Nico Hülkenberg: «Definitiv noch mal ins Lenkrad greifen»

Nico Hülkenberg ist seit fast einem halben Jahr Formel-1-Pilot a.D. Die Auszeit zur Orientierung hat sich der frühere Renault-Fahrer bewusst genommen. Der «Hunger auf das Rennfahren» sei weiter vorhanden, versicherte er im dpa-Interview.
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Nico Hülkenberg kann sich ein Comeback auch außerhalb der Formel 1 vorstellen.Foto: Photo4/Lapresse/Lapresse via ZUMA Press/dpa/dpa
Epoch Times14. Mai 2020

Der langjährige Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg befürwortet eine Budgetgrenze in der Königsklasse des Motorsports.

„Die Differenz zwischen dem, was die großen Teams ausgeben wollen und die kleinen Teams ausgeben können, ist definitiv zu extrem geworden“, sagte der frühere Renault-Pilot, der eine Auszeit eingelegt hat. „Deshalb ergibt eine Budgetgrenze absolut Sinn und sollte auch kommen. Am Ende ist die Formel 1 Entertainment, und für gutes Entertainment muss ein Team meiner Meinung nach nicht hunderte von Millionen Dollar ausgeben.“ Der 32-Jährige sprach im Interview der Deutschen Presse-Agentur außerdem über Verzicht, Erkenntnisse aus der Corona-Krise und die Herausforderung des Einradfahrens.

Frage: Herr Hülkenberg, auf was können Sie gar nicht verzichten?

Antwort: Freiheit. In meinem Umfeld, hier in Südfrankreich, ist alles ziemlich streng geregelt, weil das Land von der Corona-Krise stark betroffen ist. Bei diesen einschneidenden Maßnahmen fällt einem auf, wie uneingeschränkt man normalerweise ist und wie viel Bewegungsfreiheit man genießt. Darauf verzichtet man nur sehr ungern, man muss es momentan aber, weil es angebracht und auch notwendig ist. Worauf ich auch nicht verzichten möchte, sind Familie, Freunde, gute Gesellschaft, gesellige Abende und gutes Essen.

Frage: Wird Ihre Beziehung zu Familie und Freunden trotz aller Beschränkungen enger?

Antwort: Ich habe die Zeit mit Freunden, ob über Telefon oder Video, in dieser Krise bewusster verbracht. Im normalen, eher stressigen Alltag kommt das oft zu kurz, aber derzeit ist ja das Feeling anders, der hektische Alltag ist nicht da, alles ist relaxter. Wenn man dann mit Freunden in der Küche zusammen sein kann, ist das ein Event, das mir Spaß macht. Ich bin schon zum kleinen Hobby-Koch aufgestiegen und habe mich auf die Pasta-Zubereitung spezialisiert (lacht).

Frage: Fällt Verzicht in Monte Carlo leichter oder schwerer?

Antwort: Man konnte bis zuletzt gar nicht konsumieren, die Geschäfte öffnen hier erst allmählich wieder. Generell ist Monaco für Verzicht auch nicht bekannt, aber die aktuelle Lage stellt alles auf den Kopf. Man lebt einen anderen Rhythmus, fast schon ein anderes Leben.

Frage: Werden Sie bei einem bestimmten Konsumartikel schwach?

Antwort: Ich habe eine Schwäche für Schuhe (lacht). Daran habe ich riesige Freude. Ich bin beim Einkaufen aber oft auch einfach zu bequem, verliere die Lust bei der Anprobe und dann kommt es gar nicht erst zum Kauf. Kurz bevor es die ganzen Beschränkungen gab, habe ich noch meinen Kleiderschrank ausgemistet. Das muss ab und zu mal sein, danach fühlt man sich auch befreit. Ich reiche dann Sachen an Freunde oder Cousins weiter.

Frage: Worauf sollte die Formel 1 verzichten?

