Medaille im Blick: Bahn-Vierer raus aus dem Krisen-Modus

Der Vierer hatte einst einen exzellenten Ruf wie der Deutschland-Achter. Fünf Olympiasiege und 16 Weltmeistertitel fuhren deutsche Mannschaften ein, ehe der Niedergang einsetzte. Bei der WM in Berlin könnte nun die erste Medaille seit 2002 herausspringen.
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Der deutsche Bahn-Vierer ist bei der Heim-WM in Berlin gefordert.Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Epoch Times25. Februar 2020

Den 20. August 2012 hat sich Bundestrainer Sven Meyer gemerkt. Es ist die Stunde Null für den einst so ruhmreichen deutschen Bahnrad-Vierer.

Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London hatte das einstige Aushängeschild des deutschen Radsports gerade verpasst, im Trainingslager auf Mallorca wurde der Neuanfang ausgerufen. „Wir haben am Anfang viel Scheiße fressen müssen. Der Vierer war nichts wert, war am Boden“, erinnert sich Meyer.

Es war der Beginn eines beschwerlichen Weges zurück in die Weltspitze, die der deutsche Vierer über viele Jahrzehnte dominierte. Fünf Olympiasiege und 16 Weltmeistertitel fuhren deutsche Teams in der 4000-Meter-Mannschaftsverfolgung seit 1962 ein, ehe kurz nach der Jahrtausendwende der Niedergang einsetzte. Erst teaminterne Querelen beim WM-Boykott 2003, dann der sportliche Abwärtstrend, der zahlreichen Bundestrainern (Bernd Dittert, Uwe Freese, Andreas Petermann, Michael Max/interimsmäßig) das Amt kostete. „Wir sind mal eine EM mit einer Zeit von 4:13 Minuten gefahren. Das war eine harte Zeit, wo sich die Jungs durchkämpfen mussten“, berichtet Meyer. Zu den Maßnahmen gehörte auch die Gründung einer verbandseigenen Straßenrad-Mannschaft im Jahre 2013, in der Meyer seine besten Fahrer vereinen konnte.

Wenn der Vierer ab Mittwoch bei der Heim-WM in Berlin auf das Holzoval rollt, ist die erste WM-Medaille seit 2002 wieder realistisch. Im Dezember verbesserten Felix Groß (Leipzig), Leon Rohde (Wedel), Domenic Weinstein (Villingen) und Theo Reinhardt (Berlin) zum vierten Mal in diesem Winter den deutschen Rekord auf nun 3:51,165 Minuten. Für Berlin ruft Meyer eine Zielzeit von unter 3:50 Minuten aus. Das wäre im Bereich der Siegerzeit des britischen Teams bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Nicht ohne stolz blickt der junge Coach auf „das Ansehen und die Aufmerksamkeit, die der Vierer wieder hat“.

„Wir waren noch nicht die Glücklichen, die es geschafft haben, unter 3:50 zu fahren. Aber wir sind sehr nah dran“, sagt Reinhardt, der von Anfang an bei dem Projekt dabei war: „Da steckt viel Herzblut drin. Ich habe da viel Zeit und Kraft investiert. Wenn es am Ende eine Olympia-Medaille wird, wäre das megakrass.“

Vom WM- oder Olympia-Finale will Meyer aber nicht sprechen, denn die Konkurrenz hat auch zugelegt. „Eine Kultur des Schnellfahrens“, nennt es der 34 Jahre alte Sauerländer. Mit immer neuen Rekorden – national wie international. „Vieles ist auch psychologisch. Jetzt fahren wir 13er Rundenzeiten, früher waren es auch 15er.“ Trotzdem seien Australier und Dänen dem deutschen Team noch einen Schritt voraus. Dort habe der Bahnradsport einen ganz anderen Stellenwert.

Eine Medaille in Berlin wäre schön, aber nicht zwingend. „Zielsetzung ist natürlich Olympia. Wir sollten Sven in Ruhe arbeiten lassen und nicht soviel Druck aufbauen“, sagt Vizepräsident Günter Schabel vom Bund Deutscher Radfahrer. In Tokio soll noch eine Steigerung her. „Wir haben noch ein paar Sachen in der Hinterhand, was das Material angeht“, verrät Meyer. Alles was die Berliner Materialschmiede FES so hergebe, möchte er noch nicht auspacken.

Was die Zukunft angeht, herrscht bei Meyer ohnehin Vorfreude. „In den nächsten Jahren werden wir noch einige Früchte einfahren“, sagt er mit Blick auf den Weltmeister-Titel der Junioren im August 2019. Doch vielleicht beginnt schon in Berlin die Zukunft. Dass der BDR am Tag der Finalläufe am Donnerstag 40 ehemalige deutsche Weltmeister eingeladen hat, könnte ein gutes Omen sein. (dpa)



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