Pleite bei Hertha: Bayern-Profis kritischer als Kovac

Nach dem ersten verlorenen Spiel als Bayern-Coach bemüht sich Niko Kovac um Schadensbegrenzung. Der Trainer sieht keinen Grund für negative Gedanken. Einige seiner Spieler gingen weitaus kritischer mit dem 0:2 um. Bei Hertha dagegen ist derzeit alles rosarot.
Titelbild
Herthas Profis jubeln, Bayerns Sandro Wagner blickt enttäuscht drein.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times29. September 2018

Niko Kovac ging mit seinen Verlierern überraschend sanft um. Nach seiner ersten Niederlage als Bayern-Coach wollte er die miese Stimmung im Lager des deutschen Branchenführers nicht noch zusätzlich trüben.

„Ich habe keine negativen Gedanken“, erklärte der neue Münchner Trainer nach der ersten Pleite des FC Bayern gegen Hertha BSC nach fast zehn Jahren. „Wenn man 0:2 mit Bayern in Berlin verliert, glaubt einem keiner, dass ich mit der Leistung zufrieden bin. Was fehlt, sind die Tore, dass wir die Vielzahl der Chancen nicht nutzen. Das ist das Einzige, was ich zu bemängeln habe“, sagte der ehemalige Hertha-Profi unaufgeregt. „Ich sehe es ganz entspannt.“

Dabei hatte Berlin „nicht nur gewonnen, sondern verdient gewonnen“, wie nicht nur Hertha-Trainer Pal Dardai und Manager Michael Preetz nach einem sehenswerten Spiel festhielten. Die Gastgeber entzauberten Franck Ribery und Co. mit Konsequenz und guter Organisation in der Defensive, aber auch mit Spielwitz in der Offensive, den das Publikum eigentlich vorrangig von den Gästen erwartet hatte.

„Wir spielen mehr Fußball als im letzten Jahr“, befand Herthas junger Mittelfeld-Organisator Arne Maier, der seine prominenteren Gegenspieler ausstach. „Das ist etwas Großartiges“, jubelte Valentino Lazaro, einer der Besten auf dem Platz. Hertha-Kapitän Vedad Ibisevic per Foulelfmeter (23. Minute) und Ondrej Duda (44.) belohnten mit ihren Saisontreffern Nummer vier und fünf den mutigen Auftritt.

„Für uns ist es eine gute Sache. In der ersten Halbzeit waren wir einen Tick besser. Das war fast perfekt“, erklärte Dardai. Nach der Pause hätten seine Jungs dann „mehr kämpferisch“ überzeugt. Dardais Veränderung in der Spielphilosophie hin zu mehr Ballbesitz, Tempo und Direktkombinationen zeigt schon nach dem sechsten Spieltag Wirkung: Nur ein einziges Tor fehlte, um den großen FC Bayern am Freitagabend sogar von der Tabellenspitze zu stoßen. „Wir sind auch mit dem 2:0 ganz zufrieden“, bemerkte Preetz mit einem Schmunzeln.

Kovac stemmte sich nach dem eher bescheidenen Auftritt der Bayern in seiner Geburtsstadt gegen jede Schwarzmalerei. „Klar, dass man die letzten beiden Spiele sieht“, sagte der Münchner Trainer. „Ich sehe alle neun. Und nach neun Spielen die erste Niederlage ist gar nicht so schlecht, auch wenn wir andere Ansprüche haben.“ Wie schon beim vorangegangenen 1:1 gegen Augsburg ließ seine Elf in Berlin die letzte Entschlossenheit im Torabschluss, aber auch Cleverness in den Zweikämpfen vermissen.

Nationalspieler Joshua Kimmich ging mit dem grauen Auftritt weitaus kritischer um als sein Trainer. „Wir haben die Qualität, um jedes Spiel zu gewinnen. Aber wenn du hinten immer wieder solche Dinge drin hast, wird’s schwierig“, sagte der Rechtsverteidiger. Diesmal war es Jérôme Boateng, der mit einem dummen Einsteigen gegen Salomon Kalou den Berlinern einen Elfmeter und damit die Führung schenkte. Kollege David Alaba wollte weder fehlende Gier noch die Personalrotation im Team als Grund für den ersten echten Saisonpatzer gelten lassen. „Es ist ein Faktor, dass wir die Chancen nicht genutzt haben. Dann bekommst du zwei Tore, und dann wird es schwierig.“

Zumindest in dieser Beziehung ließ auch Kovac Kritik an seinen Profis anklingen: „Wenn du Chancen bekommst, musst du das Quäntchen mehr Konzentration haben, musst die Mitspieler besser anspielen, musst auch mal auf das Tor schießen.“ Nächste Gelegenheit dazu hat das Münchner Starensemble am Dienstag in der Champions League bei Ajax Amsterdam. Zumindest die Unschlagbar-Diskussion über die Bayern ist nun erstmal vorbei. „Ja, das ist doch schon mal gut“, meinte Kimmich lachend: „Für die Liga ist es schon mal gut.“

Die Hertha-Protagonisten mussten am Tag nach dem ersten Sieg über den FC Bayern nach neun Jahren und 226 Tagen erst einmal realisieren, dass es kein Traum war. „Es fühlt sich ein bisschen surreal an“, bemerkte der Berliner Routinier Per Skjelbred: „Nach dem Spiel guckst du hoch, siehst 2:0 und denkst: Ich habe auch schon mal 2:9 gegen die verloren. Nach so einer langen Bundesligakarriere kann ich endlich sagen: Ich habe Bayern München geschlagen.“ (dpa)



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