Antwort: Die Differenz zwischen dem, was die großen Teams ausgeben wollen und die kleinen Teams ausgeben können, ist definitiv zu extrem geworden. Diese Schere klafft weit auseinander. Deshalb ergibt eine Budgetgrenze absolut Sinn und sollte auch kommen. Am Ende ist die Formel 1 Entertainment, und für gutes Entertainment muss ein Team meiner Meinung nach nicht hunderte von Millionen Dollar ausgeben. Bei allem, was ich so lese, bin ich mir aber sicher, dass die Verantwortlichen auf einem guten Weg sind, einen Kompromiss für die Zukunft zu finden.

Frage: Nervt Sie Ihre Auszeit eigentlich mittlerweile?

Antwort: Ehrlich gesagt hat sich für mich nicht wirklich viel für mich geändert. Ich wäre ja so oder so keine Rennen gefahren. Ich hatte mir nach zehn Jahren in der Formel 1 fest vorgenommen, sechs Monate mal ein wenig zu entschleunigen. Da momentan auch keine Rennen gefahren werden, wird mir auch nichts vor die Nase gehalten. Vielleicht fällt es mir dadurch einfacher, als wenn die Saison normal liefe.

Frage: Hatten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Auszeit schon mal Zukunftsangst?

Antwort: Ich hatte nie Zukunftsangst und habe auch jetzt keine. Ich bin da entspannt, auch weil ich weiß, dass es Interesse an meiner Person gibt. Ich will diese Auszeit aber bewusst leben und genießen, um dann wieder frisch anzugreifen.

Frage: Wie fit sind Sie nach Ihrer monatelangen Pause noch?

Antwort: Ich bin topfit für einen temporär nicht aktiven Rennfahrer (lacht). Cardiomäßig bin ich voll auf der Höhe, nur meine Nackenmuskulatur habe ich ein wenig vernachlässigt, weil die Notwendigkeit nicht besteht. Dazu habe mir vor Kurzem auch ein Einrad zugelegt. Es ist ziemlich schwer, auf so einem Teil die Balance zu halten, es erfordert viel Koordination, gleichzeitig muss der Rumpf sehr viel arbeiten und stabilisieren.

Frage: Gab es bislang Angebote aus dem Motorsport, über die Sie ernsthaft grübeln mussten?

Antwort: Die gab es ja – aber ich habe mich ja bewusst für diese kleine Auszeit entschieden. Es ist aber gut zu wissen, dass Interesse an meiner Person besteht. Das ist beruhigend und positiv. Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass der Hunger auf das Rennfahren weiter da ist und ich definitiv noch mal ins Lenkrad greifen werde.

Frage: Wäre für Sie ein Comeback in einer Rennserie außerhalb der Formel 1 ein Rückschritt?

Antwort: Das hängt von der sportlichen Perspektive ab. Die Formel 1 ist natürlich die Königsklasse, aber es gibt auch andere attraktive Serien. Und wenn es keine gute Möglichkeit in der Formel 1 gibt, dann werde ich mich auch darüber hinaus umschauen.

Frage: Gibt es für Sie etwas, was Sie aus der Corona-Krise für die Zeit danach mitnehmen?

Antwort: Ich habe für mich gelernt, dass ich die engen Kontakte zu Freunden beibehalten will, wenn wieder Normalität einkehrt. Familie und Freunde geben einem sehr viel, das merkt man in diesen extremen Zeiten besonders. Jetzt fällt es einem leicht, einen Freund anzurufen, weil viele Aufgaben wegfallen. Das ist aber die Herausforderung: die engen Kontakte auch nach der Krise so weiter zu führen.

ZUR PERSON: Nico Hülkenberg (32) feierte 2010 im Williams sein Debüt in der Formel 1. In 177 Rennen schaffte es der Rheinländer aber nie auf das Podium – unrühmliche Bestmarke. Zuletzt fuhr er drei Jahre für Renault. Hülkenberg ist nun in einer Auszeit. (dpa)



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