Leipzig zu lieb und zu leise: Nagelsmann sucht den RB-Müller

RB Leipzig zeigt zwar immer wieder Moral und biegt Spiele um. Dennoch ist die Mannschaft ihrem Trainer Julian Nagelsmann zu lieb. Deshalb will er entsprechend neue Spieler haben.
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Tigerte beim Spiel in Köln an der Seitenlinie entlang: Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann.Foto: Ina Fassbender/AFP/POOL/dpa/dpa
Epoch Times2. Juni 2020

Er hat halt keinen Thomas Müller, deshalb erledigte Julian Nagelsmann das komplette Coaching selbst. Auch beim Stande von 4:2 im leeren Stadion tigerte der Trainer von RB Leipzig mit hochrotem Kopf an der Seitenlinie entlang, seine Stimme überschlug sich fast.

Nach dem Spiel ließ Nagelsmann durchblicken: Die Sprachlosigkeit in seinem Team macht ihn manchmal fast verrückt. „Wir sind zu lieb. Wir coachen uns zu wenig, ich höre viel zu wenig Absprache der Jungs. Wir müssen einfach frecher werden“, sagte der 32-Jährige nach dem 4:2 (2:1)-Sieg beim 1. FC Köln. Und ergänzte mit Blick auf den FC Bayern: „Wenn ich mir das aktuelle Top-Team der Liga anschaue: Das ist beeindruckend. Zum Beispiel Thomas Müller, der ganz viel coacht. Und auch viele andere. Das ist ein guter Gradmesser.“

Doch Nagelsmann weiß, dass man Charaktere nur bedingt ändern kann. „Diese Saison werden wir das wohl nicht mehr hinbekommen“, sagte er. Und will deshalb Spieler verpflichten, die die Mannschaft auf dem Feld aktiv führen. Führungsspieler. Auch solche, die man im Fußball gern positiv gemeint als „Drecksäcke“ bezeichnet. Unter dem Strich eben eine Art RB-Müller. „Ich habe schon mit dem Sportdirektor besprochen, dass wir das machen, wenn der Markt es hergibt“, sagte Nagelsmann.

Das Kuriose ist aber, dass diese, ihrem Trainer zu liebe Mannschaft, auf dem besten Wege zu einem Bundesliga-Rekord ist. Einem, der für eine funktionierende Mannschaft sprechen würde wie kaum ein anderer. Zwar geriet Leipzig in 14 von 29 Spielen in Rückstand, verlor aber nur deren drei und hat schon 19 Punkte durch gedrehte Spiele geholt. Die Bestmarke hält der VfL Wolfsburg mit 21 Zählern in der Saison 2013/14. Dass sein Team auch auf stille Weise so viele Spiele dreht, „hat eben auch was mit Qualität zu tun“, sagte Nagelsmann.

In Köln gewann RB nach dem Rückstand durch Jhon Cordoba (7. Minute) durch Tore von Patrik Schick (20.), Christopher Nkunku (38.), Timo Werner mit seinem 25. Saisontor (50.) und Dani Olmo (57.). Offensiv zauberten die Leipziger teilweise und hätten noch viel mehr Tore erzielen können. Aber auch noch mehr kassieren können als nur das 2:3 durch Anthony Modeste (55.).

Entsprechend war Nagelsmann hin- und hergerissen. Er sprach von einer „wellenförmigen Leistung“, das Spiel sei „ein bisschen konfus“ gewesen und „ein bisschen wild“. Spektakel brauchen sie bei RB in der Saison-Endphase aber nicht. „Fußball ist ein Ergebnissport“, betonte der Trainer. In den letzten fünf Spielen mehr denn je. Die Meisterschaft ist für den Herbstmeister nach schon sechs Unentschieden in der Rückrunde wohl außer Reichweite, im Vierkampf um die Champions League wird am Ende ein Team den Trostpreis Europa League erhalten.

„Da ist bei allen ganz schön Druck auf dem Kessel“, sagte Nagelsmann: „Du musst liefern. Und wenn wir zwingend in die Champions League wollen, müssen wir uns noch ein bisschen steigern.“ In der Königsklasse sorgten die Leipziger in dieser Saison für Furore, stehen im derzeit unterbrochenen Wettbewerb schon im Viertelfinale. Im nächsten Jahr nicht dabei zu sein, wäre ein empfindlicher Rückschlag. „Jetzt müssen alle „All in“ gehen und voll fokussiert sein“, forderte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. Und vielleicht im Stile von Thomas Müller noch ein bisschen mehr miteinander reden. (dpa)



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