«Noch nicht fertig»: Krönt Zverev sein turbulentes Jahr?

Ein katastrophaler Start, ein Halbfinale bei den Australian Open, suboptimales Verhalten in der Coronavirus-Krise - das Jahr des Alexander Zverev ist von Anfang an turbulent. Nun kann er es mit dem Finaleinzug bei den US Open in New York krönen.
Titelbild
Hat Alexander Zverev auch nach US-Open-Halbfinale noch gut lachen?.Foto: Seth Wenig/AP/dpa/dpa
Epoch Times10. September 2020

Dass Alexander Zverev bei den Grand Slams für Furore sorgen wird, hat Rafael Nadal schon lange gewusst. Es war im Mai 2018 in Rom, als der spanische Topstar sagte, er werde sich an seinen Worten messen lassen.

„Wenn er in den nächsten beiden Jahren nicht gut bei den Grand Slams spielt, könnt Ihr zu mir kommen und mir sagen, dass ich nichts vom Tennis verstehe“, sagte Nadal. Nun sind zwei Jahre rum, Zverev steht zum zweiten Mal nacheinander bei einem der vier wichtigsten Turniere im Tennis im Halbfinale und kann am Freitag bei den US Open in New York gegen den Spanier Pablo Carreño-Busta erstmals in ein Grand-Slam-Endspiel einziehen.

Dass der 23-Jährige diese gewaltige Chance hat, kommt für viele nicht überraschend. Nicht nur Nadal, sondern auch der Schweizer Topstar Roger Federer – beide treten diesmal nicht an – prognostizieren dem gebürtigen Hamburger seit mehreren Jahren eine glänzende Zukunft.

Bemerkenswerter ist, dass es Zverev gerade in diesem verrückten Jahr gelingt, bei den Grand Slams tatsächlich zum Titelkandidaten zu werden, und er gegen den grundsoliden, aber keinesfalls übermächtigen Weltranglisten-27. Carreño-Busta turbulente Monate krönen kann.

Monate mit extremen Tiefen und Höhen, geprägt von Momenten, in denen er Sympathien gewann, und Momenten in der Coronavirus-Krise, in dem er seinem Image schadete. Monate, in denen er konträr zu der Reife in diesen Tagen von New York auch sein anderes Gesicht zeigte.

„Es war sicher nicht so einfach in den vergangenen Jahren, um mit dem Druck umzugehen“, sagte der frühere Topspieler Tommy Haas nun bei Eurosport: „Er hat noch viel Potenzial und ist sicherlich einer der Kandidaten auf den Titel in diesem Jahr.“

Dabei hätte das Jahr nicht katastrophaler für Zverev beginnen können. Es war in den ersten Januar-Tagen, als der beste deutsche Tennisspieler beim ATP Cup in Australien einen ebenso beängstigenden wie rätselhaften Eindruck hinterließ. Doppelfehler reihten sich an Doppelfehler, er warf Schläger, ignorierte Ratgeber Boris Becker und beschimpfte gar seinen Vater auf den Zuschauerplätzen. In New York ist er jetzt ohne seinen Vater, der positiv auf das Coronavirus getestet worden war, erfolgreich. „Er ist super reif“, bemerkte Haas.

Wie verwandelt trat Zverev trotz des katastrophalen Saisonauftakts schon in Melbourne auf, auch wenn er sein erstes Finale auf dieser Ebene gegen den Österreicher Dominic Thiem verpasste. Auf Thiem und den US-Open-Vorjahresfinalisten Daniil Medwedew – die vermeintlich schwierigeren Rivalen – kann Zverev erst im Finale treffen.

In Melbourne hatte Zverev auch sein Herz gezeigt. Doch wer meinte, sein sympathisches Auftreten mit Spenden für die Opfer der Buschbrände und dem Hang zum Entertainer bringe einen kompletten Wandel mit sich, sah sich getäuscht. Als die vom serbischen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic organisierte Adria-Tour dem Tennis schadete, als Bilder mit ausgelassen feiernden Profis mitten in der Coronavirus-Pandemie auftauchten, war Zverev mittendrin.

Sein Versprechen, sich in Quarantäne zu begeben, war offensichtlich schon wenige Tage später nichts mehr wert. Noch Anfang August drückte er sich vor unbequemen Fragen, erst kurz vor den US Open räumte er einen „Riesenfehler“ ein.

Die monatelange Coronavirus-Zwangspause hatte für Zverev auch seine guten Seiten. Sie verschaffte ihm die Zeit, ausgiebig an seiner Fitness zu arbeiten. Das Wissen, dass er über fünf Sätze bestehen könne, gebe ihm ein Gefühl der Sicherheit, sagte der erste deutsche US-Open-Halbfinalist seit Becker im Jahr 1995.

Und den zunächst abgewiesenen Rat von Boris Becker, sich einen Trainer neben seinem Vater ins Team zu holen, hat der Weltranglisten-Siebte inzwischen aufgegriffen. Mit David Ferrer spricht Zverev in diesen Tagen zwar nur per Telefon. Dass sein neuer Coach wie sein nächster Gegner ein Spanier ist und er selbst noch gegen Carreño-Busta gespielt hat, dürfte für die so übermittelten Tipps kein Nachteil sein. „Ich bin noch nicht fertig“, kündigte Zverev an. Er weiß, welche gewaltige Chance sich ihm bietet: Er kann als erster deutscher Tennisprofi seit Rainer Schüttler bei den Australian Open 2003 in ein Grand-Slam-Finale einziehen – und als erster Deutscher in New York seit Michael Stich 1994. (dpa)



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