Denis Shapovalov an. Gegen beide hat er eine knapp positive Bilanz. Einen Schritt weiter ist bereits Laura Siegemund. Als erste deutsche Tennisspielerin seit Claudia Kohde-Kilsch 1985 zog die Fed-Cup-Spielerin ins Endspiel im Damen-Doppel ein. Mit ihrer russischen Doppelpartnerin Vera Swonarewa gewann die Schwäbin das Halbfinale gegen die russische Paarung Anna Blinkowa und Veronika Kudermetowa 5:7, 6:3, 7:5 und spielt am Freitag um den Titel.

Zverev hat sieben Monate nach seinem ersten Grand-Slam-Halbfinale bei den Australian Open zu Beginn des Jahres die zweite Chance auf sein erstes Endspiel bei einem der vier wichtigsten Turniere. Am Ende war er gegen den zunehmend ebenfalls zu fehlerhaften Coric der verdiente Sieger. Dabei hatte es lange nicht gut für ihn ausgesehen.

Nach dem verlorenen ersten Satz lag der erste deutsche US-Open-Viertelfinalist bei den Herren seit Tommy Haas 2007 auch im zweiten Abschnitt mit einem Break zurück. „Wenn es sein muss, dann ist er cool. Er kann wie ein Champion auf dem Platz stehen“, schilderte sein älterer Bruder Mischa Zverev kurz zuvor bei Eurosport. Früh aber wackelte der 1,98 Meter große Athlet beim Aufschlag. Mit gleich drei Doppelfehlern in seinem zweiten Servicespiel schenkte er dem Kroaten das Break zum 1:3.

Zverev hatte allen Grund, den Kopf zu schütteln, im klar verlorenen ersten Abschnitt wurde er vom Weltranglisten-32. deklassiert. Coric hatte sich schon einmal als großer Spielverderber für Zverev erwiesen. Vor drei Jahren war für den Norddeutschen in der zweiten Runde der US Open Schluss, als er ebenfalls nach den Absagen zahlreicher Topspieler hoch gehandelt worden war und zu den Mitfavoriten zählte. Diesmal drehte Zverev die Partie, obwohl er sich mehrfach in Diskussionen mit der Schiedsrichterin aufrieb.

Im zweiten Satz beschwerte sich Zverev auch beim Oberschiedsrichter. Ein Ballwechsel wurde wiederholt, obwohl der Ausruf nach dem Schlag kam – und die Challenge den Ball noch gut gezeigt hatte. „Wie kann das sein?“, fragte Zverev. Anschließend verlor er nach eigenen Spielbällen wieder sein Aufschlagspiel zum 2:3. Auch TV-Experte Becker fühlte sich zwischenzeitlich „sprachlos“ angesichts des schwachen Auftritts des Deutschen. Doch Zverev kämpfte sich in den Tiebreak, schaffte den Satzausgleich. Becker hatte ein schwieriges und langes Duell vorhergesagt – und das wurde es auch.

Erst nachdem er den zweiten Tiebreak des Matches klar für sich entschied, trat Zverev selbstsicherer auf. Bei 2:2 und 0:40 musste er noch mal eine knifflige Phase überstehen. 25 Jahre nach Becker hat also wieder ein deutscher Tennisprofi die Chance auf den Einzug ins Endspiel von New York. Bisher letzter deutscher Finalist war Michael Stich 1994, bisher letzter deutscher Champion Becker 1989. Bei den Damen hatte Angelique Kerber 2016 triumphiert, sie schied bei dieser so ungewöhnlichen Auflage der US Open im Achtelfinale aus. (dpa)



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